Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat entschieden, dass Beweise aus Überwachungsmaßnahmen, die gegen den Datenschutz verstoßen, eine Kündigung nicht begründen können.

Wir berichteten bereits über die Entscheidung des BAG. Nun liegen die Entscheidungsgründe vor. Erst kürzlich hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) über einen ähnlichen Fall geurteilt (wir berichteten). Die Entscheidungsgründe des BAG zeigen, dass es auf einer Linie liegt mit dem EGMR liegt.

Das BAG hatte sich nämlich auch mit der Frage zu befassen, ob Beweise vor Gericht verwertet werden dürfen, die auf unzulässige Weise erlangt worden sind. Der EGMR hatte bei so einer Beweisverwertung die rumänischen Gerichte gerügt und dem klagenden Arbeitnehmer Schadensersatz zugesprochen.

Im Fall vor dem BAG ging es um einen Arbeitnehmer, der den dienstlichen Internetanschluss und den E-Mailaccount zu privaten Zwecken nutzte, wobei von Seiten des Arbeitgebers Missbrauch des Gebrauchs vorgebeugt werden sollte und der Internettraffic mitgeloggt werden sollte. Darüber informierte er auch die Arbeitnehmer. Nicht deutlich wurde, ob der Arbeitgeber jegliche private Nutzung ausschließen wollte. Die Überwachung der Mitarbeiter erfolgte letztlich durch Einsatz eines Keyloggers (protokolliert die Tastaturanschläge am Keyboard) und durch heimliche Screenshots des Bildschirms. Aufgrund der Protokolle des Keyloggers und der Screenshots wurde einem Mitarbeiter, der private Tätigkeiten während der Arbeitszeit durchführte fristlos gekündigt. Im Kündigungsschutzprozess legte der Arbeitgeber zur Begründung der Kündigung die Protokolle des Keyloggers und Screenshots vor. Das Gericht musste nun entscheiden, ob diese Beweise zulässig erhoben wurden und bei der Urteilsfindung berücksichtigt werden durften (Zu näheren Einzelheiten des Sachverhalts, unser Blogbeitrag).

Das BAG kommt zu dem Schluss, dass die Vorinstanz zu Recht die angebotenen Beweismittel bei der Urteilsfindung nicht berücksichtigt hat.

Ein Beweisverwertungsverbot kann sich dabei aus der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nach Art. 2 I i.V.m. Art. 1 I GG bzw. Art. 8 Abs. 1 EMRK ergeben, so das BAG.

Die Verletzung der Persönlichkeitsrechte liegt nach dem BAG insbesondere dann vor, wenn personenbezogene Daten in unzulässiger Weise nach dem BDSG erhoben und verarbeitet werden.

Die Protokolle des Keyloggers und die Screenshots sind Daten, die dem Mitarbeiter zugeordnet werden können und sind damit personenbezogen. Damit ist der Anwendungsbereich des BDSG eröffnet.

Das BAG stellte fest, dass eine Einwilligung in die Datenerhebung und -verarbeitung nach § 4a BDSG nicht vorlag. Es stellt ausdrücklich fest, dass ein fehlender Widerspruch keine Einwilligung im Sinne des BDSG ist. Daher ließe sich eine zulässige Erhebung und Verarbeitung darauf nicht stützen.

Gleichzeitig bemängelt das BAG, dass der Arbeitgeber nicht darüber informiert habe, dass ein Keylogger genutzt und Screenshots angefertigt werden solle. Also selbst wenn eine Einwilligung vorläge, wäre diese unwirksam, da der Arbeitgeber seinen Informationspflichten aus dem BDSG gegenüber seinen Mitarbeitern nicht nachgekommen ist.

Weiter prüft das BAG, ob der Einsatz des Keyloggers und Screenshots von der Rechtsgrundlage aus § 32 Abs. 1 BDSG gedeckt sind. Das BAG führt aus, dass der Arbeitgeber nach Satz 1 die Möglichkeit hat, die Arbeitnehmer zu kontrollieren, ob sie ihren arbeitsvertraglichen Pflichten nachkommen. Nach Satz 2 darf der Arbeitgeber Daten über den Arbeitnehmer erheben und verarbeiten, wenn ein konkreter Verdacht einer Straftat, begangen durch einen bestimmten Arbeitnehmer, im Raume steht.

Allerdings bedarf es einer Abwägung der Interessen des Arbeitgebers an der Kontrolle bzw. Aufklärung mit dem Interesse des Arbeitnehmers auf Schutz seines Persönlichkeitsrechts.

Hier zeigen sich in den Ausführungen zur Abwägung Parallelen mit dem EGMR. Beide Gerichte fordern, dass der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht geeignet, erforderlich und angemessen sein muss. Dabei dürfen keine gleich geeigneten, aber milderen Mittel zur Verfügung stehen, um den Zweck der Datenerhebung und -verarbeitung zu erreichen.

Das BAG macht aber auch deutlich, dass präventive Maßnahmen bei Vorliegen einer abstrakten Gefahr verhältnismäßig sein können, wenn sie keinen solchen psychischen Anpassungsdruck erzeugen, dass die Arbeitnehmer in ihrer Freiheit, ihr Handeln aus eigener Selbstbestimmung zu planen und zu gestalten, wesentlich gehemmt sind. Daher kann zum Beispiel die vorübergehende Speicherung und stichprobenartige Kontrolle der Verlaufsdaten eines Internetbrowsers zulässig sein, um die Einhaltung eines Verbots oder Beschränkung der Privatnutzung des Internets zu kontrollieren. Der Eingriff ist deswegen verhältnismäßig, weil dann lediglich Adresse, Titel der aufgerufenen Seite und Zeitpunkt des Aufrufs protokolliert werden.

Dagegen stehe der verdeckte und zeitlich unbegrenzte Einsatz eines Keyloggers in der Eingriffsintensität in die Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer mit einer Videoüberwachung gleich.

Die Protokollierung des Keyloggers erstelle ein lückenloses Profil des Arbeitnehmers. Dabei könnten auch besonders schutzwürdige Daten (bspw. Gesundheitsdaten, politische Meinungen, Gewerkschaftszugehörigkeit) oder sensible Daten (Bankdaten, Kreditkartendaten etc.).

Dieser, wie das BAG formuliert, schon „weit überschießende Eingriff in das Recht der informationellen Selbstbestimmung“ werde durch die Screenshots noch verstärkt.

Das BAG kommt daher zu dem Schluss, dass der Einsatz des Keyloggers und die Anfertigung von Screenshots eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte und daher unzulässig nach dem BDSG sind. Es bestehe auch keine Notwehr- oder notwehrähnliche Situation nach § 227 BGB bzw. § 32 StGB, noch eine Notstandslage nach § 34 StGB des Arbeitgeber, wenn er eine Überwachungsmaßnahme „ins Blaue hinein“ veranlasse.

Fazit

Die Arbeitgeber sollten vor Überwachungsmaßnahmen die zulässigen rechtlichen Spielräume ausloten, damit Beweise, die erlangt werden, überhaupt in einem Kündigungsschutzverfahren eingebracht werden können. Dazu hat der EGMR in seinem letzten Urteil einen sehr prägnanten Fragenkatalog zusammengestellt.