„Wir alle würden gern in einer idealen Welt leben, in der wir uns keine Sorgen über gewissenlose Angestellte oder um die Sicherheit unserer Kinder machen müssen. Leider sind wir und die Menschen, die uns etwas bedeuten, jeden Tag vielen Gefahren ausgesetzt. Daher müssen wir alle möglichen Sicherheitsmaßnahmen ergreifen, um zu gewährleisten, dass unsere Firma floriert und unsere Kinder glücklich, gesund und unbeschadet aufwachsen.“
(Quelle: http://www.mspy.com.de/)

Der Einsatz von Überwachungs-Apps zum Schutz der eigenen Kinder und zur Kontrolle zwielichtiger Angestellter ist also („leider“) ein Muss in unserer modernen Gesellschaft mit all ihren virtuellen und realen Bedrohungen. Zumindest möchten uns das die Anbieter derartiger Apps – wie in diesem Fall mSpy – weismachen.

Über die zivil- und strafrechtlichen Folgen, die derart gravierende Eingriffe in die Privatsphäre Dritter nach sich ziehen können, wird seitens der App-Anbieter jedoch selten an prominenter Stelle aufgeklärt.

Was möglich ist…

Im Internet steht ein vielfältiges Angebot von Anwendungen, die die Überwachung von fremden Smartphones versprechen, zur Verfügung. Angeboten wird hier grundsätzlich alles, was technisch möglich ist.

Kontrollierende können sich unbemerkt Zugriff auf private SMS, Apps, Kalender, Kontakte, E-Mails, Videos und Fotos verschaffen. Auch alle gängigen Instant-Messenger (u.a. Skype, WhatsApp, Viber oder Facebook) können live „beaufsichtigt“ und gespeichert werden. Tasten-, Anruf- und Surfprotokolle können jede einzelne Aktivität der überwachten Person sichtbar machen.

Teilweise können Smartphones sogar als Wanze umfunktioniert werden. So bieten manche Apps die Möglichkeit, sämtliche Geräusche in der Umgebung des Ziel-Gerätes aufzunehmen und abzuhören. Auf diese Weise kann selbst dann mitgehört werden, wenn sich das Smartphone lediglich im Standby-Modus in der Nähe der überwachten Person befindet. Mehr Überwachung ist wohl kaum möglich.

…was rechtlich erlaubt ist

Unabhängig davon, ob das Bundesdatenschutzgesetz im Einzelfall überhaupt zur Anwendung gelangt (bspw. keine Anwendung bei Datenverarbeitungen zu rein familiären Zwecken, § 1 Abs. 2 Nr. 3 BDSG), sollten App-Anwender sich zunächst der möglichen strafrechtlichen Relevanz ihres Handelns bewusst sein.

Insbesondere kommen Verstöße gegen § 201 StGB (Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes), § 202a StGB (Ausspähen von Daten) und 202b StGB (Abfangen von Daten) in Betracht. Nach diesen Vorschriften wird das unbefugte Abhören und Aufnehmen des nichtöffentlich gesprochenen Wortes sowie das unbefugte Ausspähen und Abfangen von Daten unter Strafe gestellt.

Entsprechend fällt der heimliche Einsatz von Überwachungs-Apps zumeist unter die genannten Straftatbestände, da die Überwachung unbefugt – also ohne Einverständnis der überwachten Person – erfolgt. Eine Befugnis kann zwar in Ausnahmefällen bestehen – bspw. in Notwehr- oder Notstandssituationen, bei Handeln der Strafverfolgungsbehörden oder zur Ausübung des elterlichen Sorgerechts. Diese Befugnisse liegen jedoch in den seltensten Fällen vor. Insbesondere sollte beachtet werden, dass ein Rechtfertigungsgrund für eine heimliche Überwachung nicht schon deshalb angenommen werden kann, weil es sich bei der betroffenen Person um einen vertrauensunwürdigen Angestellten oder einen treulosen Ehepartner handelt.

Doch auch der transparente Einsatz von Überwachungs-Apps ist nicht ohne weiteres möglich. Bspw. müssten bei einer zulässigen Nutzung der „Wanzenfunktion“ bzw. bei dem Mithören von Telefonaten zur Vermeidung einer Strafbarkeit nach § 201 StGB (Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes), alle betroffenen Gesprächsteilnehmer zuvor wirksam eingewilligt haben. Praktisch wohl kaum möglich.

Auch der offene Einsatz von Überwachungs-Apps im Verhältnis Arbeitgeber/ Arbeitnehmer ist als kritisch zu bewerten. Aufgrund des bestehenden Abhängigkeitsverhältnisses (Arbeitnehmer sind auf ihr Einkommen aus dem Arbeitsverhältnis in der Regel existenziell angewiesen) und der eingriffsintensiven Vollüberwachung durch den Einsatz der App, ist nicht anzunehmen, dass die für eine wirksame Einwilligungserklärung erforderliche Freiwilligkeit gegeben wäre. Zudem ist bei der Überwachung von Arbeitnehmern stets zu beachten, dass der Betriebsrat aufgrund des zwingenden Mitbestimmungsrechts nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG zu beteiligen ist.

Bei der Überwachung von Kindern durch ihre Eltern, kann sich grundsätzlich eine Befugnis zum Eingriff in die Privatsphäre aus der elterlichen Sorge (§§ 1626, 1631 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch)) ergeben. Doch auch bei der Erziehung des Kindes sollte gemäß § 1626 Abs. 2 BGB stets die wachsende Fähigkeit und das wachsende Bedürfnis des Kindes zu selbständigem verantwortungsbewusstem Handeln berücksichtigt werden. Mit zunehmendem Alter gewinnen die Erziehung des Kindes zur Eigenverantwortung und Selbständigkeit sowie das Recht des Kindes auf Privatsphäre an Bedeutung. Entsprechend fragwürdig erschiene es, eine anlasslose Dauer-Überwachung der fünfzehnjährigen Tochter noch als durch das Personensorgerecht der Eltern gerechtfertigt anzusehen. Je nach Fallkonstellation und Alter, sollte also stets beachtet werden, dass der Schutz des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Kindes in vielen Fällen überwiegen und eine „unbefugte“ elterliche Überwachung zur Folge haben kann.

Zu guter Letzt sollte die zivilrechtliche Seite neben den aufgezeigten drohenden strafrechtlichen Konsequenzen nicht völlig aus den Augen verloren werden. So kann die Verletzung des Persönlichkeitsrechts vor allem Unterlassungs- und in besonders schwerwiegenden Fällen Schmerzensgeldansprüche der Betroffenen auslösen.

Fazit

Neben moralischen Aspekten, die gegen einen Einsatz von Spionage-Apps sprechen, sollten sich potentielle App-Nutzer der dargestellten rechtlichen Risiken bewusst sein und die Rechtmäßigkeit jeder geplanten Überwachungsmaßnahme im Vorfeld prüfen. So ist etwa im unternehmerischen Umfeld aufgrund der vom Bundesarbeitsgericht festgestellten unzulässigen Vollüberwachung kein Szenario denkbar, in dem der Einsatz einer solchen Überwachungs-App gerechtfertigt sein kann.

Unabhängig von straf- und zivilrechtlichen Fragen, ist auch das Thema Datensicherheit von Bedeutung. So ist bspw. völlig unklar, was mit den, bei den zumeist im Ausland ansässigen App-Anbietern, gespeicherten, teilweise hochpersönlichen, Daten der Betroffenen geschieht.