Im 34. Tätigkeitsbericht 2018  geht der Landesdatenschutzbeauftragte Baden-Württemberg auf das Thema Adresshandel ein und führt aus, dass „Stimmen vor allem aus der Werbewirtschaft, wonach sich mit dem Wirksamwerden der DS-GVO rechtlich mehr oder weniger nichts verändert habe, […] getrost als Wunschdenken bezeichnet werden [können].“ [1]

Unter Adresshandel ist die Generierung und Vermarktung von Daten zu verstehen, die zum Beispiel für die werbliche Ansprache per Post genutzt werden können.

Für jede Datenverarbeitung wird eine Rechtsgrundlage benötigt. Dies gilt auch für Unternehmensdaten, sobald diese einen konkreten Ansprechpartner enthalten. Nach alter Rechtslage gab es das sog. „Listenprivileg“ (§ 28 BDSG-alt), wonach Listendaten (darunter fiel unter anderem der Name und die postalische Anschrift) für Werbezwecke genutzt werden durften. Das BDSG-neu enthält keine dem Listenprivileg entsprechende Regelung. Für den Adresshandel kommt daher als Rechtsgrundlage entweder die Einwilligung des Betroffenen nach Art. 6 Abs. 1 lit. a) DS-GVO oder das berechtigte Interesse des Verantwortlichen oder eines Dritten an der Datenverarbeitung nach Art. 6 Abs. 1 lit. f) DSGVO in Betracht. Wobei das berechtigte Interesse nach Ansicht des LfDI in der Regel nicht gegeben ist. [2]

Das berechtigte Interesse fordert das kumulative Vorliegen der folgenden Voraussetzungen gem. Art. 6 Abs. 1 lit. f) DSGVO:

  • Vorliegen eines berechtigten Interesses des Verantwortlichen oder eines Dritten an der Datenverarbeitung,
  • Die Verarbeitung ist zur Wahrung des berechtigten Interesses erforderlich und
  • Es überwiegen keine entgegenstehenden Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern.

Problematisch ist der zuletzt genannte Punkt der Interessenabwägung. Dazu führt der LfDI Baden-Württemberg folgendes aus:

„Die Interessen oder die Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person dürfen nicht überwiegen; dabei sind die vernünftigen Erwartungen der betroffenen Personen, die auf ihrer Beziehung zu dem Verantwortlichen beruhen, zu berücksichtigen. Insbesondere dann, wenn personenbezogene Daten in Situationen verarbeitet werden, in denen eine betroffene Person vernünftigerweise nicht mit einer weiteren Verarbeitung rechnen muss, könnten die Interessen und Grundrechte der betroffenen Person das Interesse des Verantwortlichen überwiegen (ErwG 47).“[3]

Im Bereich des Adresshandels ist anzunehmen, dass

„Der Betroffene […] gerade nicht davon aus[geht], dass ein Unternehmen, mit dem er geschäftlichen Kontakt hat, ungefragt seine Kundendaten an andere, ihm völlig fremde Unternehmen verkauft oder vermietet und er von dort plötzlich unerwünschte Werbung bekommt. Zudem hat der Betroffene – […] ein sehr starkes Interesse daran, dass seine Kundendaten nicht zu einer grenzenlos gehandelten Ware verkommen, auf die er keinerlei Einfluss mehr hat. Der Betroffene hat auch aus dem Gesichtspunkt der Transparenz (Art. 5 Abs. 1 Buchstabe a DS-GVO) heraus ein überwiegendes Interesse daran, Herr (oder Frau) seiner Daten zu bleiben. Dies gilt umso mehr bei angereicherten Adressdaten, die regelmäßig ein ziemlich konkretes Persönlichkeitsprofil des Betroffenen abbilden“[4]

Auch bei vom Betroffenen selbst veröffentlichten Daten kommt der LfDI Baden-Württemberg zum selben Ergebnis:

„[Es] […] liegt zwar regelmäßig eine bewusste, aber auch eine zweckgebundene Veröffentlichung vor: Wenn jemand seine Adresse samt Telefonnummer in ein Telefonbuch eintragen lässt, willigt er darin ein, von anderen kontaktiert werden zu können. Er beabsichtigt damit nicht, seine Daten für die unbegrenzte Datenerhebung von Adresshändlern freizugeben. Für die Angaben in einem gesetzlich erzwungenen Impressum ist dies schon lange allgemeine Meinung.“ [5]

Im Ergebnis ist festzuhalten, dass der Adresshandel für Verkäufer und Käufer nur noch rechtssicher ist, wenn die Betroffenen vorab in den Verkauf der Adressdaten nach Art. 6 Abs. 1 lit. a) DS-GVO eingewilligt haben.

 

[1] https://www.baden-wuerttemberg.datenschutz.de/wp-content/uploads/2019/02/LfDI-34.-Datenschutz-T%C3%A4tigkeitsbericht-Internet.pdf#page=120, S. 116.

[2] https://www.baden-wuerttemberg.datenschutz.de/wp-content/uploads/2019/02/LfDI-34.-Datenschutz-T%C3%A4tigkeitsbericht-Internet.pdf#page=122, S. 118 f.

[3] https://www.baden-wuerttemberg.datenschutz.de/wp-content/uploads/2019/02/LfDI-34.-Datenschutz-T%C3%A4tigkeitsbericht-Internet.pdf#page=122, S. 118 f.

[4] https://www.baden-wuerttemberg.datenschutz.de/wp-content/uploads/2019/02/LfDI-34.-Datenschutz-T%C3%A4tigkeitsbericht-Internet.pdf#page=123, S. 119.

[5] https://www.baden-wuerttemberg.datenschutz.de/wp-content/uploads/2019/02/LfDI-34.-Datenschutz-T%C3%A4tigkeitsbericht-Internet.pdf#page=123, S. 119.