Eigentlich ist bis auf die noch nicht bekannten Spielergebnisse bei der diesjährigen Winter-Fußballweltmeisterschaft schon alles gesagt und diskutiert worden. Von den Arbeitsbedingungen auf den Baustellen, bis hin zu den Menschenrechten und dem geheimen und undurchsichtigen Vergabefahren. Aber erst jetzt wird bekannt, unter welchen Bedingungen Besucher der Weltmeisterschaft überhaupt die Spiele sehen können. Und die haben es in sich! Selbst Amnesty International warnt vor den Voraussetzungen: Sie sei „menschenrechtlich problematisch bis gefährlich in Bezug auf willkürliche Überwachung und Verletzungen von Privatsphäre sowie Datenschutz“.

Zwangsnutzung bestimmter Apps

Um in den Genuss der Fußballspiele vor Ort zu kommen, müssen Besucher zwei Apps auf Ihren Smartphones installieren. Bei den beiden Apps handelt es sich um „Ehteraz“ und „Hayya to Quatar“.

EHTERAZ

Ehteraz ist eine Covid-App, die sich alle Besucher im Alter von über 18 Jahren bei der Einreise nach Katar downloaden müssen. Offiziell dient sie der Kontaktnachverfolgung zur Eindämmung der Corona-Pandemie – allerdings erhält die WM-App zahlreiche Zugriffsrechte auf das Smartphone der Nutzer, die nicht konfiguriert werden können. Hierzu zählt das Lesen, Löschen und Ändern sämtlicher Inhalte auf dem eigenen Smartphone, der Aufbau einer Bluetooth- und WiFi-Verbindung, das Überschreiben anderer Anwendungen sowie die Blockade des Schlafmodus. Ein IT-Security-Experte des norwegischen Senders NRK, die die Apps technisch analysiert haben, schlägt vor allem hinsichtlich der weitreichenden Zugriffsrechte auf die Standortdaten der Nutzer Alarm. Die App könne auf den Standort des Handys zugreifen, sogar Anrufe tätigen und die Bildschirmsperre außer Kraft setzen.

HAYYA TO QUATAR

Bei Hayya to Qatar 2022 handelt es sich um die offizielle WM-App, mit der Benutzer die Hayya Card verwalten können. Diese ist für die Einreise nach Katar, den Stadionbesuch sowie die Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel notwendig. Auch wenn die Zugriffsberechtigungen hier weniger weitreichend sind, ist die Hayya App äußerst kritisch zu bewerten. Der Vorwurf: Sie verlange den Zugriff auf den genauen Standort und die Freigabe der persönlichen Daten – nahezu ohne Einschränkungen. Zudem könne sie verhindern, dass das Smartphone in den Ruhezustand geht und Netzwerkverbindungen des Geräts abfragen. Eine weitere Überprüfung durch die NGO Firma Mnemonic bestätigt die Ergebnisse und identifiziert darüber hinaus bei der Android-Version der Hayya App den Einsatz diverser Tracking-Tools wie Google Firebase Analytics und die Abfrage von Datenbanken wie SMS und Kontakte.

Besucher, die die Apps auf ihr Smartphone herunterladen, akzeptieren die Nutzungsbedingungen der beiden WM-Apps. Sie können den Zugriffsrechten nicht widersprechen, auch nicht teilweise, da diesen nur im vollen Umfang zugestimmt werden kann. Wer die Apps nutzt, bringt den App-Herstellern viel Vertrauen entgegen – was angesichts der umstrittenen Menschenrechtslage in dem Land mit gutem Gewissen nicht möglich ist. Die Gefahr besteht, dass die Daten in den WM-Apps von den Sicherheitsbehörden für andere Zwecke genutzt werden. Besuchern ist zwingend zu empfehlen, ein Zweithandy zu nutzen, auf dem lediglich die beiden Anwendungen installiert sind. Die FIFA hat sich zu den geäußerten Sicherheitsbedenken bisher noch nicht geäußert.

Es ist wohl müßig darüber zu diskutieren, ob die DSGVO nach Art. 3 Abs. 2 lit. a DSGVO auch hier Anwendung finden könnte um hier effektiv Abhilfe zu leisten. Eine der hier auftretenden Problematiken ist, ob das sog. Marktortprinzip der DSGVO auch dann gilt, wenn ein EU Bürger die Apps lädt, die auch innerhalb der EU mit entsprechenden Diensten angeboten werden und ein Datentransfer dann erst innerhalb des Drittstaates stattfindet. Insoweit ist der Wortlaut der DSGVO eindeutig, der die Anwendung des Schutzes der DSGVO auf Personen beschränkt, die „sich in der Union befinden“ (Art. 2 Abs. 2 DSGVO). Die einschlägige Kommentarliteratur macht auch für nur kurze Aufenthalte außerhalb der EU keine Ausnahme. Findet ein Datentransfer dagegen schon nach dem Herunterladen der App innerhalb der EU statt, dürfte zumindest die Durchsetzbarkeit möglicher Ansprüche an den tatsächlichen Gegebenheiten scheitern.