Die „Hello-Barbie“ war ein Aufreger unter Datenschützern. Die vernetzte Puppe speichert Gespräche mit ihr auf einem Cloud-Server und generiert dort möglichst individuelle Antworten. Durch die Speicherung der Gespräche soll die Spracherkennung mit der Zeit immer ausgereifter werden. Die Hoheit über die Daten sollen wiederum die Eltern haben. Sie müssen einen passwortgeschützten Account anlegen und können die gespeicherten Informationen jederzeit anhören, aber auch jederzeit löschen. Selbst einen BigBrotherAward bekam die Puppe im vergangenen Jahr. Doch richtig laut wurde der Protest dann doch nicht, da die Puppe bisher nicht in Deutschland zu kaufen ist. Doch es gibt inzwischen vergleichbare Puppen, die sehr wohl in Deutschland vertrieben werden und das eine oder andere Kinderzimmer in Deutschland in ein Abhörzentrum verwandeln. Denn eines sollte den Eltern klar sein, mit den anfallenden Daten werden Geschäfte gemacht.
Die Puppe „My friend Cayla“ nimmt ähnlich wie die „Hello Barbie” alle Gespräche in ihrer Umgebung auf und überträgt die Daten dann an die Server der Drittfirma ToyQuest Limited mit Sitz in Hong Kong, China. Dort werden die Daten verarbeitet und – wenn „Cayla“ angesprochen wurde – eine „passende“ Antwort entworfen. Hierbei interagiert „Cayla“, die über Bluetooth mit einer zugehörigen App verbunden ist, über eine Stimme-zu-Text und Text-zu-Stimme-Technologie sogar mit der Google Suchmaschine, Wikipedia und Weather Underground.
Kürzlich musste sich nun die Bundesregierung mit diesem Thema aufgrund einer kleinen Anfrage der Abgeordneten Renate Künast (u.a.), ihres Zeichens nach Vorsitzende des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz im Bundestag, sowie der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen befassen.
In der Vorbemerkung der Fragesteller wird darauf hingewiesen, dass die Datenschutzbestimmungen der Puppe, die übrigens nur im Internet abrufbar sind, es dem Anbieter ToyQuest erlauben, „die „Audiodateien von den Stimmen der Nutzer, entsprechende Transkriptionen und/oder in Zusammenhang mit der Nutzung der App entstandene Log Files“ (http://myfriendcayla.de/datenschutz) an Drittfirmen weiterzuleiten. Eine dieser Drittfirmen ist dabei die zum Amazon-Konzern gehörende Firma Ivona. Diese behält sich wiederum vor, „to evaluate and profile customers, including customer preferences and purchasing trends, which we may use for marketing purposes and in respect of operations and development“ (http://www.ivona.com/us/privacy-policy/#head2).
Die Anfragenden Künast und Co befürchten, dass vermeintlich vertrauliche Kinderzimmergespräche für Werbezwecke genutzt werden.
Die Bundesregierung ist zwar der Meinung, dass die Einwilligung der Eltern als Teil der Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht ausreichend ist. Jedoch spielt sie den Ball den Datenschutzaufsichtsbehörden der Länder zu. Diese und nicht die Bundesregierung seien für die Einhaltung der Datenschutzbestimmungen zuständig. Doch die zuständigen Aufsichtsbehörden leiden bekanntermaßen an Personalmangel, was sich auf ihre Handlungsfähigkeit auswirkt. Und da Kinder keine große Lobby haben, wird sich an dem Vertrieb von derart kommunikativen Spielzeugen in naher Zukunft wohl nichts ändern.
Wochenspiegel für die 19. KW., das war Erdogan, beA, ein brutaler Polizist, Barbie und ein rasender Papagei – Burhoff online Blog
15. Mai 2016 @ 10:45
[…] Kinderzimmer – ein geschützter Raum oder doch eher Abhörzentrum?, […]