„App-Tracking erlauben?“ – „Nicht erlauben“? Das ist seit dem iOS-Update 14.5 die Gretchenfrage an alle diejenigen, die mit iPhones ihr digitales Leben meistern. Apple hat mit der schon lange angekündigten Zäsur ernst gemacht und gibt Nutzern tatsächlich in nennenswertem Umfang das zurück, was das Bundesverfassungsgericht 1983 bereits als Ziel des Datenschutzes postuliert hat: Dass Betroffene (nach Möglichkeit) selbst über die Verarbeitung ihrer Daten entscheiden.

Zugegeben: Ein launiger Bogen, der geschlagen wird vom Frühling 2021 zurück ins Jahr 1983 (als Filme wie „Rückkehr der Jedi-Ritter“, „Flashdance“, „Octopussy“ aber auch „Die Supernasen“ in deutschen Kinos erfolgreich waren). Aber aus meiner Sicht sinnvoll, da damals mit dem Volkszählungsurteil tatsächlich die Grundlage für das „moderne“ Datenschutzrecht gelegt wurde – und wie man sieht, bis heute nicht „old school“ ist. Im Gegenteil – man sieht, dass nun tatsächlich von den ganz großen „Techies“ Datenschutz als Wettbewerbsvorteil verkauft wird. Einige wenige Produkte haben tatsächlich mit diesem Anspruch Wettbewerbsvorteile erlangt – aber: seien wir ehrlich, so richtig durchgestartet war das auf breiter Ebene nicht.

It’s Showtime!

Nun also, nicht erst seit diesem Update, sondern eigentlich schon in den letzten Jahren: Apple. Und in der anderen Ecke des Rings, in der Klasse „Superschwergewicht“: Facebook. „Let´s get ready to rrrrrrrrrrrumble!!! “

Der Beginn des „echten“ Streits zwischen den beiden Big Playern begann übrigens zu der Zeit, als bei Facebook der Cambridge Analytica Skandal bekannt und Tim Cook gefragt wurde, wie er (anstelle von Marc Zuckerberg) in dieser Situation reagieren würde. Und Cook nur ganz trocken antwortete: „I woulnd´t be in this situation“. Tja, da war es dann aus mit der guten Laune bei den Zuckerbergs. Und seitdem reitet Apple mehr oder weniger intensiv auf der Datenschutz-Welle.

Natürlich wird das Unternehmen damit nicht zum Philanthropen unter den Big 5. Wir alle wissen um die Problematik, dass Apple mit geschickter Verlagerung von Gewinnen fast keine Steuern zahlt – zumindest nicht in den Ländern, in denen die Gewinne entstehen – und auch in anderen Bereichen kein Vorzeige-Unternehmen ist, man braucht hier nur den „Gehorsam“ gegenüber Anforderungen der chinesischen Regierung zu erwähnen. Geschäft geht auch bei Apple vor allem anderen, also einer gerechten Steuermoral, Menschenrechten… so‘n Zeug eben. Und das aktuell von Epic Games in Kalifornien angestrengte Kartellverfahren, welches sich gegen die Rahmenbedingungen des App-Store-Universums richtet, zeigt dieses Prinzip nochmal überdeutlich. Aber wir sind hier ja in einem Datenschutz-Blog und wollen jetzt nicht die ganze Welt retten. Heute jedenfalls noch nicht. Daher muss man aus unserer Sicht den Zug von Apple loben. Datenschutz wird hiermit tatsächlich in großem Umfang weitergebracht. Und eine entsprechende Sensibilisierung erfolgt gleichzeitig – ich denke, dass vielen Nutzern zumindest nicht in dem Umfang klar war, wie sie App-übergreifend getrackt wurden bzw. werden. Eine vage Vorstellung haben mittlerweile sicher auch Laien, aber wie die Tracking-Zahnräder unter der Haube ineinandergreifen – das dürfte nun für viele dennoch neu sein.

Ob man auf der anderen Seite Tränen für das Geschäftsmodell von Facebook verdrücken muss, sei allen freigestellt.

Missbraucht Apple seine Marktmacht?

Interessant ist allerdings über den bekannten Streit der beiden Großen hinaus, dass sich nun verschiedene deutsche Verbände von Medienunternehmen, Zeitschriften, Zeitungsverlage und Werbetreibende mit einer Beschwerde gegen das Upate 14.5 von Apple an das Bundeskartellamt in Bonn gewandt haben. Apple missbrauche seine Marktmacht, faktisch alle Wettbewerber würden von der Verarbeitung kommerziell relevanter Daten in der Apple-Welt ausgeschlossen, so eines der zentralen Argumente. Und: Apple nehme seine eigenen Dienste von der Änderung aus – könne also weiterhin Nutzerdaten sammeln und verwerten.

Die Beschwerde beim Bundeskartellamt macht deutlich, dass nicht nur die ganz Großen von der Änderung betroffen sind, sondern auch die (Online-) Zeitung vor Ort. Und, dass das Tracking Grundlage vieler Geschäftsmodelle von Unternehmen ist, welche einem, wenn man schon Facebook nicht mag, doch sympathisch sind und von denen man möchte, dass auch diese weiterhin existieren. Eine schwierige Abwägung also, zwischen persönlichem Datenschutz und Medienvielfalt, wenn man es denn so zuspitzen möchte. Und da komme auch ich als Datenschützer in Abwägungsnot.

Vielleicht liegt die Lösung in einer überlegten Tracking-Einwilligung. Apps und Anbietern, von denen man meint, dass sie – anders vielleicht als Facebook – zwingend auf das Werbegeschäft angewiesen sind, und die zur Medienvielfalt (nach rein subjektiver Einschätzung) beitragen, kann man das Tracking erlauben. Man macht es dann überlegt und informiert. Anderen … erlaubt man es nicht.

So gut eine solche Wahlmöglichkeit ist – sie berücksichtigt leider zurzeit noch nicht die Android-Nutzer. Und die sind zahlenmäßig noch weit, weit in der Mehrzahl. Also noch kein Grund, bei Facebook Trauer zu tragen.