Der Umgang mit Unterlagen zur arbeitsmedizinischen Vorsorge ist sehr komplex. Zuletzt hatten wir uns mit der Aufbewahrung dieser Unterlagen beschäftigt (siehe unseren Beitrag hier) und hierzu interessante Kommentare erhalten.

Einer betraf den Versand der Vorsorgebescheinigungen, verbunden mit der Frage, ob es hierzu Vorgaben gibt, da sich wohl der Versand der Bescheinigungen per E-Mail durchzusetzen scheint.

Gibt es gesetzliche Vorgaben zum Versand von Bescheinigungen zur arbeitsmedizinischen Vorsorge?

Eine solche gesetzliche Vorgaben gibt es nicht. Es bestehen eine Vielzahl sogenannter Arbeitsmedizinischer Regeln (AMR), die beispielsweise mit der AMR Nr. 6.1 die Fristen für die Aufbewahrung ärztlicher Unterlagen oder mit der AMR Nr. 6.3 die Vorsorgebescheinigung regeln.

Letztgenannte hält auch ein Muster einer Vorsorgebescheinigung bereit.

Dort ist unter anderem auch die Privatanschrift der untersuchten Person sowie des Arbeitgebers einzutragen:

Adressfeld einer Vorsorgebescheiningung Arbeitsmedizische Untersuchung

Daraus kann abgeleitet werden, dass wenn der/die Ärzt*in die Postanschriften erhält und diese auf der Bescheinigung eintragen soll, dass die Bescheinigung auch per Post zu verschicken ist.

Versand per E-Mail?

Ökonomischer und ökologischer ist es, die Vorsorgebescheinigung per E-Mail zu versenden. Da in der Vorsorgebescheinigung der Anlass der Vorsorge anzugeben ist, können jedenfalls bei bestimmten Pflichtvorsorgen besondere Kategorien personenbezogener Daten (Gesundheitsdaten) betroffen sein (z. B.: Tätigkeiten mit Exposition gegenüber einem krebserzeugender oder keimzellmutagenen Stoff oder einem krebserzeugenden/keimzellmutagenen Gemisch).

In diesem Fall (Verarbeitung von Gesundheitsdaten) ist der Versand der Vorsorgebescheinigung per E-Mail kritisch. Nach Auffassung der Landesdatenschutzbeauftragten muss sichergestellt werden, dass die E-Mail beim tatsächlichen Empfänger eingeht und unbefugte Personen keine Möglichkeit eines Zugriffs auf die Kommunikation haben. Insofern reicht eine TLS-Verschlüsselung nicht aus, da bei einer Fehleingabe der E-Mail-Adresse oder bei einem Abfangen der E-Mails eine Kenntnisnahme durch Unbefugte möglich ist. Unproblematisch wäre hingegen der Versand bei einer Ende-zu-Ende-Verschlüsselung. Bei dieser kann nur der tatsächliche Adressat die Mail öffnen. Diese Art der Verschlüsselung erfordert jedoch ein gesteigertes technisches Grundverständnis und einen erheblichen Verwaltungsaufwand auf Seiten der Betriebsärzt*innen. Dieser dürfte sogar höher sein, als beim Versand per Briefpost.

Um den Aufwand der Ende-zu-Ende-Verschlüsselung zu umgehen, wäre es denkbar, dass die untersuchten Personen in den Versand der Vorsorgebescheinigung per E-Mail einwilligen und dabei gleichzeitig den Verzicht auf die Gewährleistung eines angemessenen Schutzniveaus durch den Versender erklären. Ob dies möglich ist, ist jedoch hochumstritten. Den aktuellen Stand der Diskussion finden Sie unter hier.

Alternativ wäre, jedenfalls bzgl. des Arbeitgebers an die Nutzung einer selbstgehosteten Cloud-Lösung zu denken, bei der sich der Arbeitnehmer seine Dokumente herunterladen kann. Aber auch hier dürfte der Verwaltungsaufwand sehr hoch sein, da für jede Person Downloadlinks erstellt und per E-Mail zu versenden sind.

Fazit

An den Versand von Vorsorgebescheinigungen sind keine speziellen Anforderungen geknüpft, sodass auch ein elektronischer Versand möglich ist. Dieser erfordert jedoch erhebliche technische Schutzmaßnahmen, sodass der Postversand im Hinblick auf den Mehraufwand alternativlos erscheint.