In den letzten Jahren kam es immer häufiger zu Gewalttaten in den Fußballstadien dieser Welt. Und auch die terroristische Bedrohungslage besteht bei Großveranstaltungen nach wie vor, insbesondere wenn viele hundert Millionen Menschen weltweit das Ereignis live am Fernseher verfolgen.

Dies nahm der europäische Fußballverband UEFA anscheinend zum Anlass, beim diesjährigen Finale der UEFA Champions League im National Stadium of Wales in Cardiff am 3. Juni 2017 auf eine Videoüberwachung mit automatischer Gesichtserkennung zu setzen. Demnach müssen sich die rund 75.000 erwarteten Besucher im Rahmen der Zutrittskontrolle am Stadion dem Scan des Gesichts bei zeitgleichem Abgleich des Fotos mit einer speziellen Datenbank mit ca. 500.000 Gesichtern von mutmaßlichen Gefährdern unterziehen.

Die Gesichtserkennungssoftware soll in Echtzeit überprüfen, ob der Besucher einer der vermeintlichen Verdächtigen aus der Datenbank ist. Wer sich, aus welchen Gründen auch immer, in dieser Bilderliste befindet, darf das Stadien nicht betreten – selbst als Inhaber eines gültigen Tickets. Unklar ist, was die weiteren Folgen bei einem Treffer wären und ob der Käufer finanziell entschädigt würde.Nähere Informationen zur konkret eingesetzten Technik und Software sind nicht bekannt.

Was ist mit dem Datenschutz?

Eine derartige Personenkontrolle anhand biometrischer Daten beim Abgleich mit „Verbrecher“-Dateien in Echtzeit wäre bei einem Sportereignis einmalig. Herkömmliche Taschenkontrollen durch Sicherheitspersonal und elektronische Ticket-Scanner bleiben darüber hinaus bestehen. Insgesamt erinnert vieles an die Sicherheitskontrollen an Flughäfen.

Die UEFA hat als Veranstalter wie auch der Stadionbetreiber ein grundsätzliches Hausrecht. Das Hausrecht umfasst auch das Recht, die Zugangskontrollen und Nutzungsbedingungen für den Besuch der Veranstaltung festzulegen. Der Veranstalter kann sogar aus Gründen der Sicherheit einem Ticketinhaber den Zutritt verwehren oder diesen bei Verstößen gegen die Nutzungsbedingungen von der Sportstätte entfernen lassen. Gleichwohl bleibt bei dieser zusätzlichen Stufe der Kontrolle ein fader Beigeschmack.

Denn immer wieder kritisieren Datenschützer die flächendeckende, intelligente Videoüberwachung. Anders als bei der Videoüberwachung im öffentlichen Raum, beispielsweise an Bahnhöfen oder in Einkaufszentren würde dieses System hier ein zwingender Bestandteil der Zutrittskontrolle für Jedermann darstellen – und daher dem Karteninhaber und Stadionbesucher keine Wahlmöglichkeit lassen. Jeder Gast wird gefilmt und kann sich noch nicht einmal mit einem Hut oder Sonnenbrille schützen.

Dieser Vorgang berührt auch den Datenschutz: Schließlich sind die Aufnahmen des Gesichts und folglich die Auswertung bzw. Speicherung der biometrischen Daten als besonderes personenbezogenes Datum in Deutschland nach dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) geschützt. Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) sieht sogar in Art. 9 Abs. 1 DSGVO einen erhöhten Schutz der biometrischen Daten des Einzelnen. Bei der Gesichtserkennungssoftware bedarf es daher einer besonderen Rechtsgrundlage wie auch strenge Vorgaben hinsichtlich der Verarbeitung und Speicherung dieser personenbezogenen Daten. Die gesammelten Informationen sollten daher idealerweise nur vorrübergehend gespeichert und vor Zugriffen Dritter geschützt werden.

Generalverdacht und Terrorabwehr?

Als Argument für den Einsatz dieser Technik lässt sich immer wieder die Terrorabwehr ins Felde führen. Aber auch allgemeine Ausschreitungen durch Hooligans wie auch die Verwendung von Feuerwerkskörpern sind keine Seltenheit in den Stadien und vielen Veranstaltern ein Dorn im Auge.

Allerdings bestehen gewisse Zweifel an der Wirksamkeit der beabsichtigen Sicherheitskontrollen durch die Videotechnik mit Gesichtserkennung. Würden sich die tatsächlichen Gefährder überhaupt in der großen Datei befinden? In der Vergangenheit war dem oftmals nicht so. Zudem sind Fehler der Technik wahrscheinlich, insbesondere bei einer regelmäßigen Treffergenauigkeit von „nur“ ca. 97 bis 98 Prozent. Wie viele Personen würden daher fälschlicherweise als Verdächtiger erkannt und zu Unrecht am Besuch gehindert werden? Das System führt zum Generalverdacht.

Zu guter Letzt sei die Frage erlaubt, ob Taschenkontrollen oder Metalldetektoren nicht ebenso wirkungsvolle Mittel darstellen würden anstelle des datenschutzrechtlich umstrittenen Abgleichs biometrischer Daten mit Gefährder-Dateien. So könnten Waffen oder Sprengstoff auch im Vorfeld des Spieles festgestellt werden.

Indes dürften die neuartigen Personenkontrollen die allermeisten Ticketkäufer nicht vor dem Besuch des Fußball-Highlights abschrecken. Wer mehrere Hundert Euro für eine der begehrten Karten aufbringt und zumeist noch weitere Reisekosten trägt, wird wohl die Bildaufnahme über sich ergehen lassen.