Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass einen Fahrzeugführer im Laufe seines Lebens einmal der unerfreuliche Umstand trifft, als beteiligte Partei in einen Verkehrsunfall verwickelt zu sein. Da ist es in der Regel zwar (zumindest) für einen der Unfallbeteiligten von Vorteil, auf einen Zeugen zurückgreifen zu können, welcher das Unfallgeschehen beobachtet hat. Doch wie verhält es sich in einem solchen Fall mit der Weitergabe der personenbezogenen Daten des Zeugen?

Mit dieser Frage hat sich der Thüringer Landesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (TLfDI) in der Vergangenheit auseinandergesetzt (siehe 3. Tätigkeitsbericht zum Datenschutz nach der DS-GVO 2020 S. 67):

So hat der TLfDI aufgrund einer Datenpannenmeldung davon Kenntnis erlangt, dass die Thüringer Polizeiinspektionen im Rahmen von Verkehrsunfällen die Personalien von Zeugen mithilfe einer Personalienaustauschkarte erfassten und diese den Unfallbeteiligten zur Verfügung stellten. Neben der postalischen Adresse der jeweiligen Zeugen wurden auf dieser Karte auch deren Telefonnummern bei der Aufnahme erfasst. Aufgrund der Nutzung der Personalienaustauschkarte kam es bei einem Zeugen zu einer ungewollten telefonischen Kontaktaufnahme durch einen Geschädigten. Der Zeuge beschwerte sich daraufhin bei der verantwortlichen Polizeiinspektion über die Weitergabe seiner Daten an die Unfallbeteiligten.

Um die Rechtsgrundlage der Datenweitergabe von Zeugendaten bei einem Verkehrsunfall zu überprüfen, wandte sich der TLfDI an das Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales (TMIK). Dieses legte dar, dass die Personalienaustauschkarten den Unfallbeteiligten als Serviceleistung durch die Polizei zur Verfügung gestellt werden.

Auffassung des TLfDI

Der TLfDI erachtet es grundsätzlich als zulässig, dass die Polizei als Serviceleistung den Personalienaustausch nach einem Verkehrsunfall dadurch unterstützt, dass sie entsprechende Vordrucke bereitstellt, da dies dem Austausch der Daten der Unfallbeteiligten untereinander diene. So führt der TLfDI aus, dass das Zurverfügungstellen der Vordrucke letztlich lediglich die rechtliche Verpflichtung der Unfallbeteiligten unterstützt, selbst nach § 34 Straßenverkehrsordnung anderen am Unfallort anwesenden Beteiligten und Geschädigten den eigenen Namen und die eigene Anschrift anzugeben. Zu beachten sei jedoch, dass sich dieser Personenkreis auf die Unfallbeteiligten beschränkt.

Als Definition des Begriffes „Unfallbeteiligter“ legt der TLfDI dabei § 142 Abs. 5 Strafgesetzbuch (StGB)zu Grunde, wonach Unfallbeteiligter jeder ist, dessen Verhalten nach den Umständen zur Verursachung des Unfalls beigetragen haben kann. Ein Zeuge kann diesem Personenkreis jedoch nach Auffassung des TLfDI gerade nicht zugerechnet werden.

In der Folge nahm das TMIK den Vorfall zum Anlass, die bisher in Verwendung befindliche Personalienaustauschkarte zu überarbeiten und diese den datenschutzrechtlichen Vorgaben anzupassen. Die Änderung beinhaltet nunmehr den Hinweis, dass die notwendigen Angaben unter den Unfallbeteiligten auszutauschen sind und der Datenaustausch durch die Unfallbeteiligten selbst erfolgt. Der Austausch weiterer Daten, insbesondere auch von Zeugendaten, unterliege der Freiwilligkeit. Die an die Unfallbeteiligten zur Verfügung gestellte Personalienaustauschkarte sei nach wie vor nicht Bestandteil der polizeilichen Unfallaufnahme.

Fazit

Im Ergebnis ist dem TLfDI beizupflichten. Grundsätzlich gilt, dass der Personalienaustausch von Unfallbeteiligten gemäß § 34 Straßenverkehrsordnung (StVO) erforderlich ist, um die Schäden eines Verkehrsunfalls zu regulieren. Hierbei gilt es jedoch zu beachten, dass Zeugen dem Personenkreis der Unfallbeteiligten in der Regel nicht zugerechnet werden können.

Zwar kommt eine Weitergabe der Zeugendaten seitens der Polizei an die Unfallbeteiligten auf Grundlage des berechtigten Interesses (eines Dritten) gem. Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO in Betracht. So könnten die Unfallbeteiligten als Dritte im Sinne der Norm gegebenenfalls ein berechtigtes Interesse dahingehend haben, auf Zeugen im Rahmen der Verfolgung ihrer Ansprüche zurückgreifen zu können. Die Übermittlung der Zeugendaten dürfte hier jedoch (zumindest) an den schutzwürdigen Interessen der Zeugen vor einer eventuellen Belästigung durch die Unfallbeteiligten scheitern.

Daher kann die Weitergabe von Zeugendaten an Unfallbeteiligte auch nach hier vertretener Ansicht nur mit deren Einwilligung nach Art. 6 Abs. 1 lit. a DSGVO erfolgen.