Die Ansprache potenzieller Kunden ohne vorherige geschäftliche Beziehung, oft als Kaltakquise bezeichnet, wirft aus datenschutzrechtlicher und wettbewerbsrechtlicher Sicht einige Fragen auf. In diesem Blogbeitrag beleuchten wir die Zulässigkeit verschiedener Maßnahmen und die damit verbundenen rechtlichen Rahmenbedingungen.

Grundlegende rechtliche Aspekte

Grundsätzlich gilt neben der DSGVO in Deutschland § 7 UWG, der konkrete Vorgaben zu Werbemaßnahmen enthält. Hiernach dürfen bspw. Werbemails oder werbliche Telefonanrufe im B2C Bereich nur mit ausdrücklicher Einwilligung erfolgen.

Es gibt keine Detailregelungen bzgl. Direktwerbung in der DSGVO. Insofern ist bei der Thematik Werbung eine weitgreifende Betrachtungsweise erforderlich. Als Werbung im Sinne der DSGVO versteht sich daher „jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich unbeweglicher Sachen, Rechte und Verpflichtungen, zu fördern“ (Art. 2 lit. a der EU-Richtlinie 2006/114/EG). Hierunter fallen daher auch Zufriedenheitsnachfragen bei Kunden, Geburtstags- und Weihnachtsmailings sowie „unverlangt versandte Empfehlungs-E-Mails“ (BGH mit Urteil vom 12. September 2013, I ZR 208/12). Grundlage für die Beurteilung der Zulässigkeit können daher entweder Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO oder eine Einwilligung gem. Art 6 Abs. 1 lit. a DSGVO sein. Entscheidend ist dabei, dass die Verarbeitung der Daten notwendig ist, um die Interessen des Werbenden zu wahren, ohne die Grundrechte oder Freiheiten der betroffenen Person zu missachten. Ist dies nicht der Fall, ist eine Einwilligung des Betroffenen erforderlich.

Wichtig ist auch die Differenzierung der Kontaktarten – ob per E-Mail, Telefon oder Briefpost. Jede dieser Methoden bringt spezifische rechtliche Anforderungen mit sich, insbesondere in Bezug auf mögliche Belästigungen der Empfänger. Nachfolgend werden die Rechtsgrundlagen deshalb noch einmal differenziert je Kommunikationskanal betrachtet.

1. Akquise per E-Mail

Für den Versand von werblichen E-Mails ist grundsätzlich die Einwilligung des Empfängers erforderlich, es sei denn, dieser hat die Informationen selbst angefordert. Unaufgeforderte Werbung per E-Mail kann als unzumutbare Belästigung gewertet werden. Dies gilt sowohl im B2B als auch im B2C Bereich. Voraussetzungen für die Einwilligung sind folgende:

Transparenz und Dokumentation

Die Einwilligung muss in verständlicher und leicht zugänglicher Form in einer klaren und einfachen Sprache so erfolgen, dass sie von den anderen Sachverhalten klar zu unterscheiden ist (Transparenz). Insofern muss die betroffene Person ausdrücklich über die erfolgende Datenverarbeitung informiert werden. Die Einwilligung muss nachweisbar sein.

Bei elektronischer Newsletter-Bestellungen muss zudem das Double-Opt-In-Verfahren genutzt werden, denn nur hiermit kann eine Einwilligungserklärung des Empfängers beweiskräftig beschafft werden. Regelmäßige Informationsmails zu Veranstaltungen dürften in diesem Rahmen als Newsletter einzustufen sein.

Freiwilligkeit

Eine erteilte Einwilligung muss zwingend freiwillig und granular erfolgen. Das Element „frei“ impliziert, dass die betroffenen Personen eine echte Wahl und die Kontrolle haben.

Exkurs: Ausnahme zur Einwilligung

  • 7 Abs. 2 UWG sieht grds. die Einwilligung für Werbemails vor. Abweichend von Abs. 2 Nr. 2 ist eine unzumutbare Belästigung bei einer Werbung unter Verwendung elektronischer Post nicht anzunehmen, wenn
  1. ein Unternehmer im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Ware oder Dienstleistung von dem Kunden dessen elektronische Postadresse erhalten hat,
  2. der Unternehmer die Adresse zur Direktwerbung für eigene ähnliche Waren oder Dienstleistungen verwendet,
  3. der Kunde der Verwendung nicht widersprochen hat und
  4. der Kunde bei Erhebung der Adresse und bei jeder Verwendung klar und deutlich darauf hingewiesen wird, dass er der Verwendung jederzeit widersprechen kann, ohne dass hierfür andere als die Übermittlungskosten nach den Basistarifen entstehen.

Allerdings sind an die Informationspflichten und Widerspruchsmöglichkeiten hohe Maßstäbe zu setzen. Das Landgericht Paderborn hat sich zu der Ausnahmeregelung zu der grundsätzlichen Einwilligungspflicht für E-Mail-Werbung nach § 7 Abs. 3 UWG geäußert. Das Gericht geht davon aus, dass im Mindestfall ein anklickbares bzw. ankreuzbares Kästchen vorhanden sein muss, über das der Widerspruch sofort umgesetzt werden kann. Ein reiner Hinweise auf die Direktwerbung reicht nach diesem Urteil nicht aus (vgl. LG Paderborn, Urt. v.  12.03.2024 – Az.: 2 O 325/23, Rn. 48 ff.).

Ist dies gewährleistet, können nach erstmaliger Bestellung zukünftige Werbe-E-Mails für ähnliche Dienstleistung oder Ware ohne Einwilligung verschickt werden.

Akquise per Telefon

Im Geschäftskundenbereich (B2B) kann die telefonische Kontaktaufnahme unter bestimmten Voraussetzungen zulässig sein. Namentlich fordert die Rechtsprechung ein „sachliches Interesse aufgrund konkreter Umstände“, das darauf schließen lässt, dass die betroffene Person mit dem Anruf einverstanden sein wird, z. B. wenn deren Interesse an dem beworbenen Produkt bekannt ist. Eine bloße Sachbezogenheit (z. B. Werbung für Büroartikel, Telefon- und Stromanbieter oder auch die entgeltliche Vermittlung von Aufträgen) genügt jedoch nicht, um von einem Einverständnis des angerufenen Unternehmers auszugehen (vgl. BGH, Urteil vom 16.11.2006 – I ZR 191/03). Vielmehr ist es jedenfalls notwendig, dass für den Anruf ein konkreter und aus dem Interessenbereich des Anzurufenden herzuleitender Grund vorliegt (dies kann z. B. ein geschäftlicher Vorkontakt sein).

Als Rechtsgrundlage kann dann Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO herangezogen werden.

Für Verbraucherkontakte (B2C) ist jedoch stets eine ausdrückliche vorherige Einwilligung erforderlich (Voraussetzungen siehe oben). Diese ist seit dem 1.10.2021 durch die Einführung von §7a UWG bei Werbung gegenüber Verbrauchern „in angemessener Form“ zu dokumentieren und nach Erteilung der Einwilligung sowie nach jeder Verwendung vom werbenden Unternehmen fünf Jahre aufzubewahren. Wie diese Dokumentation auszusehen hat, ist derzeit umstritten.

Akquise perPost

Bei der Werbung per Post ist zwischen Wurfsendungen und adressierten Briefen zu unterscheiden. Wurfsendungen, die keine personenbezogenen Daten enthalten, sind datenschutzrechtlich unproblematisch. Dennoch müssen die Vorgaben des Wettbewerbsrechts beachtet werden – etwa darf keine Werbung in Briefkästen landen, wenn der Empfänger dem widersprochen hat.

Adressierte Werbung fällt unter das Direktmarketing, das ebenfalls als berechtigtes Interesse des Verantwortlichen gelten kann. Hier muss jedoch immer eine Interessenabwägung stattfinden. Bei der Abwägung kann der Rechtsgedanke des sog. „Listenprivilegs“ nach § 28 Abs. 3 BDSG (alte Fassung) herangezogen werden, wonach Kontaktdaten aus öffentlichen Quellen erhoben und verarbeitet werden dürfen. In diesen Fällen könnte eine Ansprache auch ohne vorherigen geschäftlichen Kontakt möglich sein.

Bei der Interessenabwägung muss darüber hinaus aber auch geprüft werden, aus welcher öffentlichen Quelle die personenbezogenen Daten erhoben wurden und ob die betroffene Person damit rechnen muss, dass Werbung an sie versandt wird, beispielsweise auf Grund vorheriger Korrespondenz. Dies ist bspw. nicht der Fall, wenn Daten aus dem Impressum einer Webseite stammen. Hierbei handelt es sich um Pflichtangaben, die der Betroffene auf Grund gesetzlicher Vorgaben angeben muss und nicht um ein Verzeichnis, in das er sich freiwillig eintragen lässt. Demnach dürfen diese öffentlich zugänglichen Daten nicht für die Akquise per Post verwendet werden.

Fazit

Kaltakquise kann ein wirksames Mittel zur Kundengewinnung sein, birgt jedoch rechtliche Risiken. Insbesondere im Bereich B2C dürften Einwilligungen erforderlich sein. Da entsprechende Geldbußen bei Beschwerden nicht selten sind, sollten vorhandene Marketingprozesse dahingehend unbedingt datenschutzrechtlich und wettbewerbsrechtlich beleuchtet werden.

Update 16.12.2024:

In einer früheren Version hieß es, dass nach erstmaliger Bestellung Werbe-E-Mails für dieselbe Dienstleistung oder Ware ohne Einwilligung verschickt werden kann. Wir haben dies azf „ähnliche“ korrigiert.