Aktuell wird im Rahmen eines Pilotprojekts in Nürnberg geprüft, inwieweit der öffentliche Nahverkehr in der Region mit Hilfe von Schwarmdaten der Fahrgäste verbessert werden kann. Im Ansatz vergleichbare Vorhaben, über die wir unlängst berichteten, werden beispielsweise in Kopenhagen zur Vermeidung von Radfahrerstaus  geprüft.

Die VAG Verkehrs-Aktiengesellschaft Nürnberg (VAG) will als erstes Verkehrsunternehmen in Deutschland anonymisierte Mobilfunkdaten der Deutschen Telekom (Telekom) nutzen, um eine bessere Datenbasis zur Optimierung ihres Verkehrsangebots zu erhalten. Die anonymisierten Mobilfunkdaten sollen dabei als aggregierte Schwarm- und Massendaten der Verkehrsstatistik dienen. Ziel ist es, gegenüber den klassischen Verkehrszählungen eine umfangreichere Datenbasis zur Hochrechnung von Verkehrsströmen zwischen den Stadtteilen der Metropolregion auswerten zu können. Für die Streckennetz- und Kapazitätsplanung und die Gestaltung von Fahrplänen ist die Kenntnis der Verkehrsströme eine wichtige Voraussetzung. Bislang wurden die Daten zur Verkehrsnutzung manuellen Zählungen, Befragungen, Abschätzungen aus Drittdaten oder technischen Zählsystemen wie Lichtschranken und Zählschleifen entnommen. Mit dieser häufig auch personell aufwändigen Methodik konnten jedoch nur kleinere Stichproben und punktuelle Informationen abgebildet werden. Der VAG geht es nun vor allem um eine flächendeckende Netzplanung, beispielsweise auch im Hinblick auf regelmäßige Verbindungen zu den Stadtrandgebieten.

Das Verfahren ist aus datenschutzrechtlicher Sicht von Interesse, weil – beispielsweise abhängig von der Bezugsgruppe – auch personenbezogene Daten erhoben und daraus Bewegungsprofile erstellt werden könnten. Um diesem Risiko vorzubeugen, werden die Daten in einem Rechenzentrum der Telekom anonymisiert und aggregiert, um sie anschließend an ein Tochterunternehmen zur Datenanalyse zu übermitteln. Die Telekom versichert, dass keine personenbezogenen Daten an Dritte weiter gegeben werden. Das zugrunde liegende Verfahren wurde von der Bundesbeauftragten für den Datenschutz Voßhoff geprüft und als datenschutzkonform bewertet.

Die Datenanalysen können mit drei zusätzlichen, ebenfalls anonymisierten CRM-Daten der Kunden ergänzt werden: Geschlecht, Altersgruppe in 10-Jahresschritten und Heimatregion. Für Verkehrsunternehmen beispielsweise kann diese Datenkombination hilfreich sein, um besser zu verstehen, welche Kundengruppen wann und wo am Verkehr teilnehmen, um basierend hierauf neue Angebote zu entwickeln.

Eine Auswertung der Daten geschieht nur auf Gruppenebene, damit eine zufällige Rückführung auf einzelne Personen bei der Zusammenführung der bereits anonymisierten Daten vermieden wird. Die Telekom plant die Möglichkeit eines Opt-Out, bei dem die Kunden die Nutzung ihrer anonymisierten Daten für Analysezwecke verweigern können. Eine entsprechende Webseite wurde eingerichtet, ist aber bislang nur mit einem Werbetext der Telekom versehen.

Datenschutzrechtliche Implikationen?

Die Auswertung von Fahrgastdaten zu Analysezwecken klingt zunächst datenschutzrechtlich problematisch und hat in der Öffentlichkeit und insbesondere in der Nürnberger Kommunalpolitik zu Aufregung und Irritationen geführt. Man sollte allerdings nicht außer Acht lassen, dass in diesem Fall laut den einschlägigen Pressemitteilungen nur anonymisierte und keine personenbezogenen Daten ausgewertet werden, so dass das Bundesdatenschutzgesetz grundsätzlich keine Anwendung findet. Es ist allerdings Sorge dafür zu tragen, dass auch anhand der Bewegungsprofile keine Rückschlüsse auf einzelne Personen gezogen werden können.

Fazit

Derzeit verbleibt den Fahrgästen, die eine Auswertung ihrer Daten nicht wünschen, in Ermangelung einer probaten Einwilligungslösung nur der Wechsel zu einem anderen Mobilfunkanbieter. Die Daten von Kunden anderer Mobilfunkanbieter werden nämlich nicht erhoben, hier ergänzt die Telekom nur Hochrechnungen auf Basis der prozentualen Marktanteile. Es ist darüber hinaus nicht davon auszugehen, dass die Fahrgäste ihr Fahrverhalten angesichts der Erfassung ihrer Bewegungsprofile verändern werden, da sie in der Regel auf die Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs angewiesen sind. Im Rahmen von Big Data wird dies sicherlich nicht das letzte Vorhaben sein, bei dem anonymisierte Bewegungsprofile zu Analysezwecken nutzbar gemacht werden.

Im Ergebnis empfiehlt es sich, in jedem Fall eine genaue datenschutzrechtliche Prüfung und ggf. eine Interessenabwägung der möglichen Einschränkung der Privatsphäre mit den Vorteilen einer bedarfsgerechteren Verkehrsplanung für die Bürger vorzunehmen.