Mit Beschluss vom 23.01.2024 (Az.: II ZB 7/23) hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dass der Geschäftsführer einer GmbH keinen Anspruch aus Art. 17 Abs. 1 DSGVO auf Löschung seines Geburtsdatums und seines Wohnorts im Handelsregister hat.

Was war geschehen?

Der Antragsteller ist Geschäftsführer einer GmbH und als solcher seit September 2012 mit seinem Geburtsdatum und dem bei der Anmeldung angegebenen Wohnort im Handelsregister eingetragen. Dies resultiert aus einer Pflicht des Geschäftsführers aus dem HGB, d. h. die Bestellung des Geschäftsführers ist von der Geschäftsführung in notarieller Form beim Handelsregister zur Eintragung anzumelden. 2022 hat der Geschäftsführer dann beantragt, die beiden Daten „Geburtsdatum“ und „Wohnort“ aus dem Handelsregister zu entfernen. Hilfsweise wurde beantragt, dass eine Übermittlung dieser Daten aus dem Handelsregister an Dritte erst nach einer Interessenabwägung erfolge. Dies wurde damit begründet, dass seine berufliche Tätigkeit den Umgang mit Sprengstoff beinhaltet. Der Antragsteller argumentierte, es bestehe die Gefahr, Opfer einer Entführung oder eines Raubes zu werden, um an die von ihm verwendeten Stoffe zu erlangen. Mit beiden Anträgen hatte er keinen Erfolg.

Begründung des Gerichts

Ein Anspruch auf Entfernung der Angaben „Geburtsdatum“ und „Wohnort“ aus seiner Eintragung als GmbH-Geschäftsführer im Handelsregister ergibt sich weder aus der DSGVO noch aus nationalem Recht. Im Folgenden beleuchten wir ausschließlich die datenschutzrechtliche Seite dieses Falls.

Die Betroffenenrechte, zu denen auch das Recht auf Löschung (Art. 17 DSGVO), gehört, gelten nicht uneingeschränkt. Das bedeutet, dass diese Ansprüche auch eingeschränkt oder ausgeschlossen werden können. Das Recht auf Schutz der personenbezogenen Daten muss im Hinblick auf seine gesellschaftliche Funktion gesehen und unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsprinzips gegen andere Grundrechte abgewogen werden.

Art. 17 DSGVO

Ein Anspruch auf Löschung der Daten aus Art. 17 Abs. 1, 2 DSGVO sei nach Art. 17 Abs. 3 lit. b DSGVO ausgeschlossen, weil dem eine Verpflichtung des Registergerichts zur Verarbeitung der Daten entgegenstehe: „[…] die Eintragung, Speicherung und Offenlegung des Geburtsdatums und des Wohnorts eines Antragstellers als GmbH-Geschäftsführers im Handelsregister [ist] zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung des Registergerichts im Sinne dieser Vorschrift [gemeint ist Art. 17 Abs. 3 lit. b DSGVO, Anm. d. Verf.] erforderlich […].“ (Rn. 17 im Beschluss)

Das gilt nicht nur für die Eintragung und Speicherung der Daten, sondern auch für ihre Offenlegung über das im Internet gemäß § 9 Abs. 1 Satz 4 HGB eingerichtete zentrale Registerportal (www.handelsregister.de), weil das Registergericht mit der Eintragung und Übermittlung der Daten an den Betreiber des Registerportals darüber entscheidet, welche Daten dort abrufbar sind. An dieser Stelle sei erwähnt, dass es auch Kritik am Online-Handelsregister gibt (wir berichteten).

Art. 18 DSGVO

Der Anspruch auf Einschränkung der Verarbeitung nach Art. 18 Abs. 1 lit. d DSGVO wurde ebenfalls abgelehnt, da § 10a Abs. 3 HGB entgegenstehe. In diesem Paragraf heißt es: „Das Widerspruchsrecht gemäß Artikel 21 der Verordnung (EU) 2016/679 findet in Bezug auf die im Handelsregister, in Registerbekanntmachungen oder in zum Handelsregister einzureichenden Dokumenten enthaltenen personenbezogenen Daten keine Anwendung.“

Allerdings können nur Normen auf nationaler Ebene, die den Normen auf EU-Ebene nachgelagert sind, Anwendung finden, wenn diese mit Verfassungs- und Europarecht vereinbar sind. Hieran zweifelte das Gericht jedoch nicht, sondern führte aus, dass die Einschränkung der Rechte aus Art. 21 DSGVO von Art. 23 Abs. 1 lit. e DSGVO gedeckt seien.

Die vom Antragsteller angeführte Befürchtung einer Entführung kann in vergleichbarer Weise bei einer Vielzahl von anderen beruflichen Tätigkeiten gegeben sein, wie etwa bei einem beruflichen Umgang mit anderen gefährlichen Stoffen oder mit wertvollen Vermögensgegenständen. Der BGH führte an, würde man Ausnahmen bereits aufgrund dieser damit generell verbundenen Gefährdung ermöglichen, wäre die im öffentlichen Interesse liegende Publizitäts- und Informationsfunktion des Handelsregisters nicht mehr ausreichend gewährleistet. Es konnten somit keine Anhaltspunkte für eine konkrete Gefährdung des Antragstellers festgestellt werden, die eine Ausnahme im Einzelfall rechtfertigen würden.

Art. 21 DSGVO

Auch das Widerspruchsrecht nach Art. 21 Abs. 1 DSGVO wurde abgelehnt. Der Betroffene kann hiernach der Verarbeitung widersprechen, wenn Gründe bestehen, „die sich aus ihrer besonderen Situation ergeben“. Das Gericht begründete die Ablehnung so: „Dass das Interesse des Antragstellers an der Geheimhaltung seines Geburtsdatums und seines Wohnorts das öffentliche Interesse an der Führung eines funktionsfähigen und verlässlichen Handelsregisters zur Gewährleistung der Sicherheit und Leichtigkeit des Rechtsverkehrs überwiege, sei weder hinreichend vorgetragen noch ersichtlich.“ (Rn. 7 im Beschluss)

Hinzukommt, dass die Rechtsgrundlage hier in Art. 6 Abs. 1 lit. c und nicht in lit. e oder f DSGVO zu finden ist.

Hintergrund

Gemäß §§ 7, 8 GmbHG ist die Gesellschaft zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden und die Legitimation der Geschäftsführer beizufügen. In der Anmeldung ist auch das Geburtsdatum des Geschäftsführers anzugeben, was aus § 24 Abs. 1 HRV resultiert. Eine ausdrücklich normierte Pflicht zur Angabe des Wohnorts des Geschäftsführers bei der Anmeldung besteht nicht, ist aber jedenfalls gewohnheitsrechtlich begründet und entspricht langjähriger ständiger Praxis. (Hinweis: Mit dem Wohnort wird nicht die vollständige Privatanschrift preisgegeben, sondern lediglich eine örtliche Eingrenzung vorgenommen.)

Das Registergericht ist also verpflichtet, bei der Eintragung einer GmbH in das Handelsregister neben dem Familiennamen und Vornamen das Geburtsdatum und den Wohnort des Geschäftsführers dauerhaft einzutragen und die Einsichtnahme jedem zu Informationszwecken zu gestatten, ohne dass es der Darlegung eines berechtigten Interesses bedarf. Hierbei stehen dem Registergericht weder ein Beurteilungsspielraum noch ein Ermessen zu, sodass es im Einzelfall entscheiden könnte, sondern diese Einsichtnahme ist stets zu gewähren. Der Sinn und Zweck des Handelsregisters ist es, es der Öffentlichkeit zu ermöglichen, sich über die Rechtsverhältnisse von Kaufleuten und Gesellschaften zu informieren, sowie die Umstände zu verlautbaren, die für den Rechtsverkehr von erheblicher Bedeutung sind.

Hintertürchen?

Und was macht der Antragssteller nun? Ein vermeintliches Hintertürchen hat der BGH ihm geöffnet: „Die Veränderlichkeit des Wohnorts spricht auch dann nicht dagegen, wenn man den Wechsel des Wohnorts nicht für anmeldepflichtig hält, weil jedenfalls die Wegzugsmeldebehörde über die aktuelle Anschrift verfügt […].“ (Rn. 46 im Beschluss)

Es könnte also vertreten werden, dass der Antragssteller umzieht, ohne diesen Umzug in das Handelsregister einzutragen, oder …? Was ihn außerdem noch beruhigen könnte: Bei der Suche im Online-Portal ist technisch sicherzustellen, dass keine gezielte Suche nach natürlichen Personen möglich ist und die Einsicht von Daten aus dem Handelsregister über das Registerportal ist auf einzelne Abrufe zu begrenzen.

Nach Auffassung des BGH konnte weder allgemein noch in Bezug auf den Antragsteller festgestellt werden, „dass die unbeschränkte Einsehbarkeit von Geburtsdatum und Wohnort im Handelsregister bisher in dieser Form in erheblicher Weise ausgenutzt worden wäre und sich damit risikoerhöhend ausgewirkt hätte […].“ (Rn. 59 im Beschluss)

Ob dies der Realität entspricht, ist für Außenstehende schwer zu beurteilen. Zudem lässt der BGH offen, dass bei einem Nachweis konkreter Gefahren für Leib und Leben eine andere Beurteilung oder evtl. einschränkende Auslegung geboten sein könnte.