Ist das Tragen von Namensschildern tatsächlich von datenschutzrechtlicher Relevanz? Welche Regelungen geben uns die DSGVO und das BDSG dazu an die Hand? Inwieweit können Beschäftigte ihrem Arbeitgeber Bedenken entgegenhalten? Da insbesondere im Einzelhandel das Tragen von Namensschildern gängige Praxis ist, wird im Zuge dieses Beitrags auf diese Sparte eingegangen. Art. 88 DSGVO enthält für die Datenverarbeitung im Beschäftigtenkontext eine sogenannte Öffnungsklausel. Dies bedeutet, dass die Mitgliedsstaaten diesbezüglich spezifischere Regelungen im nationalen Recht umsetzen können. Davon machte der Gesetzgeber in § 26 BDSG auch Gebrauch.

Als Vorfrage ist zunächst zu klären, auf welcher (arbeitsrechtlichen) Grundlage ein Arbeitgeber im Einzelhandel seine Beschäftigten zum Tragen von Namensschildern verpflichten kann. Neben der Einwilligung der Beschäftigten treten u.a. die Ausübung des Weisungsrechts nach § 106 Satz 1 Gewerbeordnung oder eine arbeitsvertragliche Klausel.

Als Rechtsgrundlage der Datenverarbeitung wird an dieser Stelle § 26 Abs. 1 Satz 1 BDSG i.V.m. § 26 Abs. 7 BDSG i.V.m Art. 88 DSGVO herangezogen, da diese Datenverarbeitung, also das Tragen der Namensschilder, auch der Sphäre der Durchführung des Arbeitsverhältnisses zugerechnet werden kann. Nichtsdestotrotz soll hier auch auf Art. 6 Abs. 1 lit. f) DGSVO als weitere mögliche Rechtsgrundlage hingewiesen werden. Nähere Informationen dazu finden Sie hier.

Der Vor- und Nachname einer Person sind bekanntlich personenbezogene Daten. Durch das Anbringen des Namensschildes an der Kleidung der Beschäftigten werden diese Daten i.S.d. § 26 Abs. 7 BDSG verarbeitet, indem sie offengelegt werden, aber eben nicht auf einem Dateisystem gespeichert werden oder gespeichert werden sollen. Personenbezogene Daten von Beschäftigten dürfen für Zwecke des Beschäftigtenverhältnisses verarbeitet werden, wenn dies u.a. für die Durchführung des Arbeitsverhältnisses erforderlich ist. Da insbesondere im Einzelhandel durch das Tragen von Namensschildern eine offene und freundliche Atmosphäre gegenüber den Kunden und sonstigen Dritten erreicht werden soll und diesen dadurch die Möglichkeit der persönlichen Ansprache eingeräumt wird, bezweckt u.a. das Tragen von Namensschildern eine positive Außenwahrnehmung gegenüber Kunden und sonstigen Dritten. Somit ist gut vertretbar, dass das Tragen von Namensschildern im Einzelhandel in diesem Sinne erforderlich ist.

Das Tatbestandsmerkmal der Erforderlichkeit führt letztlich zu einer Interessenabwägung: Die Verarbeitung dieser personenbezogenen Daten muss geeignet, erforderlich (also das mildeste Mittel zur Zweckerreichung) und angemessen sein. Durch das Tragen der Namensschilder wird Kunden und sonstigen Dritten die Möglichkeit der persönlichen Ansprache eingeräumt, sodass diese Form der Datenverarbeitung geeignet ist.

Der Verantwortliche muss zur Verwirklichung der von ihm verfolgten Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses grundsätzlich das mildeste ihm zur Verfügung stehende Mittel auswählen. Zudem ist als Ausfluss der Verhältnismäßigkeit auch der in Art. 5 Abs. 1 lit. c) DSGVO festgeschriebene Grundsatz der Datenminimierung heranzuziehen, zu welchem in Erwägungsgrund 39 ausgeführt wird, dass personenbezogene Daten „für die Zwecke, zu denen sie verarbeitet werden, angemessen und erheblich sowie auf das für die Zwecke ihrer Verarbeitung notwendige Maß beschränkt“ werden sollen. Die durch die konkrete Datenverarbeitung eintretende Beeinträchtigung der Rechte und Interessen der betroffenen Beschäftigten muss in einem angemessenen Verhältnis zu dem beabsichtigten Zweck der Datenverarbeitung stehen. Inhaltlich sind die Grund- und Freiheitsrechte der Beschäftigten mit jenen des Arbeitgebers abzuwägen. Beschäftigtenseitig kommt insbesondere das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung zum Tragen. Arbeitgeberseitig das Eigentumsrecht, die unternehmerische Freiheit sowie die Vertragsfreiheit. Aus diesen Rechten lässt sich die arbeitgeberseitige Freiheit ableiten, Unternehmensziele zu konkretisieren sowie innerbetriebliche Abläufe und Datenverarbeitungsvorgänge zu bestimmen, wobei auch wirtschaftliche Aspekte zum Tragen kommen. Unter diesen Gesichtspunkten ist noch zu klären, welche Mittel die mildesten sind, um den Zweck zu erreichen. Diesbezüglich ist festzuhalten, dass es aus datenschutzrechtlicher Sicht das mildeste Mittel darstellt, wenn lediglich der Nachname am Namensschild offengelegt wird. Der Nachname ist auch grundsätzlich nicht dazu geeignet, eine Person u.a. auf sozialen Netzwerfen aufzufinden, wobei selbstverständlich bei außergewöhnlichen Nachnamen Ausnahmen bestehen können. Zum selben Ergebnis kommt auch die Landesbeauftrage für Datenschutz Bremen.

Sollten in einer Filiale mehrere Beschäftigte über den gleichen Nachnamen verfügen, erscheint es zudem aus datenschutzrechtlicher Sicht unbedenklich zu sein, wenn der jeweilige Vorname mit dem Anfangsbuchstaben am Namensschild offengelegt wird. Eine Kombination aus Vor- und Nachnamen verstößt aus datenschutzrechtlicher Sicht einerseits gegen den Grundsatz der Datenminimierung und andererseits auch gegen die Interessen und Rechte der Beschäftigten, da sie dadurch möglicherweise online aufgespürt werden können, indem Kunden diese etwa in gängigen Suchmaschinen oder sozialen Netzwerken finden können.

Aber zugleich eine Ausnahme …

Informieren Beschäftigte ihren Arbeitgeber, dass Kunden oder sonstige Dritte wie etwa Lieferanten aufgrund der Offenlegung des Nachnamens am Namensschild diese insbesondere in sozialen Netzwerken aufgefunden sowie kontaktiert haben und entstehen dadurch erhebliche Unannehmlichkeiten oder liegt sogar ein strafrechtlich relevantes Verhalten vor, sollte der Arbeitgeber aufgrund seiner Fürsorgepflicht gegenüber dem Beschäftigten im Einzelfall Sonderregelungen mit den betroffenen Beschäftigten treffen. Unter diesen besonderen Umständen fällt auch die Interessensabwägung zugunsten des betroffenen Beschäftigten aus. Beispielsweise kann für den Betroffenen die Pflicht zum Tragen des Namensschildes entfallen.

Ein letzter Hinweis …

Natürlich gilt auch im Rahmen des Beschäftigtendatenschutz der Art. 13 DSGVO: Der Arbeitgeber hat auch hier seiner Informationspflicht vor der Verarbeitung der Daten nachzukommen.