Mit dem vernetzten Auto haben wir uns bereits an mehreren Stellen befasst. Ein Aspekt, der in der aktuellen Diskussion bislang wenig Berücksichtigung findet, ist die gesundheitliche Überwachung des Fahrers.

Ausgehend von ca. knapp 5.500 Kollisionen, die nach offiziellen Angaben jährlich in Deutschland infolge körperlicher und geistiger Mängel mit dem Auto verursacht werden, hat die Unfallforschung der Versicherer (UDV) dies zum Anlass genommen, bislang unerklärliche Autounfälle zu untersuchen. Das Ergebnis war, dass bei 36 Prozent der Unfälle medizinische Probleme der Fahrer unfallursächlich waren. Ablenkung war nur in 26 Prozent der Auslöser für Kollisionen, gefolgt von Witterungs- und Alkoholeinfluss.

Aufgrund des fortschreitenden demographischen Wandels steigt die Anzahl älterer Autofahrer, die wegen möglicher körperlicher Defizite eine Gefahrenquelle im Straßenverkehr bedeuten können. Im Ausland gibt es deshalb regelmäßige Gesundheitsüberprüfungen älterer Autofahrer, die die Bundesregierung jedoch hierzulande nicht für erforderlich hält.

Abhilfe soll nach Vorstellung der Automobilindustrie vielmehr die Überwachung des Fahrzeuginnenraums durch Kameras und Sensoren schaffen. Hierdurch sollen sowohl der Gesundheitszustand des Fahrers wie auch dessen Aufmerksamkeit überwacht werden,  damit dieser notfalls ein Warnsignal erhält und der Kurs des Fahrzeugs korrigiert wird. Beispielsweise arbeitet der Automobilzulieferer Continental an Innenraumkameras, die ermitteln sollen, ob der Autofahrer aktiv am Verkehrsgeschehen teilnimmt. Sollte letzterer unaufmerksam sein oder ein gesundheitliches Problem eintreten, vibriert der Fahrersitz und der Blick des Fahrers wird durch Leuchtelemente auf die Instrumententafel geführt. Als Indikator für die Aufmerksamkeit des Fahrers soll zudem dessen Augenlidschlag mithilfe einer Infrarotkamera überwacht werden. Anzahl und Dauer der Lidschläge sollen Aufschluss über eine mögliche Übermüdung des Fahrers geben.

Als weitergehende Überwachungsmethode wird von Wissenschaftlern in Zusammenarbeit mit Ford ein sog. „Heart Rate Monitoring Seat“ entwickelt, der die Aufgabe hat, als EKG-Messsystem Gesundheitsdaten wie Herzschlag, Hauttemperatur oder Atmungswerte zu überwachen. Anschließend ist die ärztliche Auswertung der Daten eines solchen Langzeit-EKG durch einen Arzt vorgesehen.

BMW entwickelt als weitere Maßnahme einen Nothalte-Assistenten, mit dem das Auto nicht unmittelbar abgebremst wird, sondern erst nachdem sich das Fahrzeug am Straßenrand befindet. Außerdem soll das Fahrzeug hiernach automatisch einen SOS-Notruf an den Rettungsdienst mitsamt der Herz- und Kreislaufdaten des Fahrers absetzen.

Was hat das mit dem Datenschutz zu tun?

Die beschriebenen Neuerungen mögen sinnvoll sein, um insbesondere durch ältere Verkehrsteilnehmer herbeigeführte Unfälle zu vermeiden. Gleichwohl erfassen die Sensoren über einen längeren Zeitraum eine Vielzahl hochsensibler Gesundheitsdaten des Fahrers verbunden mit dessen Bewegungsprofil. Für eine datenschutzrechtlich zulässige Erhebung dieser personenbezogenen Daten bedarf es einer informierten Einwilligung des Fahrers, insbesondere dann, wenn die Daten nicht nur dem Notarzt sondern möglicherweise auch Dritten zugänglich gemacht werden. Denkbar wäre hierbei u.a. die Weitergabe der Daten an Kranken- und Autoversicherungen. Fahrer, die regelmäßig ihren Gesundheitszustand im Auto überwachen lassen, könnten Vergünstigungen erhalten, so wie dies einige Krankenversicherungen bereits bei der Verwendung von Wearables anbieten. Dies würde wiederum den Kostendruck auf die Autofahrer erhöhen, sich möglicherweise in Zukunft einer entsprechenden Langzeitüberwachung im Fahrzeug auszusetzen. Denkbar wäre auch die Einführung einer Altersgrenze für den Fahrer, ab der die Überwachung des Fahrzeuginnenraums verpflichtend wäre, um Kollisionen vorzubeugen.

Nicht zuletzt bleibt die Frage offen, ob die Daten möglicherweise künftig in einer internationalen Cloud-Lösung des Fahrzeugherstellers gespeichert werden, was bei Gesundheitsdaten generell als unzulässig angesehen wird.

Fazit

Das vernetzte Auto wirft nicht nur im Hinblick auf die fahrzeug- und standortbezogenen Daten zahlreiche diskussionswürdige Fragen auf. Auch die Überwachung des Fahrers hinsichtlich seiner Gesundheitsdaten ist aus datenschutzrechtlicher Sicht kritisch zu sehen. Insgesamt müsste für die Fahrzeuginnenraumüberwachung ein gesetzlicher Rahmen geschaffen werden, der die Erhebung und Weitergabe der fahrerbezogenen Daten regelt. Ebenso wäre es sinnvoll, im Wege eines Privacy by Design-Ansatzes die technischen Überwachungsmöglichkeiten des vernetzten Autos bereits bei der Konzeption der Fahrzeuge den datenschutzrechtlichen Anforderungen anzupassen.