Seit gestern hat Deutschland wieder ein Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung. Offiziell heißt es „Gesetz zur Einführung einer Speicherpflicht und einer Höchstspeicherfrist bei Verkehrsdaten“. Es wurde gestern im aktuellen Bundesgesetzblatt veröffentlicht. In der Vergangenheit existierten bereits Vorschriften, welche die Datenspeicherung auf Vorrat erlaubten. Damals setzte der Gesetzgeber die Vorgaben der Richtlinie 2006/24/EG ins nationale Recht um. Die nationalen Vorschriften erklärte das Bundesverfassungsgericht 2010 für nichtig. Die Richtlinie 2006/24/EG erklärte der Europäische Gerichtshof 2014 für ungültig. Europa verpflichtet Deutschland somit nicht mehr, gesetzliche Vorschriften für eine Vorratsdatenspeicherung zu schaffen. Was ist dann der Grund für das Gesetz? Verbrechensbekämpfung ist das Stichwort. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) erklärte, „mit dem ausgewogenen Gesetz geben wir unserer Polizei ein wichtiges Instrument für die Verbrechensbekämpfung“.

Was wird gespeichert?

Telekommunikationsanbieter müssen künftig für zehn Wochen speichern, wer, wann, wie lange und mit wem gesprochen hat. Gespeichert werden auch Versand- und Empfangszeitpunkt von SMS- und MMS-Nachrichten sowie die Information, wem welche IP-Adresse zu einem bestimmten Zeitpunkt zugewiesen war. Standortdaten, das heißt, die Funkzelle, in der sich das Mobiltelefon zu einem bestimmten Zeitpunkt befindet, werden für vier Wochen gespeichert. Nicht gespeichert werden die Inhalte der Kommunikation sowie die E-Mail-Kommunikation. Die gespeicherten Verkehrsdaten von Berufsgeheimnisträgern dürfen nicht abgerufen werden.

Gesetz ruft Kritiker auf den Plan

Wie zu erwarten war, ruft das Gesetz Kritiker auf den Plan. Die Überwachung nehme Orwellsche Züge an, meinen die Gegner. Die FDP hat bereits angekündigt, gegen das Gesetz vor dem Bundesverfassungsgericht zu klagen. Besonders kritisiert wird der Freistaat Bayern. Dieser hat nämlich bereits in dieser Woche beschlossen, neben der Polizei auch den Verfassungsschutz an den gesammelten Informationen teilhaben zu lassen. Das lösen die Bayern durch ein Landesgesetz. Denn das „Gesetz zur Einführung einer Speicherpflicht und einer Höchstspeicherfrist bei Verkehrsdaten“ erlaubt den Ländern, die Daten auch zur Gefahrenabwehr zu nutzen.

Kritiker wie die frühere Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger sind empört. Joachim Herrmann, bayerischer Innenminister, sieht hingegen keinen Grund zur Aufregung: „Es kann nicht sein, dass unsere Nachrichtendienste weniger wissen als Polizei und Strafverfolgungsbehörden.“ Er sei überzeugt, dass das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung „diese Möglichkeit jetzt auch für den Verfassungsschutz eröffnet“ (siehe hier).