Gibt es in einem Unternehmen einen Betriebsrat, muss der Arbeitgeber diesen gemäß § 102 Abs. 1 S. 1, 2 BetrVG vor Ausspruch einer Kündigung anhören und ihm die wesentlichen Kündigungsgründe mitteilen. In der Praxis sorgt dies gerade bei krankheitsbedingten Kündigungen immer wieder für Unsicherheiten auf Arbeitgeberseite. Die Frage hierbei ist: Welche personenbezogenen Daten muss und darf der Arbeitgeber dem Betriebsrat im Rahmen der Anhörung mitteilen?
Beteiligung des Betriebsrates im Betrieblichen Eingliederungsmanagement
Besonders relevant ist diese Frage im Hinblick auf die Inhalte eines zuvor durchgeführten Betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM). Wird das BEM datenschutzkonform durchgeführt, darf der Betriebsrat an den BEM- Gesprächen nur beteiligt werden, wenn der betroffene Mitarbeiter der Beteiligung des Betriebsrates zuvor ausdrücklich zugestimmt hat. Der Betriebsrat muss nach Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zur Ausübung seiner Überwachungs- und Kontrollpflicht zwar Kenntnis davon haben, welchem Mitarbeiter ein BEM angeboten wurde (1 ABR 46/10). Nicht umfasst sei hiervon indes die verpflichtende Beteiligung des Betriebsrats an den inhaltlichen Gesprächen (1 ABR 14/14), sodann an der Verarbeitung weiterer Gesundheitsdaten.
Auswirkungen auf die Anhörung nach § 102 BetrVG
Es stellt sich demnach die Frage: Wenn die Bekanntgabe von Gesundheitsdaten im BEM (mit Ausnahme der Krankheitszeiten) gegenüber dem Betriebsrat nur auf für den Betroffenen freiwilliger Basis möglich ist, wie wirkt sich dies auf die Anhörung nach § 102 BetrVG aus? Immerhin ist die Vertraulichkeit in datenschutzrechtlicher Hinsicht das wesentliche Kriterium des BEM.
Nach einem Urteil des BAG aus dem Jahr 1983 (Az.: 2 AZR 347/82) ist dem Betriebsrat im Rahmen der Anhörung zumindest die Art der Erkrankung mitzuteilen. Dies erscheint aus hiesiger Ansicht nachvollziehbar: Anderenfalls könnte der Betriebsrat keine weiteren Maßnahmen vorschlagen und auch sonst nicht effektiv auf den Arbeitgeber einwirken, um den Arbeitsplatz des betroffenen Mitarbeiters doch noch zu erhalten.
Die Aufsichtsbehörde Nordrhein- Westfalen hat sich in ihrem aktuellen Tätigkeitsbericht (27. Bericht 2022) aufgrund einer entsprechenden Anfrage eines Betriebsrates ebenfalls mit der oben genannten Frage auseinandergesetzt. In dem Fall war der Arbeitgeber der Auffassung, er müsse dem Betriebsrat im Rahmen der Anhörung u. a. Inhalte aus BEM- Protokollen zur Verfügung stellen, die Angaben zu krankheitsbedingten Fehltagen, eine Fehlzeitenquote sowie Gesundheitsdaten z. B. bzgl. psychischer Probleme oder Rückenproblemen enthielten. Die Aufsichtsbehörde vertrat die Ansicht, dass der Arbeitgeber neben den Sozialdaten der betroffenen Beschäftigten Informationen zu krankheitsbedingten Fehlzeiten, den hierdurch verursachten Kosten sowie zur Prognose einer Erkrankung verarbeiten und an den Betriebsrat weitergeben darf. Nicht weitergegeben werden dürfen indes weitergehende Angaben zur Gesundheit der Betroffenen, weswegen die Aufsichtsbehörde letztlich ein Bußgeld gegen den Arbeitgeber verhängte.
Fazit: Ein Licht im Dunkeln ist noch nicht so recht zu finden
Im Ergebnis ist die Aussage der Aufsichtsbehörde zu einigen Punkten recht schwammig. Unklar bleibt insbesondere, welche Gesundheitsdaten zu dem Punkt „Prognose einer Erkrankung“ gehören und somit dem Betriebsrat noch mitgeteilt werden dürfen und welche nicht mehr. Deutlich wird aber jedenfalls, dass dem Betriebsrat kein Zugriff auf die BEM-Akte gewährt werden darf, da die Akte regelmäßig mehr Daten enthält, als für die Anhörung nach § 102 BetrVG erforderlich sind.