Kennen Sie das? Gerade eben noch haben Sie sich ein Produkt in einem Online-Shop angesehen und schon versucht Ihnen gefühlt jedes Werbebanner quer durch das Internet genau dieses oder ein ähnliches Produkt schmackhaft zu machen. Zufall oder beobachtet Sie jemand beim Surfen?

Die Zeiten, in denen Unternehmen ihre Produkte blindlinks auf Webseiten bewerben, von denen sie glauben, dass sich dort ihre Zielgruppe aufhält, sind vorbei. Zu groß ist die Gefahr, teures Geld für die Miete von Werbeflächen zu bezahlen, wenn das Werbebanner am Ende doch nur Personen angezeigt wird, die sich nicht dafür interessieren. Heute wird nichts dem Zufall überlassen. Vielmehr soll jeder Schuss sitzen, was dank eines Verfolgungsverfahrens namens „Retargeting“ auch kein Problem mehr darstellt.

Wie funktioniert Retargeting?

Stellen Sie sich ein großes Netzwerk vor, dem sowohl Anbieter von Webseiten angehören, die ihre Produkte mit Bannern bewerben möchten als auch solche, die auf ihren Seiten Flächen für Bannerwerbung vermieten. Alle beteiligten Seiten sind über einen sog. Markerpixel mit einem zentralen Server verknüpft. Wer nun eine der teilnehmenden Seiten besucht, verbindet sich automatisch auch mit dem zentralen Server. Dieser nutzt die Verbindung um ein Cookie auf dem Endgerät des Nutzers zu setzen. Cookies sind Textinformationen, die über den Browser auf dem Endgerät des Nutzers platziert werden und es einem Webserver ermöglichen, den Nutzer wiederzuerkennen. Das Cookie dient also der Markierung des Nutzers. Den markierten Nutzer kann der Server anschließend auf allen Webseiten wiedererkennen, auf denen sein Markerpixel installiert ist.

Jedes Cookie hat zudem eine einmalige ID, die auf dem zentralen Webserver in einer Datenbank gespeichert ist. Zu dieser ID werden alle Informationen gespeichert, die sich aus dem Verhalten des Nutzers auf Webseiten innerhalb des Netzwerks herleiten lassen: Interessiert sich der Nutzer auf einer Webseite für Damenschuhe und Makeup, ist er wohl weiblich und modeaffin. Sucht er auf anderen Seiten nach Gebrauchtwagen, ist er wahrscheinlich volljährig und besitzt einen Führerschein. Alle Informationen über das Nutzerverhalten werden in der zentralen Datenbank zu einem Nutzerprofil verdichtet und anschließend für die Auslieferung von individuellen Werbebannern genutzt.

Wie werden Werbebanner ausgeliefert?

Besucht ein markierter Nutzer eine Seite innerhalb des Netzwerks, auf der Werbefläche vermietet wird, teilt der zentrale Server dies allen Anbietern im Netzwerk mit, die ihre Produkte bewerben möchten. Das klingt sinngemäß etwa so: „Hallo Leute, hier ist ein weiblicher Nutzer, der sich für Mode und Gebrauchtwagen interessiert. Wer möchte einen Werbebanner anzeigen?“. Da regelmäßig mehrere Anbieter Interesse daran haben, den Nutzer zu bewerben, wird die Werbefläche in Echtzeit an den höchstbietenden Anbieter versteigert. Dieses Verfahren nennt sich Realtime-Bidding und läuft in weniger als 100 Millisekunden ab. Der Prozess ist abgeschlossen noch bevor sich die Webseite mit dem Werbebanner auf dem Bildschirm des Nutzers aufgebaut hat. Das Realtime-Bidding ist ein voll automatisiertes Verfahren bei dem ausschließlich Serversysteme miteinander kommunizieren. Der Bieter kann jedoch vorab die Regeln festlegen, nach denen sein System Gebote abgeben soll.

Ist das rechtens?

Nach § 15 Abs. 3 Telemediengesetz dürfen Diensteanbieter für Zwecke der Werbung Nutzungsprofile unter Verwendung von Pseudonymen erstellen, sofern der Nutzer dem nicht widerspricht. Damit der Nutzer von seinem Widerspruchsrecht Gebrauch machen kann, muss er im Rahmen der Datenschutzerklärung über die zentralisierte Profilbildung und sein Widerspruchsrecht informiert werden. Diese Informationspflicht trifft alle Anbieter innerhalb des Netzwerkes, die Informationen zur Profilbildung beisteuern. Legt der Nutzer Widerspruch ein, muss außerdem sichergestellt sein, dass alle Beteiligten die Verarbeitung von Daten des Nutzers unverzüglich einstellen. Da die Profilbildung regelmäßig auf einem zentralen Server innerhalb des Netzwerks erfolgt, lässt sich diese Anforderung einfach umsetzen.

Zu guter Letzt ist es allen Mitgliedern des Netzwerks untersagt, die pseudonymen Nutzerprofile mit Daten über den Träger des Pseudonyms zusammenzuführen. Ein entsprechendes Verbot regelt § 15 Abs. 3 Satz 3 Telemediengesetz.

Vor diesem Hintergrund ist Echtzeitwerbung im Internet durchaus datenschutzkonform möglich. Allerdings ist unklar, ob und inwieweit mehrere Diensteanbieter Nutzerprofile gemeinsam bilden und nutzen dürfen.