Ein weiterer Meilenstein für das Bildungssystem: Nachdem die ersten Telepräsenzroboter ihren Einzug in die Klassenzimmer gefunden haben (wir berichteten), wird in Baden-Württemberg nunmehr erstmals die Integration einer Künstlichen Intelligenz in einer Lernplattform getestet. Diese wegweisende Initiative verspricht nicht nur eine effizientere Gestaltung des Unterrichts, sondern könnte auch einen bedeutenden Beitrag zur individuellen Förderung der Schülerinnen und Schüler leisten. Auf der anderen Seite wirft das Vorhaben jedoch nicht nur pädagogische, sondern auch datenschutzrechtliche Fragen auf.
Innovative Technologie trifft auf traditionelles Lernen
Während der Pilotphase werden zunächst Lehrkräfte in Ausbildung die Gelegenheit haben, den Einsatz von Künstlicher Intelligenz zu erproben. An den Pilotseminaren werden angehende Lehrkräfte speziell im pädagogischen Einsatz des Chatbots geschult. Nachfolgend sollen auch Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit erhalten, Künstliche Intelligenz zu nutzen und zu erforschen. So erhalten sie einerseits eine praxisnahe Einführung in die verantwortungsvolle Nutzung generativer Sprachmodelle. Zum anderen soll die KI ermöglichen, den Unterricht stärker auf die Bedürfnisse jedes einzelnen Schülers zuzuschneiden. Durch die Analyse von Daten sollen somit personalisierte Lernpfade erstellt werden können, basierend auf den individuellen Stärken und Schwächen der Schülerinnen und Schüler. Darüber hinaus kann die KI die Lehrkräfte bei Erkennen von Schwierigkeiten frühzeitig auf diese aufmerksam machen. So können gezielte Unterstützungsmaßnahmen eingeleitet werden, bevor sich Lernprobleme weiter verschärfen.
Dies soll ermöglichen, den Lernprozess effizienter zu gestalten und sicherzustellen, dass jeder sein volles Potenzial entfalten kann.
Ursprung und Datenschutzberatung
Bei der Einführung war auch der Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit Baden-Württemberg (LfDI) involviert, welcher seine Einschätzungen u.a. im Rahmen des Tätigkeitsberichts für 2023 festhielt. Hiernach soll das sog. „fAIrchat-Modul“ als Vermittler zwischen Nutzern der Lernplattform Moodle und ChatGPT fungieren. Was es besonders macht: Es sorgt dafür, dass keine Metadaten an OpenAI, den Betreiber von ChatGPT übermittelt werden.
Der Datenschutz wird weiterhin durch die Nutzung des Application Interfaces (API) und die Vertragsbedingungen mit OpenAI gewährleistet, wonach die Daten nicht zur Weiterentwicklung oder Verbesserung verwendet werden dürfen. Die Nutzungsordnung von fAIrchat untersagt ebenfalls die Verwendung von personenbezogenen Daten, und Lehrkräfte können nachträglich die Anfragen der Lernenden in Moodle einsehen. Letztlich wurden weitere Anforderungen des LfDI zum Beispiel in Bezug auf Angaben von Verwendungsmöglichkeiten wie etwa die Chat-Speicherung und Hinweise auf Einstellungen wie die Speicherdauer oder das Akzeptieren von Cookies umgesetzt.
Verantwortung der Lehrkräfte und Transparenz
Eine entscheidende Rolle sollen die Lehrkräfte spielen, die die Schülerinnen und Schüler explizit darauf hinzuweisen haben, dass keine personenbezogenen Daten in das System eingegeben werden dürfen. Mittels zumindest stichprobenhafter Überprüfung der Eingaben soll eine risikoangemessene Kontrolle gewährleistet werden. Unter diesen Voraussetzungen erscheint die Verwendung der KI im Rahmen des Unterrichts nach Ansicht des Landesbeauftragten datenschutzrechtlich vertretbar.
Chancen und Herausforderungen
Die Einführung von KI in Bildungseinrichtungen bringt zweifellos eine Vielzahl von Chancen mit sich, birgt aber auch Herausforderungen. Datenschutz und ethische Überlegungen müssen sorgfältig berücksichtigt werden, um sicherzustellen, dass Schülerinnen und Schüler in einer sicheren Lernumgebung agieren können. KI sollte als Werkzeug betrachtet werden, das die Arbeit der Lehrer unterstützt und nicht ersetzt.
Die Einführung von KI in Bildungseinrichtungen erfordert somit nicht nur technologisches Know-how, sondern auch eine sorgfältige Beachtung datenschutzrechtlicher Aspekte. Der Einsatz des fAIrchat-Moduls in Moodle zeigt, dass durch klare Richtlinien, transparente Informationsweitergabe und die Einbindung von Lehrkräften ein datenschutzrechtlich vertretbarer Einsatz von KI im Bildungsbereich möglich ist.
Ausblick in die Zukunft
Die Testphase in Baden-Württemberg markiert einen bedeutenden Schritt in Richtung einer modernen, anpassungsfähigen Bildung. Ziel ist, zum Herbst 2024 eine Entscheidungsgrundlage zu haben, inwieweit fAIrChat flächendeckend zur Verfügung gestellt werden kann.
Wenn dieses Ziel erreicht wird, könnte das Vorhaben als Modell für andere Bildungseinrichtungen dienen. Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz verspricht nicht nur eine effizientere Nutzung der Ressourcen, sondern auch eine personalisierte Lernerfahrung für jeden Schüler. Dies könnte einen entscheidenden Beitrag dazu leisten, die Bildungsgerechtigkeit zu fördern und die Schülerinnen und Schüler besser auf die Herausforderungen der digitalen Welt vorzubereiten.