Die Videoüberwachung von Unternehmensgebäuden oder Parkplätzen ist längst ein gängiges Alltagsbild und vielerorts auch notwendig. Wie sieht es aber mit einer weiteren Kontrollstufe, nämlich der Geschwindigkeitserfassung auf dem Betriebsgelände mittels eines installierten Blitzers aus?
Das Problem
Auf manchen Unternehmensparkplätzen lassen die örtlichen Gegebenheiten das Fahren mit erhöhter Geschwindigkeit zu. Wenn dort, trotz angewiesener Maximalgeschwindigkeit von z.B. 20 km/h, Höchstwerte von bis zu 90 km/h den Parkplatz zu einer Gefahrenzone für Autofahrer und Passanten werden lassen, ist das Einschreiten des Verantwortlichen dringend geboten. Eine naheliegende Maßnahme ist das regelmäßige und nachdrückliche Hinweisen auf die Einhaltung der Geschwindigkeitsvorgaben. Auch digitale Einrichtungen zur Anzeige der aktuell gefahrenen Geschwindigkeit können bspw. zum Einsatz kommen, mittels derer auch das Datum und die Uhrzeit der erfassten Geschwindigkeit erfasst, jedoch keinem Fahrzeug oder gar Fahrer zugeordnet werden können.
Was also tun, wenn vereinzelte Personen die Hinweise wiederholt missachten oder sich durch das Vorhalten der aktuellen Geschwindigkeitsüberschreitung nicht beeindrucken lassen? Ein altbekanntes Bild aus dem Straßenverkehr bietet die scheinbar simple Lösung: Mit Hilfe einer technischen Einrichtung sollen bei einer vorab definierten Geschwindigkeitsüberschreitung ein oder mehrere Bildaufnahmen des betreffenden Fahrzeugs angefertigt werden – der Blitzer!
Die Lösung
Der notwendige Schutz von Mitarbeitern oder externen Besuchern liegt auf der Hand. Um hier jedoch eine Datenverarbeitung nach den Maßgaben der DSGVO-Grundsätze durchführen zu können, müssen dieser einige wesentliche Überlegungen vorausgehen:
Der Grundsatz der Rechtmäßigkeit
Grundsätzlich ist die Anfertigung von Bildnissen nur mit Einwilligung der Mitarbeiter bzw. Besucher nach § 26 Abs. 2 BDSG bzw. Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. a DSGVO oder auf Grundlage des berechtigten Interesses des Verantwortlichen nach Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. f DSGVO rechtmäßig. Im vorliegenden Fall erscheint es sachgerecht, die Verarbeitung auf das berechtigte Interesse des Verantwortlichen, die Mitarbeiter und Besucher vor den Unfallgefahren durch Raser zu bewahren, zu stützen. Entgegenstehende Interessen des einzelnen Betroffenen, nicht fotografiert zu werden, überwiegen angesichts der Fürsorge- und Schutzpflichten des Verantwortlichen augenscheinlich nicht.
Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
Zudem darf die Datenverarbeitung mittels eines Blitzers nicht außer Verhältnis zum angestrebten Zweck stehen. Diesbezüglich sollte im Vorfeld untersucht werden, ob mildere und gleichermaßen effektive Mittel zur Einhaltung der Maximalgeschwindigkeiten zur Verfügung stehen. Dies könnten unter anderem Fahrbahnverengungen oder -erhöhungen oder aber die anfangs erwähnten Hinweise an die Mitarbeiter und Geschwindigkeitsanzeigen ohne visuelle Erfassung des Fahrzeugs und des Fahrers sein. Sollten diese alternativen Maßnahmen jedoch faktisch nicht umsetzbar oder aber nicht zielführend sein, kann das Anfertigen von Bildern zum gezielten Ansprechen und ggf. Sanktionieren von Fahrzeugführern erforderlich sein. Die vorab durchgeführten oder durchdachten Alternativmaßnahmen sollten nachweisbar dokumentiert werden.
Auch muss sich der Verantwortliche im Hinblick auf die Angemessenheit der Maßnahme folgende Fragen stellen:
- Wo werden die angefertigten Bilder bei einer registrierten Geschwindigkeitsüberschreitung gespeichert? Werden diese lokal auf einem Speichermedium (z.B. der Kamera selbst, einer SD-Karte oder einem USB-Stick) gespeichert oder aber mittels einer Internetverbindung auf unternehmensinterne Computer übertragen? Im zweiten Fall müssen entsprechende technische und organisatorische Maßnahmen die Sicherheit der Datenübertragung gewährleisten.
- Wer hat Zugriff auf die angefertigten Bilder? Sind das Speichermedium und die Bildaufnahmen sowohl physisch als auch technisch vor einem unbefugten Zugriff geschützt? Gibt es Berechtigungskonzepte und Vorgaben, welche Personen die Bildaufnahmen einsehen und auswerten dürfen bzw. müssen – Stichwort „need-to-know“-Prinzip? (Hier sollte in jeden Fall ein Betriebsratsmitglied – sofern vorhanden – unter den bei der Auswertung anwesenden Personen sein.)
- Auch muss vorab geklärt werden, wie eine Zuordnung der Bildaufnahmen und Geschwindigkeitsüberschreitungen zu einem Fahrzeug und Fahrer überhaupt erfolgen soll (beispielsweise kann dies über ausgegebene Parkplaketten erfolgen).
Der Grundsatz der Datenminimierung und Speicherbegrenzung
Die DSGVO gibt ferner vor, dass personenbezogene Daten auf das für die Zwecke der Verarbeitung notwendige Maß beschränkt sein müssen und nur so lang gespeichert werden dürfen, wie es für die Identifizierung einer Person und die Verarbeitungszwecke erforderlich ist.
Grundsätzlich ist hier eine Speicherdauer der Bildaufnahmen bis nach Einsichtnahme bzw. bis maximal 48 bis 72 Stunden nach der Aufnahme geboten, sofern keine längere Verarbeitung aufgrund einer beabsichtigten Sanktion des Fahrzeugführers notwendig ist. Dies bedeutet aber auch, dass sichergestellt werden muss, dass die zur Einsicht und Auswertung berechtigten bzw. verpflichteten Personen die Aufnahmen binnen dieser Frist in Augenschein nehmen können. Folglich sollte im Vorfeld überlegt werden, ob der Blitzer dauerhaft oder nur zu solchen Zeiten im Einsatz ist, wenn am darauffolgenden Werktag eine potentielle Auswertung einer registrierten Geschwindigkeitsüberschreitung durch die hierzu berechtigten Personen realisierbar ist. Alternativ zur routinemäßigen Kontrolle des Blitzers am nächsten Werktag wären auch technische Einstellungen denkbar, die eine Meldung bei registrierter Geschwindigkeitsüberschreitung an die zur Einsichtnahme berechtigten und verpflichteten Personen sendet. Auch hier gelten die vorgenannten Grenzen der Speicherdauer.
Der Grundsatz der Transparenz
Letztlich müssen die betroffenen Personen – wie im Fall der Videoüberwachung – über die Datenverarbeitung mittels der Geschwindigkeitserfassung und Anfertigungen von Bildaufnahmen transparent informiert werden. Ein entsprechendes Hinweisschild muss Informationen über den Verantwortlichen und den Datenschutzbeauftragten, die Rechtsgrundlage und den Zweck der Verarbeitung, die Speicherdauer und Datenempfänger sowie die Betroffenenrechte enthalten. Sofern der Blitzer nur temporär und anlassbezogen aufgestellt wird, sollte ebenfalls das Hinweisschild nur zur Betriebszeit des Blitzers ausgehängt werden, da ansonsten der fälschliche Eindruck einer dauerhaften Geschwindigkeitserfassung und Aufnahme von Bildern entstehen kann.
Fazit
Eine Geschwindigkeitserfassung auf dem Betriebsgelände mittels eines Blitzers kann datenschutzrechtlich zulässig sein, sollte aber in jedem Einzelfall und vor dem Hintergrund der DSGVO-Grundsätze durch einen fachkundigen Berater datenschutzrechtlich bewertet werden. Auch sollte sich der Verantwortliche vorab darüber Gedanken machen, welche Konsequenzen einer registrierten Geschwindigkeitsüberschreitung folgen sollen (z.B. arbeitsrechtliche Sanktionen oder die Geltendmachung des Hausrechts gegenüber Externen). Zudem ist zu empfehlen, die Datenverarbeitung und gegebenenfalls Handlungsanweisungen gegenüber Mitarbeitern im Rahmen einer Betriebsvereinbarung oder Dienstanweisung näher zu regeln.