Je nach beruflicher Tätigkeit ist der Arbeitgeber verpflichtet, arbeitsmedizinische Vorsorgen durchzuführen (Pflichtvorsorgen), anzubieten (Angebotsvorsogen) oder zu ermöglichen (Wunschvorsorgen). Damit geht auch eine Dokumentationspflicht einher. Diese obliegt nicht ausschließlich den Arbeitgebern, sondern auch den Betriebsärzt*innen, die solche Vorsorgen durchführen. Die rechtlichen Grundlagen für die Dokumentation finden sich in der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV).
Was hat der Arbeitgeber zu dokumentieren?
Der Arbeitgeber hat eine Vorsorgekartei zu führen (§ 3 Abs. 4 ArbMedVV). In dieser ist zu dokumentieren, dass, wann und aus welchen Anlässen arbeitsmedizinische Vorsorgen stattgefunden haben. Berufsgenossenschaften stellen hierzu ein Formblatt zur Verfügung (z. B. hier auf der Website der BGW).
Die Aufbewahrungsfristen für die Vorsorgekartei sind kurz bemessen. Nach § 3 Abs. 4 S. 1 ArbMedVV sind die Angaben bis zur Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses aufzubewahren und anschließend zu löschen. Eine Ausnahme von der unverzüglichen Löschung besteht nur, wenn Rechtsvorschriften oder die nach § 9 Abs. 4 ArbMedVV vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) im Gemeinsamen Ministerialblatt (GMBl.) bekannt gegebenen Regeln etwas anderes bestimmen.
Was haben Betriebsärzt*innen zu dokumentieren?
Die Dokumentationsregeln des Arbeitgebers gelten für Betriebsärzt*innen nicht. Gerade bei Pflichtvorsorgen, die immer dann vorzunehmen sind, wenn die betroffene Person einer besonderen Gefährdung ausgesetzt ist, muss eine längerfristige Dokumentation erfolgen. Für diesen Fall wurde auf Grundlage der oben genannten Regelung des § 9 Abs. 4 ArbMedVV die arbeitsmedizinische Regelung „6.1 Fristen für die Aufbewahrung ärztlicher Unterlagen“ erlassen. Danach haben die durchführenden Ärzt*innen folgende Aufbewahrungsfristen bei arbeitsmedizinischen Vorsorgen zu beachten:
- ärztliche Unterlagen zur arbeitsmedizinischen Vorsorge nach ArbMedVV sind mindestens 40 Jahre nach der letzten Vorsorge aufzubewahren, soweit sie Tätigkeiten mit krebserzeugenden oder erbgutverändernden Stoffen oder Zubereitungen der Kategorie K 1 oder K 2 im Sinne der Gefahrstoffverordnung betreffen
- bei Tätigkeiten, die zu Berufskrankheiten gemäß Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) führen und eine längere Latenzzeit haben können, sind die ärztlichen Unterlagen von arbeitsmedizinischer Vorsorge nach ArbMedVV ebenfalls 40 Jahre aufzubewahren – dies gilt sowohl für Pflicht-, Angebots- und Wunschvorsorgen
- für alle übrigen Fälle gilt eine Aufbewahrungszeit von zehn Jahren nach der letzten arbeitsmedizinischen Vorsorge
- ist der Zeitpunkt des Bestehens der letzten Gefährdung bekannt, endet die Aufbewahrungspflicht spätestens am 31.12. des 40. Jahres danach oder zehn Jahre nach dem Tod des Beschäftigten
Nico
17. April 2024 @ 8:54
Hallo Hr. Dr. Ertel,
gibt es Vorgaben zum Versand der Vorsorgebescheinigungen? Im Netz ist dazu nichts zu finden. In der Praxis setzt sich nach und nach der Emailversand der Bescheinigungen durch. Ob dies zulässig ist, konnte mir bisher niemand bestätigen.
Beste Grüße
Nico
Blogredaktion
17. April 2024 @ 15:33
Hallo Nico,
vielen Dank für Ihren Kommentar und Ihre Frage. Wir werden diese morgen in einem Beitrag beantworten.
Mit freundlichen Grüßen
Ihre Blogredaktion
Jana
12. März 2024 @ 10:19
AMR6.1 Punkt 2 Absatz 4 gehört eine Kopie der Vorsorgebescheinigung zu den ärztlichen Unterlagen. Somit wäre m. E. die Aufbefahrungsfrist bei 10 Jahren nach der letzten Vorsorge bzw. bei 40 Jahren bei Tätigkeiten mit krebserzeugenden oder erbgutverändernden Stoffen oder Zubereitungen der Kategorie K 1 oder K 2 im Sinne der Gefahrstoffverordnung bzw. bei Berufskrankheiten mit längerer Latenzzeit.
Andreas
5. Februar 2024 @ 14:40
Der Arbeitgeber erhält ja nach der Vorsorgeuntersuchung, wie auch der Beschäftigte, nach AMR 6.3 Kap. 1 (1) eine Vorsorgebescheinigung.
Diese gehört als ärztliche Unterlage nicht zur Vorsorgekartei. Stellt sich die Frage, muss die Vorsorgebescheinigung dann in der Personalakte aufbewahrt werden? Und gilt dann abweichend doch eine andere Aufbewahrungsfrist, nämlich die nach AMR 6.1., also max. 40 Jahre?
Dr. Sebastian Ertel
5. Februar 2024 @ 21:53
Guten Abend Andreas,
vielen Dank für die interessante Nachfrage. Die angesprochene AMR 6.3 regelt die Vorsorgebescheinigung. Nach Kapitel 1.1 wird mit der Vorsorgebescheinigung die Teilnahme an einer arbeitsmedizinischen Vorsorge bestätigt. Empfänger der Vorsorgebescheinigung sind der oder die an der Vorsorge teilnehmende Beschäftigte sowie der Arbeitgeber. Die Vorsorgebescheinigung enthält alle erforderlichen Angaben für die vom Arbeitgeber nach § 3 Absatz 4 ArbMedVV zu führende Vorsorgekartei.
Der letzte Satz ist maßgeblich. Der Arbeitgeber führt mithilfe der Vorsorgebescheinigung die Vorsorgekartei. Daraus lässt sich ableiten, dass die Vorsorgebescheinigung ihre Funktion erfüllt hat, wenn die Daten in die Vorsorgekartei übertragen wurden. Nach der Übertragung bedarf es der Vorsorgebescheinigung nicht mehr, sodass diese vernichtet werden kann. Sofern man die unverzügliche Vernichtung nicht mitgehen will, ist eine Vernichtung spätestens dann vorzunehmen, wenn die Vorsorgekartei zu vernichten ist (Zeitpunkt der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses). Wird die Vorsorgebescheinigung nicht unverzüglich nach der Datenübertragung in die Vorsorgekartei gelöscht, sollte diese bei der Person, die für die Koordinierung der Vorsorgen und das Führen der Vorsorgekartei zuständig ist, verwahrt werden, damit eine gemeinsame Vernichtung erfolgen kann.