Um neue Kunden an sich zu binden oder an Bestandskunden weitere Produkte zu verkaufen, setzen Unternehmen gerne E-Mail-Newsletter ein, mit denen sie ihre Abonnenten regelmäßig über neue Dienstleistungen, Artikel, Angebote oder andere Aktivitäten informieren. Dabei ist es unerheblich, ob (offensiv) über ein neues Produkt geschrieben wird oder Erlebnisberichte und „do it yourself“-Stories veröffentlicht werden – sobald ein Bezug zum Unternehmen hergestellt werden kann, handelt es sich um Werbung im Sinne des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG).
Zwar gibt es in § 7 Abs. 3 UWG auch die Ausnahmemöglichkeit, ohne eine vorherige Einwilligung elektronische Werbung zu verschicken. Dieser Möglichkeit sind in der Praxis aber enge Grenzen gesetzt und zudem besteht auch die ständige Gefahr, dass der Ausnahmecharakter dieser Regelungen durch Gerichte und Aufsichtsbehörden verbraucherfreundlich zum Nachteil des Unternehmens im konkreten Einzelfall im Nachhinein ausgelegt wird.
Die übliche und rechtlich sichere Möglichkeit der werblichen Ansprache ist daher auch im Onlinemarketing via Newsletter die vorher erteilte Einwilligung des Kunden in die Zusendung von Werbung.
Grundsätzlich ist die Anmeldung zu einem Newsletter aufgrund einer Einwilligung möglich (Artt. 6 Abs. I lit. a, 7 DSGVO). Diese erteilt der Kunde idealerweise im Rahmen eines Double-Opt-in-Verfahrens, d. h. der Kunde trägt zunächst seine E-Mail-Adresse ein und bekommt im nächsten Schritt eine Bestätigungsmail, in der er nochmals durch Klicken eines Links bestätigen muss, dass er den Newsletter erhalten möchte. So ist sichergestellt, dass die E-Mail-Adresse vom Besteller selbst und richtig eingetragen wurde und das werbende Unternehmen kann den erforderlichen Nachweis führen, dass der Kunde auch tatsächlich eingewilligt hat.
Durch die Rechtsprechung ist noch nicht endgültig entschieden, wie lange diese Einwilligung in eine E-Mail-Werbung überhaupt Gültigkeit besitzt. In einer neuen Entscheidung hat das Amtsgerichts München (AG München, Endurteil vom 14.02.2023, Az. 161 C 12736/22) zu diesem Thema jetzt Stellung bezogen, in einem Fall, bei dem ein Kunde gegen seinen ehemaligen Golfclub wegen unzulässiger E-Mail-Werbung geklagt hatte.
In der DSGVO und im UWG gibt es keine normierte Verfallsfrist für eine einmal erteilte Einwilligung. Das bedeutet, dass der Werbende sich grundsätzlich auf eine erteilte Einwilligung als Rechtsgrundlage verlassen kann und der Verbraucher selbst läuft nicht Gefahr, regelmäßig wieder eine Einwilligung erteilen zu müssen, um informiert zu bleiben. Möchte sich der Verbraucher von dem Abonnement des Newsletters lösen, sieht das Gesetz die Möglichkeit des Widerrufs vor (Art. 7 Abs. 3 DSGVO). Dieser Widerruf hebt die erteilte Einwilligung mit Wirkung für die Zukunft auf. Die also schon erfolgte Werbung in der Vergangenheit bleibt demnach rechtmäßig. So weit, so eindeutig.
Wie ist aber die Rechtslage, wenn der Werbende längere Zeit von der erteilten Einwilligung kein Gebrauch gemacht hat? Gilt dann auch der Grundsatz, dass der Verbraucher widerrufen muss, auch wenn z. B. jahrelang überhaupt kein Kontakt, auch keine Werbung, zwischen den Beteiligten bestand?
Im aktuellen Urteil des AG München ging es um den folgenden Fall:
Der Kläger war bis zum Jahr 2017 Mitglied in einem Golfclub (Beklagte) und hatte im Rahmen dieser Mitgliedschaft auch 2015 und 2017 den Newsletter der Beklagten bezogen.
Den Account auf der Website der Beklagten hatte der Kläger seit seinem Austritt im Dezember 2017 nicht mehr genutzt und auch keine Newsletter mehr erhalten. Bis zu diesem Zeitpunkt lag die Einwilligung des Klägers in die Zusendung eines Newsletters unzweifelhaft vor.
Nachdem der Kläger aus dem Golfclub ausgetreten war, sendete die Beklagte dem Kläger auch keine Newsletter mehr zu. Erst Ende des Jahres 2021 erhielt der Kläger dann doch wieder einen Newsletter per E-Mail von der Beklagten mit dem Betreff „Weihnachtsgruß und Info über Änderungen zum neuen Jahr“. Der Kläger war über diese E-Mail verwundert und klagte deshalb gegen den Golfclub auf Unterlassung. Das AG München gab dem Kläger bzgl. seines Unterlassungsbegehrens nun Recht.
Das AG München hat seine Entscheidung wie folgt begründet:
Das Gericht geht davon aus, dass die ursprünglich erteilte Einwilligung in die Versendung des Newsletters „[…] angesichts der Umstände des Einzelfalls infolge Zeitablaufs nicht mehr wirksam [war].“
Die Frage, ob und wenn ja, ab wann eine ursprünglich erteilte Einwilligung ihre Wirksamkeit verliere, sei in der Rechtsprechung und Literatur umstritten und bisher nicht abschließend geklärt, so das AG München in seinem Urteil.
Dabei bezieht sich das Gericht in seiner Begründung ausdrücklich auf das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 01.02.2018 (Az. III ZR 196/17). Damals entschied der BGH, dass § 7 UWG eine zeitliche Begrenzung einer einmal erteilten Einwilligung nicht vorsehe. Daher erlösche eine Einwilligung grundsätzlich nicht automatisch durch Zeitablauf. In dem konkreten und zu entscheidenden Fall hatte sich der BGH aber mit dem Sachverhalt zu befassen, dass die streitgegenständliche Einwilligung nur auf maximal zwei Jahre nach Vertragsbeendigung begrenzt war. Während dieses Zeitraums, so der BGH, könne bei einem Verbraucher, der seine Einwilligung im Rahmen des Vertragsschlusses erteilt hat, von einem fortbestehenden Interesse im Erhalt der E-Mails ausgegangen werden.
Das AG München musste nun aber in diesem Fall zu einem etwas anderen Sachverhalt Stellung beziehen: Vier Jahre waren seit dem Ende der Mitgliedschaft im Golfclub vergangen und zudem wurde seit dem Austritt kein Newsletter mehr versendet. Das AG stützt sich in seiner Begründung daher vor allem auf die vom BGH angeführten „fortbestehenden Interessen“ des Einwilligenden.
„Selbst wenn man davon ausgeht, dass eine Einwilligung grundsätzlich zeitlich unbegrenzt gilt, so ist hier nach den Umständen des Einzelfalls nicht mehr von einem Fortbestehen der Einwilligung des Klägers auszugehen.“ (Rn. 32)
Relevante Faktoren für die Entscheidung zur Gültigkeit der Einwilligungserklärung sind für das AG München der lange Zeitraum von vier Jahren, ohne dass es einen Kontakt zwischen dem Kläger und der Beklagten gab.
Aus diesen Gründen „[…] durfte die Beklagte nicht davon ausgehen, die Einwilligung des Klägers bestehe fort. Sie hätte sich vielmehr zunächst erkundigen müssen, ob dies noch der Fall war […].“
Leider führt das Gericht nicht aus, wie dieses „erkundigen“ denn genau aussehen soll. Hier ist nämlich zu beachten, dass auch die erneute Einholung der Einwilligung oder das „Nachforschen“ beim (ehemaligen) Kunden als unzumutbare Belästigung im Sinne des § 7 UWG zu werten sein kann. Daher wäre vermutlich auch eine solche „Nachfrage“-E-Mail unzulässig.
Wie unterschiedlich dieses Thema bisher behandelt wird, zeigen u. a. folgende in dem Urteil angegebene Entscheidungen:
Beendigung durch Zeitablauf: Ein Teil der Rechtsprechung befürwortet das Erlöschen einer Einwilligung mit der Zeit, so bspw.
- das LG München I ab einem Zeitraum von mehr als eineinhalb Jahren (LG München l, Urteil vom 08.04.2010, Az. 17 HK 0 138/10),
- das LG Berlin bei einem Zeitraum von zwei Jahren später (LG Berlin, Beschluss vom 02.07.2004, Az. 15 O 653/03) und
- das LG Hamburg bei einem Zeitraum von zehn Jahren später (LG Hamburg, Urteil vom 17.02.2004, Az. 312 O 645/02).
Keine Beendigung durch Zeitablauf: Gegen ein Erlöschen der Einwilligung wenden sich
- das OLG Stuttgart (OLG Stuttgart, Urteil vom 22.03.2007, Az. 2 U 159/06) bei einem Zeitraum von einem Jahr und drei Monaten sowie
- das OLG Köln bei einem Zeitraum von einem Jahr und vier Monaten (OLG Köln, Urteil vom 07.12.2012, Az. I-6 U 69/12).
Fazit
Die Entscheidung des AG München mag auf den ersten Blick nachvollziehbar sein. Allerdings hatte der Verantwortliche eine Einwilligung erhalten und der Kläger hat von seinem Recht auf Widerruf keinen Gebrauch gemacht, was er jederzeit hätte ausüben können. Und es lässt sich sicherlich auch argumentieren, dass ein Verantwortlicher auf die erteilte Einwilligung vertrauen kann, sofern für ihn keine Umstände des Widerrufs ersichtlich sind.
Schafft der Hinweis des AG München auf die „Umstände des Einzelfalls“ des Kunden Klarheit oder sieht sich der Versender jetzt nicht doch einer weiteren Hürde ausgesetzt, nämlich den vermeintlichen Willen eines Menschen zu kennen, von dem der Verantwortliche eventuell nur eine E-Mail-Adresse besitzt? Und warum sollte ein vermeintlicher (fiktiver) Wille eine real existierende Einwilligung überlagern? Welche (fiktiven) Maßstäbe wären hier heranzuziehen, wenn über die Person des Empfängers doch häufig sehr wenig bekannt ist? Offen ist auch, wie eigentlich eine existierende, nicht widerrufende (und damit gültige) Einwilligung rechtstechnisch einfach unberücksichtigt werden kann. Zumal in der Regel bei Newslettern die Abmeldung mit einem Klick jederzeit erfolgen kann. Sind nicht der Widerruf und die Anfechtung die (einzigen) rechtlichen Mittel dazu? Und wie könnte eine „Nachforschung“ zum Fortbestehen einer Einwilligung aussehen, wenn selbige – zumindest per E-Mail oder Telefon – bereits als Werbung gelten und somit unzulässig sein könnte?
Praxistipps
Unabhängig von diesen theoretischen juristischen Fragen reiht sich die Entscheidung des AG München in die oben erwähnten Urteile anderer Gerichte konsequent ein. Der Versender eines Newsletters sollte daher regelmäßig einen entsprechenden Newsletter versenden und damit von der erteilten Einwilligung auch Gebrauch machen. Es muss also ein aktiver, nachweisbarer Austausch bestehen. Die oben zitierten Entscheidungen verneinen eine wirksame Einwilligung nach eineinhalb Jahren. Kommen weitere Umstände dazu, wie z. B. Käufe des Kunden, existieren zusätzliche Hinweise auf den Wunsch, auch den Newsletter zukünftig zu erhalten und die erteilte Einwilligung bleibt wirksam. Sollte aber ein entsprechend langer Zeitraum nach dem letzten Kontakt verstrichen und keine weiteren Käufe getätigt worden sein, ist von einem erneuten Versand auf jeden Fall abzusehen.