„Sowas lassen wir uns als Bürger gefallen?“, „Der Staat macht, was er will.“, „Ich halte den Fragebogen für eine Unverschämtheit.“, „Obrigkeitsstaatliche Zwangserhebung“, „Stasi-Methoden“, „Diktatur!“
Als wir seinerzeit in diesem Blog über „Haushaltsbefragungen für den Mikrozensus“ berichtet hatten, ging es in unseren Kommentaren heiß her – letztlich sogar so heiß, dass wir den entsprechenden Artikel wieder aus unserem Blog entfernt haben. Fest steht: Viele Leser waren seinerzeit nicht erfreut, einen Aufruf zur Teilnahme am sog. „Mikrozensus“ erhalten zu haben. Seit dem 15. Mai 2022 wird nun wieder ein neuer Bundes-Zensus – genauer gesagt: eine Bevölkerungs-, Gebäude- und Wohnungszählung – durchgeführt. Wir möchten daher einmal kurz beleuchten, wie dessen Durchführung aus datenschutzrechtlicher Sicht zu bewerten ist.
Zweck des Zensus
Mithilfe des Zensus möchte der Staat in erster Linie prüfen, inwieweit die Daten, die bereits in verschiedenen Verwaltungsregistern vorliegen, mit der Wirklichkeit übereinstimmen. Beim Zensus 2022 handelt es sich insofern um eine „registergestützte Bevölkerungszählung“, die durch eine Stichprobe ergänzt und mit einer Gebäude- und Wohnungszählung kombiniert wird.
Gesetzliche Grundlagen für den Zensus
Die Durchführung des Zensus ist für den Staat nicht nur sinnvoll – es besteht sogar die europarechtliche Pflicht zur Durchführung. Diese ergibt sich aus der EU-Verordnung 763/2008, wonach die Mitgliedsstaaten zur Erfassung von Bevölkerungsergebnissen verpflichtet sind. Grundlage ist ein festgelegter Merkmalskatalog. Dadurch sollen die Ergebnisse EU-weit miteinander vergleichbar gemacht werden.
Die eigentliche Durchführung wird in Deutschland dann im „Gesetz zur Vorbereitung eines registergestützten Zensus einschließlich einer Gebäude- und Wohnungszählung 2022“ sowie im „Gesetz zur Durchführung des Zensus im Jahr 2022“ detailliert geregelt. Dort ist auch aufgeführt, welche Daten im Rahmen des Zensus erhoben und verarbeitet werden.
Darf der Staat also meine Daten erheben?
Ja, der Staat darf die Daten erheben. Aus datenschutzrechtlicher Sicht stellen die genannten Gesetze gleichzeitig die Rechtsgrundlage zur Erhebung personenbezogener Daten dar.
Grundsätzlich ist die Preisgabe personenbezogener Daten an den Staat in Deutschland natürlich durch das sog. „Recht auf informationelle Selbstbestimmung“ geschützt. Dieses Grundrecht hatte das Bundesverfassungsgericht seinerzeit – ebenfalls anlässlich eines Zensus – im berühmten „Volkszählungsurteil“ überhaupt erst geschaffen und definiert (BVerfG, Urteil v. 15. 12. 1983 – 1 BvR 209, 269, 362, 420, 440, 484/83).
An diesem Grundrecht haben sich seither entsprechende Gesetze zur Durchführung eines Zensus zu richten. Das genannte Grundrecht wird (wie die meisten Grundrechte) nämlich nicht „schrankenlos“ gewährleistet. Einschränkungen bedürfen aber einer verfassungsgemäßen gesetzlichen Grundlage, die dem rechtsstaatlichen Gebot der Normenklarheit entsprechen muss. Bei seinen Regelungen hat der Gesetzgeber ferner den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Er darf die Datenverarbeitung nur gestatten, wenn sie zur Erreichung des angestrebten Zwecks geeignet, erforderlich und angemessen ist. Er hat daher den Eingriff in die informationelle Selbstbestimmung möglichst schonend zu gestalten. Außerdem sind organisatorische und verfahrensrechtliche Vorkehrungen zu treffen, welche der Gefahr einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts entgegenwirken.
Mit dem Zensusvorbereitungsgesetz und dem Zensusgesetz werden diese Vorgaben umgesetzt. Die ähnlich gestalteten Gesetze für den letzten Bundeszensus im Jahr 2011 hielt das Bundesverfassungsgericht seinerzeit für verfassungsgemäß.
Muss ich wirklich mitmachen?
Auch hier lautet die klare Antwort: Ja! So lautet § 23 Abs. 1 S. 1 Zensusgesetz: „Für die Erhebungen besteht Auskunftspflicht.“. Da der Zensus als „Bundesstatistik“ durchgeführt wird, sind die Regelungen des Bundesstatistikgesetzes anwendbar. Dieses sieht vor, dass Bußgelder verhängt werden können, soweit einer Auskunftspflicht nicht nachgekommen wird.
Weitere Informationen
Die Statistischen Ämter des Bundes und der Länder stellen auf dem gemeinsamen Internetauftritt unter https://www.zensus2022.de/ umfangreiche weitere Informationen zum Zensus bereit. Über diese Webseite kann zudem auch der „Online-Fragebogen zum Zensus 2022“ ausgefüllt werden.
Eine gute Zusammenfassung relevanter datenschutzrechtlicher Fragen findet sich zudem auf der Webseite des Hamburgischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit unter https://datenschutz-hamburg.de/pages/zensus2022/.
Daniela Windelband
16. August 2022 @ 11:15
Liebe Leser*innen,
zu diesem Thema erreichen uns viele Kommentare. Vielen Dank für Ihr Interesse. Aus gegebenem Anlass möchten wir darauf hinweisen, dass wir alle Kommentare prüfen, bevor wir diese freigeben. Wir freuen uns über Diskussionsbeiträge, Fragen, Anregungen, Kritik etc., aber was wir uns verbitten sind verbale Gewaltaufrufe, Aussagen die diffamieren und Ähnliches!
In diesem Sinne auf eine faire Debattenkultur.
Mit freundlichen Grüßen
Daniela Windelband
Blogredaktion
Tommi
21. Juli 2022 @ 20:17
Warum soll gleichzeitig der Mikrozensus und die Grundsteuerreform durchgeführt werden? Der Bürger ist doch mit einer Sache schon überfordert, da kann man doch mal 1 Jahr Pause machen. Manche Leute können beides nicht auseinanderhalten, wenn so viel Post vom Staat auf einmal kommt.
Mario
2. Juli 2022 @ 12:19
Zensus: Methode der Kleptokraten in Berlin und Brüssel, um herauszufinden, wo es noch Abschöpfungspotential gibt, um die Bürger zu bestehlen.
Der Diebstahl beginnt bereits mit der Zeit, die einem gestohlen wird, während man dem Spion Rede und Antwort steht oder sich durch den Online-Fragebogen klickt.
Marten
25. Juni 2022 @ 16:38
Hallo,
habe gerade das Zensus2022-Papier ausgefüllt und frage mich, warum schlichtweg kein Anruf hierfür bei der zuständigen Verbandsgemeine getätigt wird? Hier müssten doch die ganzen Daten (Grundsteuer et al) vorliegen? Die wissen ja auch, wohin sie die Rechnungen schicken.
Die ganze Sache hat so ein leichtes Geschmäckle im Abklang. Mal schauen, was da am Ende bei rauskommt. Warum kam keine Frage zu Haustieren? Wäre die Stasi-Befragu…pardon Erhebung freiwillig gewesen, dann hätte ich sie nicht gemacht. Was soll das denn? Macht mal lieber eine Umfrage, wo unsere Steuern hingehen, was in manchen Kreisen mit dem Kindergeld oder aber H4 angestellt wird anstelle die braven Bürger/innen zu belästigen.
Ja, noch habe ich Meinungsfreiheit! (§ GG, Art.5, 1)
FreeAsange
23. Juni 2022 @ 13:25
Wie wäre es damit? Die Zensus sollte diese Fragen allen deutschen Politikern und Bundestagsmitarbeitern stellen und uns, dem Volk vorlegen. Bei Zensus hat man echt das Gefühl das wir vermehrt zum Überwachungsstaat werden. Was geht dem Staat was an wer in einer Wohnung wohnt? Es gibt doch schon eine Anmeldestelle bei den Bürgerämtern, es gibt doch schon einen Ausweispflicht wo auf dem Ausweis steht wo die Anschrift ist. Auch weitere Personenbezogene Fragen zu den Einkünften, oder Bildung etc. liegen schon anderen Ämtern vor. Und wer wählt überhaupt aus, wer befragt wird und wer nicht? Ich finde das Alles nicht gut!
Hinzu kommt dass wenn der Umgang mit diesen Datensätzen genauso endet wie die der Corona Apps oder den unzähligen anderen Unfällen die bei den deutschen Verwaltungen oder auf dem Cloudflare mal so passieren, und wo dann mal Ganze Datensätze im Darknet verschwinden dann sehe ich das Ganze als extra kritisch an.
adam jabs
31. Mai 2022 @ 11:34
der staat möchte sich lieber mal um die menschen kümmern die bei der rheinberger tafel usw um essen betteln
Der nomande
30. Mai 2022 @ 21:46
Letzter Rotz mir egal gehe Anwalt verklag den Staat habe keine Gesetze unterschrieben.
A
28. Mai 2022 @ 21:20
Zensus 2022: Gebäude- und Wohnungszählung (GWZ)
Es gibt zwei Aktionen:
1. Vorbefragung zur Gebäude- und Wohnungszählung 2021
2. Haupterhebung zur Gebäude- und Wohnungszählung 2022
Z.B. hier nachlesbar:
https://www.sexau.de/pb/site/Sexau/get/documents_E-1517065729/sexau/Dateien/pdf/Sonstiges/Mitteilung_GWZ-Vorbefragung_Zensus-2022_08316039.pdf
Mit den Durchführungen von 1. und 2, werden 100 % der Eigentümer befragt – es ist also ein „100% Zensus“!
Dieser sogenannte Zensus GWZ dient vermutlich auch zur Kontrolle der Daten, die die Finanzämter 2022 auf Grund der Grundsteuerreform erfragen.
Anonymous
21. Mai 2022 @ 13:24
Ich frage mich was mit meinen Daten passiert und was man daraus folgert..
Warum werden nicht alle in Deutschland befragt?
Wer trifft die Auswahl der Personen, die befragt werden sollen?
Suspekt…
Wieder Daten sammeln um den kleinen Mann noch mehr abzuzocken..
Michael
21. Mai 2022 @ 11:39
sorry aber für was benötigt der deutsche statt daten, die denen eh schon vorliegen? man ist auf eine adresse gemeldet und man zahlt grundsteuer, also liegen die daten denen vor, also bitte
Anonymous
19. Mai 2022 @ 13:15
Die Leute sollen ihre Energie mal lieber auf wirklich wichtige Themen wie die geplante Chatkontrolle richten.
Anonymous
20. Mai 2022 @ 7:59
Perfider Trick aus der Mottenkiste der Rhetorik, siehe https://www.deutschlandfunkkultur.de/und-was-ist-mit-perfider-trick-aus-der-mottenkiste-der-100.html