Das Amtsgericht (AG) München hat sich mit seinem Urteil vom 05.08.2022 – Aktenzeichen 142 C 1633/22 – mit der Thematik des Widerspruchs gegen die Verwendung der elektronischen Postadresse zum Zwecke der Übersendung von Werbung nach § 7 Abs. 3 Nr. 3 UWG auseinandergesetzt und konkrete Anforderungen an die Form und Geltungsdauer des Widerspruchs aufgestellt.

Was ist passiert?

Der Kläger widersprach im Dezember 2021 gegenüber der Beklagten, einem Pay-TV Anbieter, per E-Mail einer werblichen Nutzung seiner E-Mail-Adresse. Trotz dieses erklärten Willens, keine E-Mail-Werbung erhalten zu wollen, übersandte die Beklagte im Januar 2022 wiederholt und auch nach Abmahnung durch den Kläger, elektronische Werbung, u. a. für den Abschluss eines Mediathek-Abonnements. Der Kläger nahm die Beklagte daraufhin auf Unterlassung der Übersendung von Werbe-E-Mails in Anspruch. Diese erklärte hierzu, dass man den Kläger nach dessen Nachricht im Dezember 2021 darauf hingewiesen hätte, dass er die entsprechende Einwilligung im Kundenverwaltungssystem einfach entziehen könne. Da der Kläger dies nicht getan habe, habe sie davon ausgehen können, dass seine Einwilligung weiterhin Bestand haben könne.

Das AG München untersagte der Beklagten, im geschäftlichen Verkehr zu Werbezwecken mit dem Kläger per E-Mail-Kontakt aufzunehmen, sofern dessen ausdrückliche Einwilligung nicht vorliegt. Darüber hinaus wurde für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 EUR angedroht, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an dem oder den Geschäftsführer(n).

In der Begründung heißt es hierzu:

Die Verwendung von elektronischer Post für die Zwecke der Werbung gegen den eindeutig erklärten Willen des Klägers stellt einen Eingriff in seine geschützte Privatsphäre und damit in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht dar, § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB.“

Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Unterlassungsanspruch aus § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB wegen eines rechtswidrigen Eingriffs in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht zu.“ [Hervorhebungen nicht im Original]

Der zuständige Richter führte weiter aus:

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schütze den Bereich privater Lebensgestaltung und gebe dem Betroffenen das Recht, im privaten Bereich in Ruhe gelassen zu werden (vgl. Senat, Urteil vom 19.12.1995 – VI ZR 15/95, BGHZ 131, 332, 337; BVerfGE 35, 202, 220; 44, 197, 203). Daraus ergebe sich das Recht, die eigene Privatsphäre von unerwünschter Einflussnahme anderer freizuhalten und selbst darüber zu entscheiden, mit welchen Personen und in welchem Umfang ein Kontakt bestehen soll. Somit sei auch der Schutz vor Belästigungen durch unerwünschte Kontaktaufnahmen möglich. In der bloßen – als solche nicht ehrverletzenden – Kontaktaufnahme könne aber regelmäßig nur dann eine Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts liegen, wenn sie gegen den eindeutig erklärten Willen des Betroffenen erfolge; ansonsten wäre die Freiheit kommunikativen Verhaltens schwerwiegend beeinträchtigt (BGH, Urteil vom 15.12.2015 – VI ZR 134/15 -, Rn. 11 – 12, juris).

Dieser erkennbare Wille gegen die Kontaktaufnahme war durch den erklärten Widerspruch gegeben:

Der Widerspruch gegen die Zulässigkeit elektronischer Werbung sei an keine bestimmte Form gebunden, so das Gericht. Die Kundendatenverwaltung obliege allein der Beklagten und könne nicht auf den Kunden abgewälzt werden. Der Auffassung der Beklagten, der Klageantrag sei „zu weit gefasst“ könne zudem nicht gefolgt werden, da der Kläger der werblichen Nutzung seiner Daten ausdrücklich und unmissverständlich gegenüber der Beklagten widersprochen hat. Der Widerspruch würde grundsätzlich auch zeitlich unbeschränkt gelten, so dass für die Annahme einer mutmaßlichen Einwilligung durch die Beklagte künftig ohne weitere hinzutretenden Umstände kein Raum sei.

Dem Kläger sei ein rechtswidriger Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht widerfahren. Die für den Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr sei durch das festgestellte rechtsverletzende Verhalten der Beklagten indiziert.

Fazit:

Unternehmen, die gegenüber Kunden elektronische Post zu Werbezwecken ausspielen, sollten geeignete Maßnahmen ergreifen und technische Funktionen implementieren, um den Eingang von auch formlos erklärten Widersprüchen zu ermöglichen und auf diese dann rechtskonform reagieren zu können. Der Widerspruch muss einfach möglich sein, also nicht an zu hohe Hürden geknüpft sein und vom Werbenden bzw. Unternehmen intern zeitnah dokumentiert und ordnungsgemäß umgesetzt werden, sodass keine weitere elektronische werbliche Ansprache gegenüber dem Betroffenen erfolgt. Der Widerspruch muss – solang keine neue Rechtsgrundlage für den Versand der elektronischen Post greift, z.B. eine ausdrückliche Einwilligung – auf Dauer ausgelegt sein.

Leider geht das AG München in seinem Urteil nicht auf die gesetzlichen Voraussetzungen des hier relevanten § 7 Abs. 3 UWG ein, der eine werblichen Ansprache ohne Einwilligung ermöglicht. Sofern Verantwortliche sich auf diese Norm stützen möchten, sollte diese vorab kritisch geprüft und die Erfüllung der einzelnen Voraussetzungen sichergestellt werden.