Ein bisher wenig beachteter  Aspekt künstlicher Intelligenz ist das sog. Digital Afterlife, also die Erstellung eines Avatars aus den Sprachaufnahmen und Texten einer verstorbenen Person.

Die „Digital Afterlife Industry“ bietet insoweit die Erstellung von Avataren und ChatBots an, die den Angehörigen die Kommunikation mit der ihnen nahestehenden Person anbieten. Es wird insoweit die Illusion erzeugt, die verstorbene Person wäre noch am Leben und könne sich mit ihren Angehörigen wie zu Lebzeiten unterhalten.

Hierzu gab es eine Studie des Internationalen Zentrums für Ethik in den Wissenschaften der Universität Tübingen, in der der Einfluss des Digital Afterlife auf unseren Umgang mit Tod und Trauer untersucht wurde. Es handelt sich hierbei um das Projekt „Ethik, Recht und Sicherheit des digitalen Weiterlebens (Edilife)„.

Die ethischen Aspekte beinhalten die Frage, ob es dem Trauerprozess zuträglich ist, dem verstorbenen Menschen in Gestalt eines Avatars immer wieder zu begegnen. Laut der Studie wird hierdurch das Anerkenntnis erschwert, dass die nahestehende Person nicht mehr am Leben ist. Es besteht das Risiko, dass sich Angehörige in einer Dauerschleife verfangen, die den Abschied nicht leichter macht.

Es stellt sich dann die berechtigte Frage, ob der verstorbene Mensch nach seinem Tod zu einem Objekt gemacht wird, das zuvörderst dem Wohlbefinden der Angehörigen dienen soll.

Datenschutzrechtliche Implikationen

Neben den ethischen Aspekten des digitalen Weiterlebens bestehen hierbei auch datenschutzrechtliche Risiken.

Zum einen kann der Avatar eines verstorbenen Menschen dazu führen, dass diesem sehr persönliche Dinge anvertraut werden und diese ggf. personenbezogenen Daten in einer Cloud-Lösung gespeichert werden, ohne dass hierüber transparent informiert wird und eine Rechtsgrundlage hierfür vorliegt. Auch wäre es den Anbietern der Digital Afterlife Industry grds. möglich, die digitalen Avatare mit weiteren personenbezogenen Daten der verstorbenen Person zu versehen, die im Internet verfügbar sind. Diese Wiederbelebung personenbezogener Daten Verstorbener kann zu einer Kommerzialisierung der Daten – insbesondere durch große Datenkonzerne – führen.

Zum anderen betrifft die Schaffung digitaler Avatare auch das postmortale Persönlichkeitsrecht, das sich aus der Würde des Menschen gemäß Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes ableitet. Es bedeutet im Kern, dass die Würde eines Menschen auch nach dessen Tod zu achten ist.

In diesem Zusammenhang wird diskutiert, ob die Erlaubnis bzw. das Verbot zur Schaffung eines digitalen Avatars testamentarisch geregelt werden sollte. Ebenso wird eine rechtliche Regelung bzgl. des digitalen Weiterlebens gefordert, die auch eine Befugnis zur Abschaltung von Avataren beinhalten soll.

Fazit

Das Digital Afterlife ist ein weiteres Erscheinungsbild künstlicher Intelligenz, dem in datenschutzrechtlicher Hinsicht noch nicht ausreichend Rechnung getragen wurde. Neben den beschriebenen ethischen Implikationen besteht ein Missbrauchspotential im Hinblick auf den Fortbestand personenbezogener Daten über den Tod hinaus. So können von den Avataren Äußerungen getätigt werden, die die verstorbene Person in der Form so nie von sich gegeben hätte.

Das Phänomen des digitalen Weiterlebens befindet sich noch am Anfang – wir behalten es gerne weiter für Sie im Blick.