Die Veröffentlichung von personenbezogenen Daten im Internet – datenschutzrechtlich oftmals ein heikles Thema. Gerade, wenn es sich um Informationen über die eigene finanzielle Situation handelt, kann deren allgemeines Bekanntwerden für den Betroffenen nicht nur unangenehm und belastend sein, sondern gegebenenfalls auch zu Nachteilen im Geschäftsleben und Rufschädigungen führen. Umso erstaunlicher erscheint vor diesem Hintergrund, dass auf der Seite www.insolvenzbekanntmachungen.de tatsächlich nicht nur öffentlich abrufbar über Privatinsolvenzen informiert wird, sondern diese Mitteilungen sogar gesetzlich vorgeschrieben sind. So sieht § 9 Abs. 1 InsO (Insolvenzordnung) ausdrücklich vor, dass eine Insolvenz „durch eine zentrale und länderübergreifende Veröffentlichung im Internet“ (zumindest auszugsweise) auf der besagten Seite bekanntzugeben ist, wobei der Schuldner genau bezeichnet werden muss und insbesondere auch eine Angabe seiner Adresse sowie seines Geschäftszweiges zu erfolgen hat. Letztlich lässt sich somit durch viel Neugier und wenige Klicks und Tastenanschläge herausfinden, dass sich Freunde, Verwandte oder Bekannte, bei denen dies womöglich bereits vermutet wird, in einem Insolvenzverfahren befinden. Gleichzeitig wirft diese Möglichkeit jedoch auch die Frage auf, ob damit nicht unzulässig in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des jeweiligen Schuldners eingegriffen wird, beziehungsweise dieser die Veröffentlichung nicht mit Bezugnahme auf geltende Datenschutzgesetze unterbinden kann.

Rechtsgrundlage für Insolvenzbekanntmachungen?

An dieser Stelle ist darauf zu verweisen, dass sich die Zulässigkeit einer Verarbeitung von personenbezogenen Daten seit Inkrafttreten der Datenschutz-Grundverordnung nach Art. 6 DSGVO richtet und mindestens einer der dort verankerten Erlaubnistatbestände erfüllt sein muss. Die Erlaubnis zur Veröffentlichung der Schuldnerdaten kann sich dabei zum einen aus Art. 6 Abs. 1 lit. c, Art. 6 Abs. 3 S. 1 lit. b DSGVO ergeben. Demnach ist eine Verarbeitung von personenbezogenen Daten gestattet, wenn sie zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung aus einem Recht des jeweiligen Mitgliedsstaates erforderlich ist, was insofern gegeben ist, da § 9 Abs. 1 InsO die Insolvenzbekanntmachung ausdrücklich vorsieht. Daneben kommt zum anderen auch eine Zulässigkeit nach Art. 6 Abs. 1 lit. e, Art. 6 Abs. 3 S. 1 lit. b DSGVO in Betracht, wonach eine Verarbeitung auf Basis einer Rechtsgrundlage im jeweiligen Mitgliedsstaat erlaubt ist, wenn eine Erforderlichkeit für die Wahrnehmung einer Aufgabe, die entweder im öffentlichen Interesse liegt oder in Ausübung öffentlicher Gewalt erfolgt, die dem Verantwortlichen übertragen wurde, besteht. In diesem Zusammenhang ist auf den Sinn und Zweck der gesetzlich vorgegebenen öffentlichen Bekanntgabe von Insolvenzverfahren zu verweisen, die in dem Gesetzesentwurf zur Vereinfachung des Insolvenzverfahrens näher erläutert werden. Als primärer Grund für die Veröffentlichung ist dort die Unterrichtung des Geschäftsverkehrs, insbesondere von Gläubigern, allerdings auch von potentiellen Geschäftspartnern, über die wirtschaftliche Lage des Schuldners angeführt. Neben der Benachrichtigungs- und Warnaufgabe, wird im Entwurf zudem auf die Publizitätswirkung der Veröffentlichung eingegangen. So genügt die öffentliche Bekanntmachung gemäß § 9 Abs. 3 InsO als Nachweis einer Zustellung an alle Beteiligten, weshalb zuzustellende Schriftstücke nicht zwingend allen Gläubigern einzeln zugehen müssen. Die Tatsache, dass die Veröffentlichung im Internet stattfindet, wird mit der Effektivität dieses Mediums und der dadurch geringen Kostenbelastung der Insolvenzmasse beziehungsweise der öffentlichen Hand begründet.

Regelungen zum Schutz der Schuldner

Allerdings stellt sich hier die Frage, welche Maßnahmen zum Schutz der betroffenen Schuldner getroffen werden, da – wie bereits erwähnt – trotz der aufgeführten, dafürsprechenden Gründe, eine öffentliche Bekanntmachung einer Insolvenz starke Auswirkungen auf das wirtschaftliche und soziale Leben einer Person mit sich bringen kann. Dieser Konflikt wird durch konkrete Regelungen zum Schuldnerschutz in §§ 1-5 InsBekV (Verordnung zu öffentlichen Bekanntmachungen in Insolvenzverfahren und Restrukturierungssachen im Internet) zu lösen versucht. In dieser Verordnung, in der die Anforderungen an Insolvenzbekanntmachungen spezifiziert werden, ist unter anderem festgelegt, dass in der Veröffentlichung nur diejenigen Daten enthalten sein dürfen, die für die Bekanntmachung von Insolvenzverfahren gesetzlich vorgeschrieben sind (§ 1 S. 2 InsBekV). Zudem müssen technische und organisatorische Maßnahmen getroffen werden, damit die Daten „während der Veröffentlich unversehrt, vollständig und aktuell bleiben“ (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 InsBekV) und Insolvenzverfahren von Schuldnern, die weder eine selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit ausüben noch ausgeübt haben, nach Ablauf von zwei Wochen nach dem Veröffentlichungsdatum nur noch unter gewissen Voraussetzungen abrufbar sind, nämlich, wenn erstens nach dem Sitz des zuständigen Insolvenzgerichts und zweitens entweder nach dem Familiennamen oder dem Wohnsitz des Schuldners oder nach dem Aktenzeichen des Gerichts gesucht wird (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 InsBekV). Zusätzlich zu diesen Anforderungen werden außerdem auch Löschfristen für die Daten verankert. So ist vorgesehen, dass diese spätestens sechs Monate nach einer Aufhebung oder einer rechtskräftigen Einstellung des Insolvenzverfahrens von der Internetseite entfernt werden müssen (§ 3 Abs. 1 InsBekV).

Probleme der öffentlichen Bekanntmachung – Schuldner-Apps & Co.

Während die Bekanntmachung der Insolvenzen eine gesetzliche Pflicht der zuständigen Gerichte ist, für die geregelte Vorgaben bestehen, führt die öffentliche Zurverfügungstellung im Internet jedoch zu einem anderen datenschutzrechtlichen Problem: So kam es bereits dazu, dass private Dritte die Daten, die unter www.insolvenzbekanntmachungen.de veröffentlicht wurden – zum Leidwesen der Schuldner – für eigene Webseiten oder Apps genutzt haben. Ein Beispiel dafür ist die App „Achtung Pleite“, die vor einigen Jahren im Fokus stand, weil sie die Daten verwendete, um sämtliche Privat- und Firmeninsolvenzen auf einer Karte darzustellen. Durch die mögliche, gezielte Suche nach Namen, Straßen, Postleitzahlen, Orten und Ortsteilen ließ sich dabei letztlich nicht nur feststellen, welche Gegenden vermehrt von Insolvenzen betroffen waren. Die Kartenansicht erlaubte es auch, sehr leicht zu identifizieren, ob sich jemand in unmittelbarer Nähe in einem entsprechenden Verfahren befand.

Unter datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten ist eine solche App nach Ansicht des Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Rheinland-Pfalz (LfDI Rheinland-Pfalz) jedoch als unzulässig zu bewerten. Sofern private Stellen Insolvenzdaten verarbeiteten, um diese im Internet oder durch eine App bekanntzugeben, sei die Rechtsgrundlage dafür Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO. Eine zulässige Verarbeitung liege dementsprechend vor, wenn sie berechtigten Interessen diene und die Rechte und Freiheiten der Betroffenen diesen gegenüber nicht überwiegen. Dies sei jedoch nicht gegeben, „wenn die Veröffentlichung über die Veröffentlichung im öffentlichen Insolvenzportal hinausgeht“. Eine Unzulässigkeit (aufgrund von überwiegenden Interessen der Schuldner) sei somit insbesondere anzunehmen, sollten die Daten länger verfügbar als über die Seite www.insolvenzbekanntmachungen.de abrufbar, über Suchmaschinen (gerade auch über Namenseingaben) auffindbar oder für den Schuldner nachteilhaft verändert worden sein, z.B., indem sie mit Geodaten verknüpft wurden. Weiterhin verwies der LfDI Rheinland-Pfalz auf eine Entscheidung des Amtsgerichts Rockenhausen aus dem Jahr 2016, nach der mit einer Veröffentlichung von Schuldnerdaten aus Insolvenzverzeichnissen in einer App gegen Datenschutzrecht verstoßen wird, „wenn durch die Verknüpfung der Daten mit einzelnen Suchbegriffen und deren Einbettung in eine Kartenansicht eine „Prangerwirkung“ entsteht, weil der Nutzer sich die Insolvenzschuldner eines gesamten Postleitzahlengebietes oder auch von ganzen Orten, Ortsteilen oder Straßen anzeigen lassen kann“, gleichzeitig aber nicht ersichtlich sei, welches berechtigte Interesse nach § 29 Abs. 2 BDSG (nun dem Sinn nach Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO) der App-Nutzer daran haben könne, „dass ihm eine Gesamtauflistung aller Schuldner einer bestimmten Stadt, eines Ortes, eines Ortsteiles oder einer bestimmten Straße angezeigt wird“.

Während die App „Achtung Pleite“ tatsächlich umgestaltet worden ist und heute nur noch Firmeninsolvenzen anzeigt, wurde jedoch auch danach noch von Betroffenen berichtet, die bei einer Google-Suche nach dem eigenen Namen auf Internetseiten mit ihren Insolvenzdaten stießen. Auf dieses Thema und diesbezügliche Beschwerden hat in der Vergangenheit auch der Hamburgische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit (HmbBfDI) aufmerksam gemacht. Während bei dem amtlichen Insolvenzportal technisch ausgeschlossen werde, dass Suchmaschinen die Daten anzeigten, sei dies bei Internetseiten von Drittanbietern, welche die Daten erneut veröffentlichten, nicht der Fall. Dass Informationen über Insolvenzverfahren durch eine einfache Namenssuche aufgefunden werden könnten, greife erheblich in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ein, betreffe „das persönliche und berufliche Ansehen sowie die künftigen Entfaltungsmöglichkeiten“ negativ und könne „erhebliche Auswirkungen auf die Teilnahme am geschäftlichen Verkehr haben“, auch auf „existenzielle Bereiche wie Miet- oder Arbeitsverhältnisse“. Zudem führte der HmbBfDI die Auffindbarkeit dieser Informationen auch ohne Vorliegen eines speziellen Informationsinteresses an.

Unzulässige Veröffentlichungen – wie zu verhindern?

Auch wenn der HmbBfDI zum damaligen Zeitpunkt erreichen konnte, dass einige der Internetseiten, auf denen personenbezogene Insolvenzdaten unzulässig veröffentlich worden waren, nicht mehr in den Google-Suchergebnissen erschienen, stellt sich dennoch die Frage, wie dieses Problem zukünftig gelöst werden soll. So wird auf dem Webauftritt des Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit Nordrhein-Westfahlen (LfDI Nordrhein-Westfahlen) darüber informiert, es werde mit dem für www.insolvenzbekanntmachungen.de zuständigen Ministerium gesprochen, wobei das Ziel sei, das Auslesen von Daten und deren dauerhafte, suchfähige Veröffentlichung durch private Dritte zu erschweren. Jedoch gestalte „sich die tatsächliche und rechtliche Situation für Einschränkungen schwierig“. Dem LfDI Nordrhein-Westfahlen zufolge konnte „im Ergebnis […] trotz intensiver Bemühungen aller beteiligten Stellen bisher noch keine Lösung gefunden werden, die den bestehenden Interessen gerecht wird und gleichzeitig den rechtlichen Vorgaben des Insolvenzrechts genügt“. Er gibt daher die Empfehlung, sich als Betroffener direkt an das jeweilige Unternehmen, wie beispielsweise Google, zu wenden und bei diesem eine Löschung zu beantragen.

Letzten Endes stellt sich angesichts dieser Aussagen jedoch die Frage, ob die Schuldner dauerhaft darauf angewiesen sein werden, proaktiv von ihrem Recht auf Vergessenwerden in Art. 17 DSGVO Gebrauch zu machen, beziehungsweise welche Wege bestehen, um einer unzulässigen Veröffentlichung ihrer Daten entgegenzuwirken. Fest steht, dass die Veröffentlichung von Insolvenzdaten durch private Dritte denselben oben beschriebenen Anforderungen entsprechen müsste (etwa im Hinblick auf die Auffindbarkeit und Verfügbarkeit der Daten), die von der Seite www.insolvenzbekanntmachungen.de zu erfüllen sind. Ob dies praktisch durchsetzbar ist, bleibt – sehr zum Nachteil der Schuldner, die womöglich immer wieder mit Suchergebnissen zu ihrer Insolvenz konfrontiert werden können – mehr als zweifelhaft.