In einem Eilverfahren hat das Verwaltungsgericht Wiesbaden am 01.12.2021 den Einsatz von Cookiebot untersagt. Bei Cookiebot handelt es sich um eine Consent-Management-Plattform, welche die Einholung von Einwilligungen in das Setzen von Cookies ermöglicht („Cookie-Banner“). Die Plattform wird von dem dänischen Softwareanbieter Cybot bereitgestellt. Die Begründung der einstweiligen Untersagung durch das Verwaltungsgericht findet sich im Volltext hier.

Überraschende Entscheidung

Nach unserer ersten Einschätzung ist der Gerichtsbeschluss überraschend. Folgende Punkte sind zur Einordnung des Beschlusses zu berücksichtigen:

  • Der Beschluss ist in einem Eilverfahren getroffen worden, möglicherweise kommt es also im Laufe des Verfahrens noch zu einer anderen Entscheidung.
  • Verwaltungsgerichte bilden die unterste Ebene der Verwaltungsgerichtsbarkeit. Gegen ihre Anordnungen sind regelmäßig Rechtsmittel zulässig.
  • Grundsätzlich könnte diese Rechtsauffassung sehr weitreichende Konsequenzen haben.

Die folgenden Argumente liegen dem Beschluss – kurz zusammengefasst – zu Grunde:

Im Grundsatz stützt sich das Gericht darauf, dass ungekürzte IP-Adressen von Webseitennutzern an Cookiebot übermittelt werden. Cookiebot bedient sich dabei weiterer Dienstleister, die ihren Sitz in den USA haben. Somit komme es zur Datenübermittlung in ein Drittland ohne angemessenes Datenschutzniveau, wobei auf Grund des sog. Cloud-Acts ein Zugriff von US-amerikanischen Sicherheitsbehörden auf die Daten nicht ausgeschlossen werden könne. Instrumente, die dazu führten, dass das Datenschutzniveau als angemessen betrachtet werden kann, seien nicht unternommen worden. Insbesondere seien keine Standardvertragsklauseln zwischen dem Webseitenbetreiber und dem Anbieter von Cookiebot abgeschlossen worden.

Zudem enthalte der von Cookiebot gesetzte Cookie vermutlich auch ein Pseudonym, welches im Zusammenspiel mit der IP-Adresse zu einer Identifikation des Nutzers führen könne.

Weite Kreise

Folgt man dieser Rechtsansicht, könnte man das Ergebnis auch auf andere Sachverhalte übertragen, z. B. auf:

  • Captchas von Anbietern aus Drittländern
  • Scriptbibliotheken von Anbietern aus Drittländern
  • Externe Schriftarten von Anbietern aus Drittländern
  • Google Tag Manager (dieser war ursprünglich auch Gegenstand des Eilverfahrens, da der Einsatz aber rechtzeitig eingestellt wurde, wurde darüber nicht mehr entschieden)
  • Content-Delivery-Netzwerke von Anbietern aus Drittländern

Wenn ein Einwilligungs-Banner einwilligungspflichtig ist“

Es bleibt fraglich, ob sich die Rechtsansicht des Verwaltungsgerichts durchsetzt. Sollte dies der Fall sein, könnten die o. g. Dienste ggf. nur noch mit ausdrücklicher Einwilligung des Nutzers eingesetzt werden, die sich auch auf die Übermittlung in ein unsicheres Drittland erstrecken muss (Art. 49 Abs. 1 lit. a DSGVO). Für eine solche Einwilligung bedarf es regelmäßig eines Einwilligungs-Banners, in dessen Text über die Risiken der Datenübermittlung aufgeklärt wird. Wenn jedoch schon die Darstellung des Einwilligungs-Banners selbst eine einwilligungsbedürftige Datenverarbeitung ist (weil US-Dienstleister darin involviert sind), stellt dies ein Problem dar.

Möglicherweise würde sich im vorliegenden Fall die Rechtslage auch anders darstellen, wenn der Anbieter von Cookiebot (Cybot) bereit wäre, die EU-Standardvertragsklauseln mit dem US-Dienstleister abzuschließen und in einem sog. Transfer Impact Assessment (TIA) festgestellt würde, dass das Schutzniveau für die Art der Daten (IP-Adresse, Cookie-Pseudonym) ausreicht. Ggf. wurde ein solcher Vertrag auch schon geschlossen – an dieser Stelle ist der Sachverhalt unklar. Hier besteht im vorliegenden Fall aus unserer Sicht noch eine Menge Spielraum. Dem VG Wiesbaden zufolge spiele es allerdings keine Rolle, ob Cybot mit dem genutzten Dienstleister Standarddatenschutzklauseln abgeschlossen habe, solange diese keine ergänzenden Schutzmaßnahmen gegen unzulässige Datenübermittlungen in die USA enthielten. Darauf, welche Maßnahmen dies sein können, ging das Gericht jedoch nicht weiter ein.

Was nun?

Im Fazit bleibt festzustellen: Möchte man derzeit ganz sicher gehen und einen Datenschutzverstoß – nach Auffassung des VG Wiesbaden – vermeiden, müsste man sich einen anderen Anbieter für das Cookie-Banner suchen (der ohne Datenübermittlung in Drittländer und ohne Einbindung von Dienstleistern mit dortigem Sitz arbeitet).

Das weitere Verfahren darf mit Spannung verfolgt werden. Ob sich die Einschätzung des Gerichts durchsetzt, wird abzuwarten sein.