Der Oberste Gerichtshof (OGH) in Österreich hat im Februar ein spannendes zivilrechtliches Urteil (OGH 6 Ob 127/20z (18.02.2021)) gefällt, welches sich auch – wenn auch indirekt – mit der Frage: „Was sind personenbezogenen Daten?“ beschäftigte. In dem Urteil selbst wurde mangels Beantragung kein Schadenersatz zugesprochen. Gegenstand war eine Behauptung der Verletzung des Persönlichkeitsrechts auf Datenschutz wegen der Verneinung von Auskunftsrechten und Beseitigungsansprüchen.
Zum Verfahrensgang
Der spätere Kläger hatte im ersten Schritt ein Auskunftsersuchen nach Art. 15 DSGVO gestellt. Er erhielt folgende Auskunft über seine verarbeiteten personenbezogenen Daten, welche ihm über ein Marketinganalyseverfahren zugeschrieben wurden:
- Telefonnummer,
- Akademiker,
- bioaffin,
- Nachtschwärmer,
- Heimwerker,
- investmentaffin,
- Lebensphase (Shop),
- distanzhandelsaffin,
- Paketfrequenz,
- Paketrecency,
- Anzahl der Pakete pro Jahr,
- Anzahl der Wochen pro Jahr, in der man Pakete bekommt,
- Versandhandelskäufer und
- Anzahl der Pakete im Zeitraum von 6 bis 12 Monaten gespeichert.
Der Kläger hat daraufhin gemäß § 29 Abs. 1 Datenschutzgesetz (DSG) eine Schadenersatzklage eingebracht.
Zum Hintergrund
Bei der Beklagten handelt es sich um ein Logistik- und Postdienstleistungsunternehmen, welches auch über eine Gewerbeberechtigung als „Adressenverlag und Direktwerbeunternehmen“ verfügt. Adressverlage und Direktwerbeunternehmen dürfen durch Marketinganalyseverfahren erhobene Marketinginformationen und -klassifikationen auch namentlich bestimmten Personen zuschreiben und diese Marketinggruppen für Marketingzwecke verwenden und unter bestimmten Voraussetzungen an Dritte übermitteln (§ 151 Gewerbeordnung Österreich).
Affinitäten als personenbezogene Daten
Die obigen Affinitäten wurden dem Kläger lediglich aufgrund von Marketing-Analyseverfahren zugeschrieben. Der eigentliche Aussagegehalt etwa des Attributs „investmentaffin“ war daher nicht, dass damit über eine bestimmte Person Daten über deren Finanzgebarung erhoben und bewertet würden, sondern lediglich, dass diese Person aufgrund bestimmter soziodemographischer Umstände (Alter, Wohnort, Bildungsgrad udgl) einer Marketinggruppe zugeordnet wurde, hinsichtlich der das Vorliegen des Attributs (investmentaffin) mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit angenommen worden sei. Das bedeutet, dass das Attribut im konkreten schwach oder sogar gar nicht ausgeprägt sein muss, die betroffene Person sogar investmentavers gewesen sein könnte und dennoch die Zuordnung zur Marketinggruppe als solcher statisch richtig vorgenommen wurde.
Ergebnis
Die erfassten Daten sind trotz ihrer Ermittlung aufgrund statistischer Wahrscheinlichkeiten nach Ansicht des OGH personenbezogen bzw. personenbeziehbar, sodass die DSGVO ihre Anwendung findet.