In der kalifornischen Stadt Sacramento wird seit August 2014 ein neues Stadium für die örtliche Basketballmannschaft Sacramento Kings gebaut. Der Baufortschritt der 18.500 Zuschauer fassenden Arena wird per Drohnen überwacht (die Süddeutsche Zeitung berichtete am 2.9.2015).

Um sicherzustellen, dass die Arena fristgerecht fertig gestellt wird, nehmen Drohnen einmal täglich den Baufortschritt aus der Luft auf. Aus der Videodatei wird am Computer eine dreidimensionale Darstellung erstellt, die mit den Architekturplänen, die einen Zeitplan enthalten abgeglichen. Kommt es zu Abweichungen zwischen Ist und Soll, warnt die von US-Wissenschaftlern und einer Baufirma aus Japan entwickelte Software.

An dieser Stelle dürfte die Meinung der Leser wahrscheinlich auseinander gehen. Die einen werden sagen: „Wow, super Idee! Endlich lassen sich Baufortschritte effektiv messen – kein neuer Hauptstadtflughafen mehr!“ Die anderen werden eine weitere Überwachung der Bauarbeiter befürchten und deren Persönlichkeitsrechte eingeschränkt sehen.

Stellen wir uns das Szenario einmal für deutsche Großbaustellen vor und nähern uns dem o.g. Zwiespalt aus datenschutzrechtlicher Sicht:

Zunächst: Liegen personenbezogene Daten vor?

Diese Frage lässt sich – wieder einmal typisch juristisch – nur für den vielbeschworenen Einzelfall beantworten. Ob man sie bejaht oder verneint, hängt von diversen Faktoren ab, die tatsächlich unserer Erfahrung nach von Situation zu Situation unterschiedlich sind und durch Nuancen über die Zulässigkeit bzw. Unzulässigkeit entscheiden können: Wie ist die Auflösung der Kamera? Wie sind die Zoom-Möglichkeiten (auch relevant: optischer oder digitaler Zoom)? Wie ist der Erfassungswinkel? Wie sind die Lichtverhältnisse etc etc? – Sie sehen, bereits die erste Frage ist schon äußerst schwierig zu beantworten. Gleichwohl hängt hiervon vieles ab – unter anderem, ob die einschlägige Norm des § 6b BDSG überhaupt greift.

Nähmen wir für die weitere Betrachtung einmal an, dass Personen identifizierbar wären. Ob die „Beobachtung“ datenschutzrechtlich zulässig ist, hängt nun an verschiedenen Tatbestandsmerkmalen, die wir hier nicht im Detail durchsubsumieren wollen – im Ergebnis ließe sich wohl mit einiger Argumentation zu Schluss kommen, dass bei einer Aufnahme pro Tag – (vermutlich eine Art Rundflug, um die Baustelle 360° zu erfassen) die schutzwürdigen Interessen der betroffenen Mitarbeiter wohl nicht höher zu gewichten sind als das Interesse an der Feststellung des Baufortschritts. Allerdings, auch hier steckt der Teufel im Detail:  Bei Vorliegen längerer Video­auf­nahmen, die Arbeitsabläufe, Fertigungsprozesse, den Umgang mit Materialien etc. dokumentierten, wäre es wohl eher anders zu bewerten. Hier wäre sehr genau zu prüfen, ob solche Bewegtbildaufnahmen auch tatsächlich zur Zweckerreichung erforderlich wären.

Der Betriebsrat ist gefragt

Aber auch bei unterstellter (allgemein-)datenschutzrechtlicher Zulässigkeit sind ergänzend Persönlich­keits­rechte der auf den Aufnahmen zu erkennenden Personen zu beachten. Diese Aufgabe käme im konkreten Falle dem Betriebsrat zu: Die Erstellung solcher Aufnahmen dürfte mit wenig Argumentationsaufwand unter § 87 Abs. 1 BetrVG zu subsumieren sein, u.a. wenn erkennbar ist, ob Pausenregelungen (Nr. 2) bzw. vereinbarte Arbeitszeiten eingehalten wurden (Nr. 3), weil generell Leistung und/oder Verhalten überwacht werden kann (Nr. 6) oder Regelungen zur Verhütung von Arbeitsunfällen überwacht (Nr. 7) bzw. die Gestaltung von Sozialeinrichtungen (Nr. 8)überprüft werden könnte. Aus all diesen Aspekten ergäbe sich eine entsprechende Mitbestimmungspflicht, die – allein schon aufgrund der technischen Neuheit – vom zuständigen Betriebsrat sehr restriktiv, d.h. zugunsten des Mitarbeiterpersönlichkeitsschutzes ausgeübt werden dürfte.

Solche betriebsverfassungsrechtlichen Vorgaben gibt es vermutlich, zumindest in der Komplexität, für Baustellen bzw. Unternehmen in Sacramento, Kalifornien, nicht. Hier jedenfalls gibt es sie und sie stellen aus gutem Grund spezialisierte Arbeits- und Datenschutzrechte der Belegschaft dar.

Vor diesem Hintergrund lässt sich aus datenschutzrechtlicher Sicht wieder einmal keine Schwarz-Weiß-Antwort auf die Frage finden, ob ein solches Vorgehen in Deutschland zulässig wäre. Es müsste im konkreten Fall detailliert untersucht werden unter welchen Bedingungen eine solche dorhnengestützte Überwachung des Baufortschritts zulässig wäre. Aus den oben genannten Gründen erscheint es jedoch möglich, eine solche datenschutzrechtlich, betriebs- und arbeitsrechtlich korrekt durchzuführen. Zumindest lässt sich nicht sagen, so etwas funktioniert aus datenschutzrechtlicher Sicht in Deutschland per se nicht.

Abschließend müssen wir also wie so häufig feststellen:  Es kommt darauf an.