Die Frage, ob und wann Personalausweise kopiert werden dürfen, hat uns schon mehrfach beschäftigt. Ausschlaggebend für die Frage, wann Personalausweise und Reisepässe kopiert werden dürfen sind das Personalausweisgesetz (PAuswG) und das Passgesetz (PassG). Nach Auffassung des Bundesinnenministeriums (BMI) besteht kein generelles Kopierverbot. Zum einen gibt es gesetzlich festgelegte Ausnahmen im Geldwäsche- und Telekommunikationsgesetz und zum anderen gibt es anerkannte und an strenge Voraussetzungen geknüpfte Ausnahmen für die Anfertigung einer Ausweiskopie.
- Die Erstellung einer Kopie muss erforderlich sein. Dabei ist insbesondere zu prüfen, ob nicht die Vorlage des Personalausweises und ggf. die Anfertigung eines entsprechenden Vermerks (z.B.:„Personalausweis hat vorgelegen“) ausreicht. Die Erforderlichkeit entfällt, wenn der Personalausweis ohne großen Aufwand vor Ort vorgezeigt und eingesehen werden kann.
- Die Kopie darf ausschließlich zu Identifizierungszwecken verwendet werden. Eine weitergehende Nutzung ist rechtswidrig.
- Die Kopie muss als solche erkennbar sein (z.B. Aufdruck „Kopie“). Die Kopie darf nicht den Eindruck erwecken, es handele sich dabei selbst um ein Ausweisdokument.
- Daten, die nicht zur Identifizierung benötigt werden, können und sollen von den Betroffenen auf der Kopie geschwärzt werden. Dies gilt insbesondere für die auf dem Ausweis aufgedruckte Zugangs- und Seriennummer. Die Betroffenen sind auf die Möglichkeit und Notwendigkeit der Schwärzung hinzuweisen. Die Angabe des Geburtsdatums und ggf. -ortes kann nur erforderlich sein, wenn trotz der vorgenannten Angaben eine Personenverwechslung möglich ist und das Unternehmen in seinem bisherigen Datenbestand überhaupt das Geburtsdatum oder den -ort als Referenzdatum gespeichert hat.
- Die Kopie ist vom Empfänger unverzüglich zu vernichten, sobald der mit der Kopie verfolgte Zweck erreicht ist. Eine Archivierung ist unzulässig. Sofern eine Protokollierung erforderlich ist, genügt die Speicherung eines entsprechenden Vermerks „Ausweiskopie hat vorgelegen“.
- Eine automatisierte Speicherung der Ausweisdaten ist nach dem PAuswG unzulässig. Auch darf nach der Rechtsprechung der Personalausweis nicht gescannt und elektronisch gespeichert werden (Verwaltungsgericht Hannover, Urteil vom 28. November 2013 – 10 A 5342/11).
Kopie nach Einwilligung
Ein aktueller Fall in einem hessischen Jobcenter wirft eine weitere Frage auf: Dürfen Ausweise nach Einwilligung des Inhabers kopiert werden?
Im Jobcenter wurden Personalausweise von Kunden, die Hartz-IV-Leistungen beantragen nach deren Zustimmung kopiert. Die Bürgerrechtsgruppe „Die Datenschützer Rhein-Main“, die von betroffenen Kunden des Jobcenters informiert wurde, sieht in der Kopie einen klaren Verstoß gegen bestehende Regelungen und auch die zwischenzeitlich eingeschaltete Datenschutzaufsichtsbehörde erklärt, dass das Kopieren von Personalausweisen auch mit Einwilligung nicht erlaubt sei. Das Jobcenter sieht das hingegen anders. Nun hat der hessische Datenschutzbeauftragte das Bundesinnenministerium und das Bundesjustizministerium um Stellungnahme gebeten.
Wie die beiden Ministerien antworten werden, ist noch offen. Allerdings dürfte gerade im vorliegenden Fall die Einholung einer rechtskonformen Einwilligung schwierig sein. Eine Einwilligung muss grundsätzlich freiwillig erfolgen. Wenn Personen jedoch existenzsichernde Leistungen wie Hartz-IV beantragen, ist es um die Freiwilligkeit schlecht bestellt. Die Diskussion ist aus dem Bereich der Einwilligung im Arbeitsverhältnis bereits bekannt. Zwar gibt es inzwischen Gerichtsurteile, die sehr wohl davon ausgehen, dass auch im Arbeitsverhältnis eine wirksame, sprich freiwillige, Einwilligung abgegeben werden kann. Allerdings dürfte die Latte bei für die Betroffenen in vielen Fällen existenziellen Hartz-IV-Leistungen noch höher liegen. Spannend ist auch, ob die angefragten Ministerien die Tatsache, dass die Personalausweise und Reisepässe Eigentum der Bundesrepublik Deutschland sind, mit in ihre Begründung aufnehmen.
Wir werden Sie hierüber weiter auf dem Laufenden halten.
Update: 09.10.2017
Seit dem 15.07. 2017 gilt folgende Gesetzesänderung zum Passgesetz (§ 18 Abs. 3 PassG):
„Der Pass darf nur vom Passinhaber oder von anderen Personen mit Zustimmung des Passinhabers in der Weise abgelichtet werden, dass die Ablichtung eindeutig und dauerhaft als Kopie erkennbar ist. Andere Personen als der Passinhaber dürfen die Kopie nicht an Dritte weitergeben. Werden durch Ablichtung personenbezogene Daten aus dem Pass erhoben oder verarbeitet, so darf die datenerhebende oder -verarbeitende Stelle dies nur mit Einwilligung des Passinhabers tun. Die Vorschriften des allgemeinen Datenschutzrechts über die Erhebung und Verwendung personenbezogener Daten bleiben unberührt.“
Dies gilt nun entsprechend auch für das Personalausweisgesetz, dort in § 20 Abs. 2 PAuswG.
K.
16. Januar 2017 @ 20:10
Hallo,
mir wurde gerade ein Mietvertrag für ein Zimmer verweigert, weil ich auf der geforderten Ausweiskopie die Seriennummern und das Gültigkeitsdatum „geschwärzt“ (bzw durch Papier bei der Kopie verdeckt, also quasi „geweisst“ hatte).
Die teilweise Ausweiskopie hatte ich zusammen mit Arbeitsvertrag und unterschriebenem Mietvertrag eingeworfen, das Mietverhältnis hätte in 14 Tagen am 1. Februar beginnen sollen. Geburtsdatum, Bild und Geburtsort waren vorhanden (das Bild allerdings qualitativ schlecht).
Wie geht man mit solchen Fällen um? Wäre es erlaubt gewesen, bei einer solchen Kopie bei den Seriennummern durch verändern derselben zu „lügen“? Welche anderen Mittel hätte man an der Hand? Gibt es Meldestellen für solche Fälle?
Mit freundlichen Grüßen
Daniela Windelband
17. Januar 2017 @ 10:12
Sehr geehrter K.,
Sie können sich an die für Sie zuständige Landesdatenschutzaufsichtsbehörde wenden. Eine Übersicht über die Adressen finden Sie auf den Seiten der Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit Nordrhein-Westfalen: https://www.ldi.nrw.de/mainmenu_Service/submenu_Links/Inhalt2/Aufsichtsbehoerden/Aufsichtsbehoerden.php
Darüberhinaus könnte ein Gang zur Verbraucherzentrale hilfreich sein.
Mit freundlichen Grüßen
Ihre Blogredaktion
Datenschützerin
2. Dezember 2016 @ 14:12
Hallo,
wie beurteilen Sie die Bankpraxis, nach einmaliger Prüfung der Identität des Kunden durch Vorlage und oder Kopie des Personalausweises nach Ablauf des Gültigkeitsdatums des geprüften Personalausweises, sich nochmals den neuen Personalausweis vorlegen oder eine Kopie schicken zu lassen, vor dem Hintergrund des § 8 Abs. Abs. 1 Satz 3, § 4 Abs. 2 GWG?
Mit freundlichen Grüßen
Clemens Grünwald
5. Dezember 2016 @ 10:09
Guten Tag,
vielen Dank für Ihre Frage.
Die Anforderung eines erneuten Identitätsnachweises durch Vorlage des Personalausweises oder einer Kopie desselben ist grds. gemäß § 4 Abs. 2 i.V.m. § 8 Abs. 1 Satz 3 GWG möglich. Allerdings ist in § 4 Abs. 2 GWG davon die Rede, dass
„…von einer Identifizierung abgesehen werden kann, wenn der Verpflichtete den zu Identifizierenden bereits bei früherer Gelegenheit identifiziert und die dabei erhobenen Angaben aufgezeichnet hat, es sei denn, der Verpflichtete muss auf Grund der äußeren Umstände Zweifel hegen, dass die bei der früheren Identifizierung erhobenen Angaben weiterhin zutreffend sind.“
Insofern besteht also ein Ermessensspielraum bezüglich der Anforderung des Identitätsnachweises. Im Fall eines abgelaufenen Personalnachweises würde ich es – abhängig von der Kundenbeziehung – aus Sicht der Bank für ausreichend ansehen, dem ursprünglich vorgelegten Identitätsnachweis zu vertrauen. Auf jeden Fall aber wäre eine erneute Kopie des Personalausweises m.E. nicht erforderlich, sondern es sollte im Sinne der Datensparsamkeit aus § 3a BDSG nur ein Vermerk über die Vorlage des Personalausweises angefertigt werden.
Mit freundlichen Grüßen,
Ihre Blogredaktion