Einmal zu schnell gefahren und genau dann wird man geblitzt. Das ist nicht nur ärgerlich, sondern hat in vielen Fällen hohe Bußgelder oder schlimmstenfalls ein Fahrverbot zur Folge. Schneller als gedacht ist oft auch der entsprechende Bußgeldbescheid inklusive Foto im Briefkasten. Zur Ermittlung des Fahrers greifen die jeweiligen Behörden dann auf Daten zurück, die bei anderen Behörden hinterlegt sind. Besonders häufig wird der Lichtbildausweis angefordert, da sich hiermit meist zweifelsfrei der richtige Adressat für den Bußgeldbescheid ermitteln lässt. Dabei wird oft verkannt, dass ein solches Vorgehen nicht immer mit der DSGVO vereinbar ist. Mitunter fehlt es hierfür an einer entsprechenden Rechtsgrundlage. Genau mit dieser Problematik beschäftigte sich auch die Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit Nordrhein-Westfalen (LDI NRW) in ihrem 28. Bericht zum Datenschutz und zur Informationsfreiheit (siehe Pkt. 6.4, S. 63 ff.).

Exkurs: Einblick in die Ermittlungspraxis

Zum Verständnis des Problems ist es erforderlich, sich die gängige Ermittlungspraxis näher anzuschauen:

Wird der zuständigen Behörde mitgeteilt, dass eine Person geblitzt wurde, erfolgt zunächst eine Halterabfrage anhand des fotografierten Kennzeichens. Allein dieser Vorgang führt in vielen Fällen nicht zum gewünschten Erfolg. Denn oftmals möchte sich der Halter nicht dazu äußern oder gibt an, nicht selbst gefahren zu sein. Der Fahrer muss jedoch eindeutig ermittelt werden, da ein Bußgeld nur gegen die Person verhängt werden darf, die auch tatsächlich gefahren ist. Deshalb werden in den oben genannten Fällen die „Blitzerfotos“ anschließend mit einem behördlichen Lichtbild abgeglichen. Hierfür greift die zuständige Behörde auf die Lichtbilder zurück, die bei der Personalausweisbehörde hinterlegt sind. Anhand des Lichtbildes kann nun der Fahrer eindeutig ermittelt werden.

Datenschutzkonformität des Vorgehens

Bei der beschriebenen Praxis der Behörden stellt sich aber nun die Frage, ob ein solches Vorgehen überhaupt datenschutzkonform ist. Immerhin handelt es sich bei einem Lichtbild um ein personenbezogenes Datum, dessen Übermittlung einer entsprechenden Rechtsgrundlage nach der DSGVO oder einem Spezialgesetz bedarf.

Vorab müssen folgende Verarbeitungstätigkeiten voneinander streng abgegrenzt werden: Das Anfertigen des Blitzerfotos an sich und das Anfordern des Lichtbildausweises seitens der Behörde.

Anfertigung des Blitzerfotos

Das Anfertigen sowie die Verarbeitung des Blitzerfotos ist zulässig, da es gemäß Art. 2 Abs. 2 lit. d DSGVO nicht in den sachlichen Anwendungsbereich der DSGVO fällt. Denn der Anwendungsbereich ist hinsichtlich der Erhebung und Verarbeitung personenbezogener Daten nicht eröffnet, wenn diese zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafverfolgung, einschließlich des Schutzes vor und der Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit erhoben wurden. Obwohl Ordnungswidrigkeiten vom Ausnahmetatbestand nicht explizit aufgezählt werden, sind sie dennoch von diesen mit umfasst.

Anforderung des Lichtbildes

Das Anfordern des Lichtbildes von der zuständigen Behörde fällt allerdings nicht in den Ausnahmetatbestand des Art. 2 Abs. 2 lit. d DSGVO. Folglich ist der Anwendungsbereich der DSGVO eröffnet und es bedarf einer entsprechenden Rechtsgrundlage aus der DSGVO oder einem Spezialgesetz.

Voraussetzungen für die Rechtmäßigkeit des Zugriffs auf Lichtbilder

Eine mögliche Rechtsgrundlage kann sich in solchen Fällen aus § 24 Personalausweisgesetz (PAuswG) ergeben. Laut dem Bericht der LDI NRW liegen aber die Voraussetzungen des § 24 PAuswG in vielen Fällen gerade nicht vor, sodass der Lichtbildausweis eben nicht angefordert werden darf.

Nach § 24 Personalausweisgesetzes (PAuswG) ist das Anfordern unter folgenden Voraussetzungen möglich:

(1) „Die Personalausweisbehörden dürfen personenbezogene Daten nur nach Maßgabe dieses Gesetzes, anderer Gesetze oder Rechtsverordnungen erheben oder verwenden.

(2) Die Personalausweisbehörden dürfen anderen Behörden auf deren Ersuchen Daten aus dem Personalausweisregister übermitteln, wenn

  1. die ersuchende Behörde auf Grund von Gesetzen oder Rechtsverordnungen berechtigt ist, solche Daten zu erhalten,
  2. die ersuchende Behörde ohne Kenntnis der Daten nicht in der Lage wäre, eine ihre obliegende Aufgabe zu erfüllen, und
  3. die ersuchende Behörde die Daten bei dem Betroffenen nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand erheben kann oder wenn nach der Art der Aufgabe, zu deren Erfüllung die Daten erforderlich sind, von einer solchen Datenerhebung abgesehen werden muss.“

Bei einem Abgleich des Lichtbildausweises zur Fahrerabfrage beruht die Datenübermittlung auf § 24 Abs. 2 Nr. 3 PAuswG. Folglich ist der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in diesem Zusammenhang stets zu beachten. Insbesondere ist es für das Anfordern eines Lichtbilds stets erforderlich, dass die betroffene Person, welcher eine Ordnungswidrigkeit vorgeworfen wird, zuvor nach § 55 OWiG erfolglos angehört und auf die Möglichkeit eines Lichtbildabgleichs hingewiesen wird.

Rechtliche Bewertung des Vorgehens

Die Anforderung eines Lichtbilds gemäß § 24 PAuswG ist somit nicht sofort möglich. Vielmehr müssen zuerst andere und weniger einschneidende Maßnahme ergriffen werden. Insbesondere muss der betroffenen (= geblitzten) Person zumindest die Möglichkeit einer Anhörung gewährt werden. Erst nach erfolgter Anhörung oder nach gewährter Möglichkeit einer solchen darf der Lichtbildausweis angefordert werden. Ein Abgleich mit dem Lichtbild ist auch insbesondere in solchen Fällen nicht von vornherein zulässig, in denen sich aus den Halterdaten ergibt, dass die geblitzte Person nicht personenidentisch mit dem Halter des Fahrzeugs ist. Erst müssen weitere Ermittlungsmaßnahmen getroffen werden und der zunächst verdächtigte Fahrer muss wiederum zwingend angehört werden.

In vielen Fällen wurde jedoch laut dem Bericht der LDI NRW gerade nicht wie beschrieben vorgegangen, sondern stattdessen sofort ein Lichtbild von der zuständigen Behörde angefordert.

Anwendung auf einen Firmenwagen

Wird man während der Fahrt mit dem Firmenwagen geblitzt, bedeutet das, dass die zuständige Behörde nicht automatisch ein Lichtbild anfordern kann. Sie muss erst weitere Ermittlungsmaßnahmen treffen, um den Fahrer des geblitzten Autos ausfindig zu machen. Erst wenn mildere Ermittlungsmaßnahmen keinen Erfolg versprechen, darf auf das Lichtbild zurückgegriffen werden.

Fazit

Für die Ermittlung des richtigen Adressaten für den Bußgeldbescheid ist ein Abgleich mit den Lichtbildern möglich. Jedoch ist ein solches Vorgehen erst realisierbar, wenn die betroffene Person zuvor angehört bzw. ihr die Möglichkeit einer Anhörung gegeben wurde und keine weiteren, weniger einschneidenden Maßnahmen ersichtlich sind.