Vor drei Wochen erstattete das Amt für Verfassungsschutz Anzeige wegen Landesverrats. Hintergrund der Anzeige war die Veröffentlichung eines als Verschlusssache gekennzeichneten und vertraulich eingestuften Berichts. Darin ging es um die Pläne des Verfassungsschutzes, Aktivitäten von Extremisten künftig durch den Aufbau einer Einheit zur Überwachung des Internets besser analysieren zu können. Gestern Abend wurde bekannt, dass die Bundesanwaltschaft Ermittlungsverfahren gegen zwei Redakteure des bekannten Blogs netzpolitik.org als Beschuldigte eingeleitet hat.
Bei aller Vorsicht – es gilt der Amtsermittlungsgrundsatz – überrascht die Meldung und der Ermittlungseifer der Bundesanwaltschaft: Während sich die Ermittlungen bei der massenhaften Überwachung durch in- und ausländische Geheim- und Nachrichtendienste im überschaubaren Rahmen halten, ermittelt die Bundesanwaltschaft nunmehr gegenüber Journalisten mit Nachdruck.
Die Schieflage des Aufklärungsinteresses hinterlässt einen schalen Beigeschmack. Der Quellenschutz der freien Presse als „vierte Gewalt“ und das Vertrauen in diesen Schutz ist ein rechtsstaatlich extrem hohes Gut. Sollte aber gegen die Redakteure bei den bekannt hohen Tatbestandsvoraussetzungen des Geheimnisverrats tatsächlich Anklage erhoben werden, wäre dies eine politische und juristische Zäsur – der Spiegel-Skandal aus den 60er Jahren lässt grüßen.
Es bleibt zu hoffen, dass sich Redakteure wie Markus Beckedahl von den Ermittlungen nicht einschüchtern lassen. Eine freie Gesellschaft braucht investigativen Journalismus … und Datenschützer brauchen ihn auch!