Im Folgeartikel zum Persönlichkeitsschutz im digitalen Zeitalter beschäftigten wir uns nach den Suchmaschinen rechtsvergleichend mit Datenbanken am Beispiel einer Pressedatenbank.

Die Ausgangslage – der Fall (Bericht zum Urteil des Amtsgerichts Luzern-Land vom 26.11.2010)

Die Schweizer Mediendatenbank AG (SMD) betreibt eine Online-Datenbank, in der Medienberichte archiviert und Medienunternehmen zugänglich gemacht werden. Einer prominenten und politisch exponierten Person drohte ein Strafverfahren, über das viele Zeitungen berichteten. Die Berichterstattungen gelangten anschließend ins Archiv der SMD. Als sich der Verdacht eines strafbaren Verhaltens nicht bestätigte, berichtete darüber lediglich eine Zeitung.

Vor dem Amtsgericht Luzern machte die betroffene, ehemals verdächtigte Person daraufhin geltend, dass sie durch die nicht aktualisierten Medienberichte der SMD-Datenbank in ihrer Persönlichkeit verletzt sei. Der Kläger forderte u.a., dass bei den vorhandenen Daten ein Vermerk bzw. eine berichtigende Ergänzung anzubringen sei.

Die Rechtslage in der Schweiz

Das Bundesgesetz über den Datenschutz (DSG) schreibt in Art. 5 Abs. 1 vor, dass die bearbeiteten Personendaten richtig sein müssen. Richtigkeit liegt vor, wenn die Personendaten eine Tatsache bezüglich der betroffenen Person und hinsichtlich des Verwendungszwecks sachgerecht wiedergeben wird. Die bearbeiteten Daten müssen den Gesamtzusammenhang also richtig darlegen. Diese Voraussetzung war nicht erfüllt, da lediglich Tatsachen zum Zeitpunkt des drohenden Strafverfahrens und nur eine Information zur Einstellung zu finden waren. Diese Sachlage verbreitete ein falsches und einseitiges Bild des damals angeblich Beklagten und verletzte dadurch seine Persönlichkeitsrechte. Personen, die von der Bearbeitung unrichtiger Daten betroffen sind, haben die Möglichkeit der Berichtigung aus Art. 5 Abs. 2 DSG.

Die Bearbeitung unrichtiger Daten führt zu einer Persönlichkeitsverletzung, die der betroffenen Person eine Klagemöglichkeit nach Art. 15 DSG eröffnet. Abs. 1 verweist auf Artikel 28, 28a sowie 28 l des schweizerischen Zivilgesetzbuches (ZGB), wonach der Kläger die Wahl eines Unterlassungs-, Beseitigungs- und Feststellungsanspruchs, die Mitteilung und Veröffentlichung des Urteils, ggf. einen Anspruch auf Schadenersatz, Genugtuungsleistungen und Gewinnherausgabe sowie ein Gegendarstellungsrecht hat. Gestützt auf Art. 15 Abs. 1 DSG kann der Kläger die Sperrung der Datenbekanntgabe oder die Berichtigung oder Vernichtung der Daten beanspruchen. Ist die Richtigkeit nicht festzustellen, kann die betroffene Person einen Bestreitungsvermerk verlangen.

Nach Art. 28 Abs. 1 ZGB kann das Recht auf Schutz der Persönlichkeit gegenüber jedem, der an der Verletzung mitwirkt, verschuldensunabhängig geltend gemacht werden. Die SMD betreibt die – für die geltend gemachte Verletzung – ursächliche Datenbank und stellt die Informationen durch eine Tochtergesellschaft zur Verfügung. Dadurch ist die beklagte SMD passivlegitimiert im Sinne des Art. 15 Abs. 1 DSG i.V.m. Art. 28 Abs. 1 ZGB.

Rechtfertigungsgründe für eine widerrechtliche Persönlichkeitsverletzung finden sich in Art. 13 Abs. 1 DSG. So können die Einwilligung des Verletzten, überwiegende private oder öffentliche Interessen oder gesetzliche Grundlagen die Datenbearbeitung legitimieren. Eine nicht abschließende Auflistung möglicher Interessen, welche grundsätzlich als schützenswert gelten, findet sich in Art. 13 Abs. 2 lit. a ‑ f DSG; wobei darauf hinzuweisen ist, dass diese Auflistung nicht per se zu einem überwiegenden Interesse der bearbeitenden Person und somit zur Zulässigkeit einer Persönlichkeitsverletzung führt.

Da vorliegend weder eine Einwilligung noch ein Gesetz die rechtmäßige Bearbeitung unrichtiger Personendaten vorsieht, bedarf es einer Interessenabwägung. Der Kläger ist eine Person des öffentlichen Lebens, zu der Informationen in der Regel unproblematisch sind. Gewisse Publikationen bergen aufgrund der öffentlich exponierten Position des Betroffenen ein höheres Verletzungspotential und erfordern strengere Anforderungen an die Rechtfertigung einer Bekanntgabe. Die SMD argumentiert, dass es für die Beurteilung eines Archivinhalts als richtig oder unrichtig stets auf den Entstehungszeitpunkt ankäme. Aufgrund der weitreichenden Vermarktung sowie der informationstechnischen Zugänglichkeit der Daten, kann die Datenbank der SMD jedoch nicht mit einem herkömmlichen Zeitungsarchiv verglichen werden; somit lägen die Anforderungen an die Richtigkeit der Daten somit höher.

Die SMD hat ein Interesse daran, ihr Archiv auch Dritten anzubieten. Zudem besteht ein tatsächliches Interesse daran, die Medienberichte unverändert beizubehalten, da Aktualisierungen bzw. Berichtigungen mit Aufwand und Kosten verbunden sind. Der Kläger hingegen hat ein Interesse an einer richtigen Berichterstattung; da er aufgrund seiner Funktion ein überdurchschnittlich hohes Interesse hat, als integre und gesetzestreue Person angesehen zu werden. Das Amtsgericht Luzern wertete die Interessen des Klägers an einer Richtigstellung der Sachlage höher, als die gegenüberstehenden Interessen der SMD. Eine Entlastung des Klägers war für sein berufliches Ansehen vorrangig, zumal die Anbringung eines berichtigenden Vermerks die Beklagte nicht übermäßig belastete und daher geeignet und zumutbar war. Die Persönlichkeitsverletzung konnte durch die Ergänzung behoben werden.

Die Rechtslage in Deutschland

Auch in Deutschland gibt es vergleichbare Pressedatenbanken. Verarbeitete Personendaten müssen nach dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) richtig sein. Fraglich ist, ob die im Archiv vorhandenen Daten – welche zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung richtig waren – auch als unrichtig eingestuft werden können. Die herrschende deutsche Lehre bejaht dies, sofern Daten aus ihrem Kontext gelöst werden und der dadurch entstandene Kontextverlust so schwerwiegend ist, dass Fehlinterpretationen nahe liegen. Im zu beurteilenden Fall kann daher auch nach deutschem Recht die Unrichtigkeit der verarbeiteten Daten angenommen werden.

Unrichtige Daten müssen nach § 35 Abs. 1 BDSG durch die verantwortliche Person berichtigt werden. Lässt sich weder die Richtigkeit noch die Unrichtigkeit bestimmter Daten feststellen, führt dies dazu, dass nach § 35 Abs. 4 BDSG die entsprechenden personenbezogenen Daten gesperrt werden.

Die Verarbeitung unrichtiger Daten führt auch im deutschen Recht zu einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts. Je nach Art und Schwere der Verletzung stehen dem Betroffenen verschiedene Rechtsansprüche zu. Da der Persönlichkeitsschutz ein absolutes Recht ist, stehen dem Verletzten in analoger Anwendung aus § 1004 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) bestimmte Abwehr- und Ersatzansprüche zu; dazu zählen Beseitigungs-, Unterlassungsansprüche sowie aus § 812 BGB Bereicherungsansprüche und aus § 823 Abs. 1 BGB Schadenersatzansprüche. Absolute Rechte können gegenüber jedermann geltend gemacht werden, der widerrechtlich zur Verletzung beisteuert.

Die Datenverarbeitung ist nach § 4 Abs. 1 BDSG zulässig, wenn ein Gesetz oder eine andere Rechtsvorschrift dies erlaubt oder der Betroffene eingewilligt hat. Eine Einwilligung liegt offensichtlich nicht vor, doch sieht § 35 Abs. 6 BDSG vor, dass Daten die zum Zweck der Übermittlung aus allgemein zugänglichen Quellen entnommen und zu Dokumentationszwecken gespeichert wurden, nicht berichtigt, gesperrt oder gelöscht werden müssen. In einer Pressedatenbank befinden sich Medienmitteilungen, welche der breiten Allgemeinheit zur Verfügung stehen sollen. Der Betroffene kann jedoch verlangen, dass den Daten eine Gegendarstellung beigefügt wird, was auch im vorliegenden Fall möglich wäre. Die gesetzliche Grundlage aus § 35 Abs. 6 BDSG verlangt eine Ergänzung, bzw. Gegendarstellung, ähnlich der Entscheidung des Amtsgerichts Luzern.

Fazit

Während das schweizerische Datenschutzgesetz nur grundlegende Regelungen enthält, steht ihm mit dem deutschen Datenschutzgesetz eine sehr detaillierte Rechtsgrundlage gegenüber. Dies zeigt sich auch beim vorliegenden Fall. Das Schweizer Gericht konnte die Persönlichkeitsverletzung über die Interessenabwägung zwischen Kläger und Beklagtem beheben, wohingegen sich die deutschen Gerichte auf eine konkrete datenschutzrechtliche Norm berufen können.