Seit Anfang Februar 2015 bietet Twitter jedem Accountinhaber die Möglichkeit,  Werbung in Form von sog. „Gesponserten Tweets“ über Twitter Ads zu schalten. Ein bestimmtes Mindestbudget oder eine bestimmte Anzahl bestehender Follower ist hierfür nicht mehr erforderlich. Auf diese Weise soll auch kleinen und mittelständischen Unternehmen die Werbung auf Twitter ermöglicht werden. Last but not least verspricht sich Twitter gesteigerte Einnahmen durch mehr Werbekunden. In diesem Beitrag beschäftigen wir uns etwas näher mit der rechtlichen Bewertung der gesponserten Tweets – insbesondere mit der Frage, ob diese ohne weiteres genutzt werden können oder ob rechtliche Fallstricke lauern.

Was sind gesponserte Tweets überhaupt?

Jeder Twitterer kennt sie – die Timeline.  Diese wird nach dem Login auf der Startseite angezeigt und enthält u.a. die Tweets und Retweets der Accounts, denen man folgt. Die Timeline ist auch der Ort auf Twitter, an dem man sich über interessante Dinge informieren kann und versucht, einen Teil der täglichen Informationsflut zu kanalisieren bzw. eine neue Quelle für eine eben solche Informationsflut schafft. Genau hier setzt Twitter mit Twitter Ads an und zeigt neben den genannten Tweets und Retweets nun auch gesponserte Tweets von Accounts an, denen man bisher nicht folgt.

Ein gesponserter Tweet erscheint dabei zwischen all den anderen Tweets, die durch die Timeline rauschen. Welchen Twitter-Nutzern ein gesponserter Tweet angezeigt wird, kann der Werbetreibende durch eine vorherige Zielgruppendefinition beeinflussen. Der gesponserte Tweet wird von Twitter um den Zusatz „Gesponsert“ ergänzt und könnte in der Praxis etwa so aussehen:

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Ist das rechtlich zulässig?

Um es vorweg zu nehmen: Wir haben keine Gründe gefunden, die rechtlich gegen die Verwendung von gesponserten Tweets via Twitter Ads sprechen würden. Dabei haben wir u.a. die nachfolgenden Punkte geprüft:

1. Schleichwerbung

Jede Werbung auf Twitter muss gem. § 6 Abs. 1 TMG und § 4 Nr. 3 UWG eindeutig als Werbung kenntlich gemacht werden. Dieser Forderung versucht Twitter nachzukommen, indem jeder Tweet, der über eine Twitter Ads-Kampagne die Timelines erreicht, als gesponsert gekennzeichnet wird. Aus unserer Sicht ist dies ausreichend.

Aber hatte der BGH im Jahr 2014 nicht entschieden, dass ein einfaches „sponsored by“ gerade nicht ausreichend sei und man Werbung deutlich als „Anzeige“ benennen muss? Eine solche Entscheidung gibt es tatsächlich, sie bezieht sich jedoch nur auf den Fall, in dem versucht wird, fremde Werbung als eigenen redaktionellen Beitrag zu tarnen – etwa wenn ein Blogbetreiber gegen Bezahlung eines Herstellers manipulierte Produkttestberichte schreiben würde. Das dies ein No-Go wäre stellt nicht nur das presserechtliche Trennungsgebot klar, welches den Landespressegesetzen und dem Rundfunkstaatsvertrag zu entnehmen ist. Auch die „schwarze Liste des Wettbewerbsrechts, die sich in der Anlage zu § 3 Abs. 3 UWG befindet macht in Nr. 11 deutlich: Fremde Werbung und eigene redaktionelle Inhalte sind entweder scharf zu trennen oder die Vermischung besonders deutlich zu machen. Klare Regeln also – aber für einen anderen Fall.

Es bleibt festzustellen: Mittels Twitter Ads gesponserte Tweets stellen grundsätzlich keine Schleichwerbung dar.  Die Kenntlichmachung als „Gesponsert“ ist ausreichend.

2. Werbung unter Verwendung elektronischer Post

Es ist mittlerweile allgemein bekannt: E-Mails und SMS-Nachrichten dürfen nur unter ganz besonderen Voraussetzungen für die werbliche Ansprache genutzt werden – etwa wenn die ausdrückliche Einwilligung des Empfängers vorliegt. Diese Restriktion ergibt sich aus § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG. Demnach ist besondere Vorsicht

„bei Werbung unter Verwendung […] elektronischer Post, ohne dass eine vorherige ausdrückliche Einwilligung des Adressaten vorliegt“

geboten. Das Bauchgefühl sagt es gleich: Tweets auf Twitter sind keine elektronische Post und schon von daher mit einer Versendung von Werbung per E-Mail oder SMS-Nachricht nicht vergleichbar. Die Begründung, weshalb Tweets keine elektronische Post sind, fällt allerdings schon etwas schwerer. Notwendig ist insofern ein Blick in Art. 2 h der EU-Datenschutzrichtlinie 2002/58/EG für elektronische Kommunikation:

„Elektronische Post [ist] jede über ein öffentliches Kommunikationsnetz verschickte Text-, Sprach-, Ton- oder Bildnachricht, die im Netz oder im Endgerät des Empfängers gespeichert werden kann, bis sie von diesem abgerufen wird.“  

An dieser Stelle muss man sich insbesondere zwei Eigenschaften von Twitter verdeutlichen:

  • Erstens können Tweets auch noch nachträglich vom Verfasser gelöscht werden. Sie werden also nicht in den Timelines der Follower „gespeichert“ bis diese sie „abrufen“.
  • Zweitens warten Tweets nicht ewig auf ihren Abruf in der Timeline des Nutzers sondern werden nach einer bestimmten Zeit einfach nicht mehr angezeigt. Die Timeline unseres Accounts zeigt etwa nur die Tweets der letzten acht Tage an.

Auch weitere Unterschiede verdeutlichen, dass es sich bei Tweets grundsätzlich nicht um elektronische Post handelt:

  • Tweets richten sich im Gegensatz zu elektronischer Post an einen vorher nicht abschließend definierten Leserkreis – sie sind öffentlich zugänglich und können bzw. sollen auch über Suchfunktionen gefunden werden.
  • Wer twittert kann grundsätzlich nicht beeinflussen, wer den Tweet sehen soll. Weder können konkrete Empfänger hinzugefügt noch entfernt werden. Es liegt also in der Regel keine Direktkommunikation vor. Ausnahmen bestätigen hier aber die Regel – dazu gleich.

Im Ergebnis ist die eigene Twitter-Timeline daher nicht mit einem Postfach zu vergleichen. Ein gesponserter Tweet ist somit keine elektronische Post. § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG ist für mittels Twitter Ads gesponserte Tweets nicht anwendbar. Dennoch ist beim Werben auf Twitter Vorsicht geboten:

  • Mitteilungen etwa, die über die Direktnachrichtenfunktion von Twitter versendet werden, passen haargenau zum Begriff der elektronischen Post und fallen nach meiner Meinung auch eindeutig unter § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG, wie ich bereits vor einigen Jahren hier ausführlich dargestellt habe.
  • Und auch Mitteilungen mittels @accountname können wettbewerbsrechtlich kritisch sein, wenn sie für werbliche Zwecke genutzt werden. Wenn nicht schon § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG einschlägig sein sollte, muss zumindest noch an § 7 Abs. 1 UWG gedacht werden. Demnach ist jede unzumutbare Belästigung zu vermeiden. Dabei kommt es nicht darauf an, ob es sich bei einer Mitteilung mittels @accountname formaljuristisch um elektronische Post handelt oder nicht. Vielmehr ist zu berücksichtigen, dass solche Mitteilungen auf den Nutzer eine ähnliche Wirkung entfalten können, wie eine Direktnachricht.

Es kann also festgehalten werden: Twitter ist alles andere als ein rechtsfreier Raum. Gesponserte Tweets sind aber grundsätzlich kein Problem.

3. Zielgruppendefinition

Es gibt jedoch noch andere Dinge zu bedenken. Datenschutz- und auch wettbewerbsrechtlich muss die Zielgruppendefinition, die Twitter im Rahmen der Kampagnenplanung anbietet, kritisch hinterfragt werden.

Im Rahmen der Zielgruppendefinition bietet Twitter die Möglichkeit, Nutzer bestimmter Länder zu bewerben. Daneben ist auch eine geschlechterspezifische Werbung möglich und eine Auswahl nach Sprache sowie nach relativ unscharfen Interessenkategorien und Schlagworten. Werbetreibende erhalten zudem die Möglichkeit, sehr detailliert einzustellen, auf welcher Endgeräteart überhaupt Werbung erscheinen soll. So ist es nicht nur möglich, zwischen Desktop und Smartphone bzw. Tablet zu wählen, es können sogar gezielt bestimme Geräteversionen angegeben werden – es sind etwa alle iPhones seit dem Modell 3 GS als Auswahl vorhanden und auch eine Vielzahl von Android-fähigen Endgeräten. Zudem können Nutzer als Zielgruppe aufgenommen bzw. ausgeschlossen werden, die Twitter zum ersten Mal innerhalb eines bestimmten Zeitraums auf einem neuen Gerät verwendet haben. Eine Auswahl der Zielgruppe kann sogar anhand des genutzten Mobilfunkanbieters und des aktuell verwendeten Verbindungstyps erfolgen – also abhängig davon, ob eine Verbindung per WLAN oder Mobilfunknetz besteht. Bis auf den Zeitpunkt der Twitterinstallation erscheint die Verwendung dieser Daten eher unproblematisch. Zwar werden neben öffentlich verfügbaren Daten (Schlagworte) möglicherweise auch Bestandsdaten der Nutzer (denkbar etwa in Bezug auf Mobilfunkanbieter, Land, Sprache) und Daten die im Rahmen der Nutzung anfallen (Endgerät, Verbindungstyp) verwendet. Zudem werden bestimmte Umstände geschätzt bzw. aus öffentlich oder sonstig verfügbaren Daten abgeleitet (Geschlecht, Interessen). Allerdings ist eine Profilbildung hierfür nicht zwingend erforderlich. Datenschutzrechtlich besonders kritisch erschien auf den ersten Blick jedoch eine Überschrift, die eine  Zielgruppendefinition nach Verhalten vermuten ließ. Bei genauerer Betrachtung machte Twitter allerdings deutlich, dass diese Möglichkeit für deutsche Werbetreibende nicht verfügbar ist. Ein schaler Nachgeschmack bleibt trotzdem: Bedeutet die fehlende Möglichkeit der verhaltensbasierten Zielgruppendefinition für Deutschland denn auch, dass tatsächlich keine verhaltensbezogenen Analysen bzw. keine entsprechenden Profilbildungen durchgeführt werden? Und welche Zielgruppendefinitionen werden Werbetreibenden anderer Länder in Bezug auf deutsche bzw. europäische Nutzer geboten?

Über die bereits dargestellten Möglichkeiten hinaus, bietet Twitter noch eine eher ungewöhnliche Zielgruppendefinition an: Werbetreibende können Accounts anderer Twitternutzer auswählen, mit der Folge, dass deren Follower zur eigenen Zielgruppendefinition hinzugefügt werden. Es ist also möglich, die Follower von Accounts mit vermeintlich ähnlichen bzw. passenden Themen zu bewerben. Möglich ist dadurch aber auch, die Follower von Mitbewerbern gezielt zu bewerben. Datenschutzrechtlich ist diese Art der Zielgruppendefinition  unproblematisch, da keine bzw. ausschließlich öffentlich verfügbare personenbezogene Daten genutzt werden und auch Twitter lediglich öffentlich verfügbare Daten nutzen muss. Wettbewerbsrechtlich bestehen ebenfalls keine Bedenken. Insoweit ist sogar in Bezug auf den Kundenstamm eines Unternehmens geklärt, dass selbst ein planmäßiges und zielgerichtetes Abwerben von Kunden nicht wettbewerbswidrig ist, sondern gerade das Wesen des Wettbewerbs darstellt, sofern nicht besondere Unlauterkeitsumstände hinzutreten.

4. Maßgeschneiderte Zielgruppendefinition: Retargeting und Custom Audiences

Das Retargeting und Custom Audiences für Twitter keine Fremdwörter sind, zeigt sich bei den Möglichkeiten der maßgeschneiderte Zielgruppendefinition.

So bietet Twitter etwa die Möglichkeit an, eigene Listen mit E-Mails, Twitter-IDs oder Mobilwerbungs-IDs hochzuladen, damit diese beworben werden. Wir fühlten uns an dieser Stelle sehr an die Möglichkeiten erinnert, die Facebook Custom Audiences bietet. Was ist hier zu beachten? Sofern ein werbendes Unternehmen personenbezogene Kundendaten für Werbezwecke an Twitter weitergeben möchte, ist hierfür entweder die Einwilligung der betroffenen Kunden oder aber ein Vertrag zur Auftragsdatenverarbeitung erforderlich. Das Twitter in diesem Rahmen entsprechende Verträge abschließt ist uns nicht bekannt. Es käme insoweit auf eine Nachfrage an. Selbst Facebook scheint, zumindest vom Hörensagen her, in Einzelfällen Verträge zur Auftragsdatenverarbeitung im Rahmen der Custom Audiences mit Großkunden abzuschließen. Und das Verträge zur Auftragsdatenverarbeitung auch mit Kleinstkunden keine Unmöglichkeit sind, zeigt Google mit dem im Rahmen von Google Analytics etablierten Vertragsprozess, der sich auch in der Praxis bewährt hat. Eine Ausnahme von den vorgenannten Anforderungen (Einwilligung oder Vertrag zur Auftragsdatenverarbeitung) kann jedoch dann bestehen, wenn es sich bei den Daten, die an Twitter zur Zielgruppendefinition übermittelt werden, um öffentlich verfügbare Daten handelt, die außerhalb bestehender Kundenbeziehungen – etwa im Rahmen des Social Media Monitorings – vom Werbetreibenden ermittelt wurden.

Als weitere Möglichkeit offeriert Twitter die Einbindung eines „Code-Snippet in die eigene Website oder einen Tag-Manager“ um bestimmte Twitter-Nutzer gezielt zu bewerben, die in der Vergangenheit bestimmte Interaktionen auf der Website  des Werbenden vorgenommen haben. Hierbei scheint es sich um eine klassische Retargetingmöglichkeit zu handeln, welche dieselben Fragen aufwirft, die etwa auch im Rahmen des Google-Remarketing relevant sind. Hierzu gehören u.a. die Fragen, ob der werbende Websitebetreiber es schafft, die Anforderungen des § 15 Abs. 3 TMG einzuhalten, wie die diensteanbieterübergreifende Nutzung von Third-Party-Cookies und ggf. Browser-Fingerprints zu bewerten ist und ob das Vertaggen von Seiten nicht sogar dazu führt, dass nicht nur Nutzungsdaten, sondern sogar Inhaltsdaten betroffen sind.

Fazit

Die Werbung mit gesponserten Tweets per Twitter Ads ist rechtlich zulässig. Im Rahmen der Zielgruppendefinition bestehen rechtliche Risiken im Hinblick auf die Nutzung der maßgeschneiderten Auswahl (Retargeting und Custom Audiences). Die ebenfalls angebotene Definition über öffentlich verfügbare Daten (etwa anhand der veröffentlichten Follower von Twitter-Nutzern) ist hingegen unproblematisch.

Zum Schluss auch noch ein wenig Werbung in eigener Sache

Weitere interessante Beiträge für werbetreibende Unternehmen und Agenturen finden Sie ebenfalls hier im Blog – vom Social Media Monitoring und dem Einsatz von Google Universal Analytics über iBeacons, Facebooks Topic Data, Twitter Audience Insights bis hin zum rechtskonformen Betrieb von WordPress-Seiten und der Darstellung des Rechtsstreits um die Zulässigkeit von Facebook-Fanpages.

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