Ist das nicht schön? Internetzugang, wo man geht und steht; WLAN macht´s möglich. Aber woher kommt dieses WLAN überhaupt? Immer wieder ist von dem flächendeckenden Ausbau der Netze die Rede. Da werden Visionen formuliert, Konzepte erstellt und Versprechungen eingegangen. Aber wer soll es machen? Innerhalb von Gebäuden ist das relativ einfach: Sei es im Café, im Hotel oder auf dem Flughafen – der jeweilige Eigner bzw. Betreiber kann ein WLAN für seine Gäste und Besucher zur Verfügung stellen. Aber sonst? Was ist mit Wohngebieten zum Beispiel, in denen es keine geschlossene Häuserzeile an Einzelhändlern gibt? Da kommen Sie, werte Leser, ins Spiel.

Was hat das mit mir zu tun?

So zumindest dachte sich das der Internetanbieter Unitymedia, der seine Kunden über die bestehende Infrastruktur an privaten Routern dazu bewegen wollte, ein öffentliches Funknetz zum kostenfreien Gebrauch für jedermann aufzuspannen. Physikalisch vom privaten WLAN für den hauseigenen Internetanschluss getrennt, sollte ein zweites Netz nach außen geöffnet werden, um unter der Hoheit von Unitymedia für Dritte den Traum vom flächendeckenden Highspeed-Internet wahrzumachen.

Dagegen geklagt hat die Verbraucherzentrale NRW. Und zwar deswegen, weil Unitymedia das Vorhaben dergestalt umzusetzen plante, standardmäßig jeden Router (auch von bestehenden Kunden) nach außen hin zu öffnen; wer das nicht möchte, konnte innerhalb einer Frist von vier Wochen widersprechen oder musste das WLAN selbst abschalten, wenn er das später nicht mehr möchte. Ein Widerspruch im Nachhinein reiche aber nicht, so die Verbraucherzentrale, vielmehr sei die vorherige Zustimmung des einzelnen Kunden nötig.

Gericht bestätigt Sicht der Verbraucherschützer

In einer als wegweisend bezeichneten Entscheidung hat sich nun das Landgericht (LG) Köln am 9. Mai 2017 zum Thema geäußert, wobei die Entscheidung noch nicht rechtskräftig ist. Dem Ansinnen von Unitymedia hat es aber zunächst einen Riegel vorgeschoben, denn für die Änderung der Konfiguration an den Routern gebe es weder eine vertragliche Grundlage noch eine Einwilligung seitens der Kunden. Damit sei die geplante Maßnahme zum Ausbau des Drahtlos-Netzes wettbewerbswidrig, weil es sich um eine unzumutbare Belästigung im Sinne von § 7 Abs. 1 S. 1 UWG handele.

Eine entscheidende Rolle dabei spielt, ob die Maßnahme vom „durchschnittlich empfindlichen Verbraucher“ als störend empfunden wird. Hierzu wiederum stellt sich die Frage, ob der Verbraucher in Sachen IT-Sicherheit hinreichend kompetent sei, um die geplante Maßnahme zu beurteilen. Und da hapert es offenbar; denn, so das Gericht, bei Teilen der Bevölkerung (gerade bei älteren Leuten) herrsche eine latente Verunsicherung vor angesichts der Berichterstattung über Themen wie „Datenklau“ in den Medien. Was die Aussendung eines weiteren zusätzlichen Signals vom heimischen Router technisch bewirke, könne in vielen Fällen nicht mehr überblickt werden.

Und mal ehrlich: Da ist was dran. Die meisten privaten Internetnutzer sind doch froh, wenn sie Router und Kabel anschließen, ein grünes Lämpchen leuchtet und es einfach funktioniert – fertig. Die wenigsten der Otto-Normal-Nutzer werden in die Tiefen der erweiterten Menüeinstellungen hinabsteigen und sich mit Begriffen wie SSID Broadcasting oder MAC-Spoofing beschäftigen. Oder können Sie spontan (ohne nachzuschlagen!) erklären, was DHCP oder WPA-PSK bedeutet? Eben. Und wer kennt nicht den Satz aus dem engeren Verwandten- oder Freundeskreis „Ach, mach du das mal, ich kenn‘ mich damit nicht aus.“

Insgesamt als problematisch zu bewerten sei nach Ansicht der Kölner Richter jedenfalls der Umstand, dass die betroffene Person sich „ungefragt und unfreiwillig“ mit dem Für und Wider dieser technischen Konfiguration und den damit verbundenen rechtlichen Konsequenzen befassen müsse. Dies sei vergleichbar mit einem Fall, den der Bundesgerichtshof (BGH) im Jahr 2011 entschieden hat: Eine Person bekam unaufgefordert eine Kreditkarte zugeschickt und musste diese nach Prüfung ordnungsgemäß zerstören und entsorgen. Das werteten die BGH-Richter ebenfalls als unzumutbare Belästigung.

Alternative: Vertragsänderung

Maßgebend für das LG Köln war hier also die mangelnde Zustimmung der Kunden zur Teilhabe am Betrieb eines öffentlichen WLAN. In dem Urteil klingt aber auch die Möglichkeit an, diesen Aspekt (von vornherein) vertraglich zu fixieren; so erwähnt das Gericht an mehreren Stellen ausdrücklich diese Option, lässt eine Entscheidung hierüber jedoch (in prozessual zulässiger Manier) aus. Und in der Tat erscheint diese Variante naheliegend. Das dachte sich auch Unitymedia selbst und verwendet seit Juni 2016 geänderte AGB, in denen der Auslöser dieses Streits (Betrieb eines sog. Homespots am heimischen Router) nunmehr ausdrücklich geregelt ist.

Man darf aber durchaus Zweifel hegen, ob diese Klauseln auch Gültigkeit behalten, sprich einer eigenen gerichtlichen Überprüfung standhalten. Immerhin muss sich der Kunde nach wie vor mit der entsprechend voreingestellten Konfiguration seines Routers beschäftigen. Aktuell sehen die AGB von Unitymedia vor, dass der Kunde – falls er diese abändern möchte – eine Mitteilung über den Online-Servicebereich absenden muss, damit die Einstellung entsprechend geändert wird.

Ausgang offen und weiterhin spannend

Angesichts des vom Gericht thematisierten technischen Verständnisses beim bundesdeutschen Durchschnittskunden erscheint es zumindest diskussionswürdig, ob ein Kunde, der für sich selbst einen privaten Internetzugang bestellt, zwingend damit rechnen muss, zugleich Teil eines öffentlich zugänglichen Netzes zu werden. Damit könnte eine solche Klausel in den AGB als „überraschend“ im Sinne von § 305c BGB einzustufen und folglich unwirksam sein.

In dem aktuellen Verfahren ist das Ende der Fahnenstange wohl auch noch nicht erreicht, denn Unitymedia erwägt wohl, in Berufung zu gehen und den Fall in der nächsten Instanz weiter zu verhandeln.