Erfolg am Messestand: Das Vertriebs-Team konnte mit einer engagierten Präsentation der Produkte und Dienstleistungen seines Unternehmens viele neue Interessenten gewinnen. Nun werden diverse hinterlassene Visitenkarten, handschriftliche Notizen von Mail-Adressen und Telefonnummern sowie jede Menge Tatendrang mit zurück ins Büro gebracht.

Aber wie genau geht es dann weiter? Und was ist datenschutzrechtlich überhaupt erlaubt?

Gerade in Situationen, in denen es – wie auf einer Messe – bereits einen persönlichen Erstkontakt gab, ist manchmal nicht ganz klar abzugrenzen, ob eine nachfolgende Kontaktaufnahme mit potenziellen Kunden bereits eine konkrete Vertragsanbahnung oder eine klassische Werbemaßnahme darstellt.

Warum ist das so wichtig? Datenschutzrechtlich handelt es sich um zwei völlig verschiedene Sachverhalte, die auf unterschiedliche Rechtsgrundlagen gestützt werden und jeweils deren individuellen Voraussetzungen unterliegen.

Was ist Werbung?

Einzelheiten zur Definition von (Direkt-)Werbung finden sich in unserem letztjährigen Beitrag. Kurz gesagt gilt: Alle Maßnahmen eines Unternehmens mit dem Ziel der Absatzförderung sind im Zweifel als Werbemaßnahmen einzuordnen.

Eine werbliche Kontaktaufnahme mit Betroffenen darf dabei nur auf Grundlage einer Einwilligung nach Art. 6 Abs. 1 lit. a DSGVO erfolgen – zur zweifelsfreien Nachweisbarkeit rechtssicher immer mit Double Opt In bestätigt. (Wenn man hier etwas tiefer einsteigen möchte: Weitere Infos zu Double Opt In und Werbenewslettern finden sich in diesem Beitrag.)

Anforderungen an eine Einwilligung

Eine Werbeeinwilligung unterliegt genau wie jede andere Einwilligung den Anforderungen des Art. 4 Nr. 11 DSGVO (freiwillig, für den bestimmten Fall, in informierter Weise und unmissverständlich abgegeben). Ein Schriftformerfordernis besteht zwar theoretisch nicht, praktisch ergibt sich jedoch aufgrund der Nachweispflichten des Art. 5 Abs. 2 DSGVO die Notwendigkeit einer sicheren Dokumentation der erteilten Einwilligung.

Da das Einholen einer dokumentierten Einwilligung im genannten Messekontext allerdings häufig umständlich ist und für Interessenten ggf. sogar abschreckend wirken könnte, möchten Unternehmen den Prozess gerne vereinfachen. Ganz ohne Einbußen bei der Rechtssicherheit ist dies aber leider meist nicht möglich.

Laut der Orientierungshilfe der Datenschutzkonferenz zu Direktwerbung ist es beispielsweise auch möglich, das Hinterlassen einer Visitenkarte als Einwilligung in die werbliche Kontaktaufnahme zu werten – die aufgestellten Anforderungen an Eindeutigkeit und Nachweisbarkeit dürften jedoch in der Praxis kaum erfüllbar sein: Die Visitenkarte müsste „ausdrücklich zur Informationszusendung oder weiteren geschäftlichen Kontaktaufnahme hinterlassen werden“ und „infolge der Umstände des Einzelfalls [müsste] für den Verantwortlichen eine Nachweisbarkeit der Einwilligung und insbesondere auch ihres Inhalts gegeben [sein]“ (Ziffer 3.2, S. 11).

Unter Inkaufnahme eines Restrisikos wird diese Variante natürlich in der Praxis dennoch genutzt. Als Gestaltungsmöglichkeit könnte hier beispielsweise in den vor Ort aufgestellten Datenschutzhinweisen explizit darauf hingewiesen werden, dass das Hinterlassen einer Visitenkarte als konkludente Einwilligung in den Erhalt von Werbung gilt. Wenn risikosenkend im Nachgang zudem durch manuelle Zusendung einer Bestätigungsmail das Double Opt In der Betroffenen eingeholt wird, mag sich für ein Unternehmen im Einzelfall durchaus eine – trotz der verbleibenden datenschutzrechtlichen Risiken –praktikable Lösung ergeben.

Alternative: Vorvertragliche Maßnahmen?

Ohne vorherige Einwilligung (und entsprechend auch ohne DOI-Prozess) ist aber unter Umständen auf Grundlage von Art. 6 Abs. 1 lit. b DSGVO ein Speichern von Kontaktdaten sowie eine Kontaktaufnahme mit potenziellen Kunden möglich: Sofern die Verarbeitung zur Durchführung vorvertraglicher Maßnahmen erforderlich ist, welche auf Anfrage der betroffenen Person erfolgen, ist Art. 6 Abs. 1 lit. b DSGVO eine geeignete Rechtsgrundlage.

Ist die Geschäftsbeziehung wie hier noch im vorvertraglichen Stadium, ist also insbesondere darauf zu achten, dass die Verarbeitung auf aktive Anfrage des Betroffenen erfolgt – der Erstkontakt muss eindeutig von Kundenseite ausgehen und es darf z. B. keine Kaltakquise auf dieser Grundlage stattfinden.

Wurden durch einen potenziellen Kunden weitere Informationen zwecks eines möglichen Vertragsschlusses angefordert, ist es empfehlenswert, die nachfolgende Kontaktaufnahme auf eine einmalige Ansprache zu begrenzen, die eindeutig Bezug auf die entsprechende Anfrage des potenziellen Kunden nimmt.

Die Nachricht sollte rechtssicher keine werblichen Inhalte enthalten (wie z. B. Hinweise auf andere Produkte, auch in der Signatur – vergleichbar der Rechtsprechung zu Werbung in DOI-Mails) und sich so individuell wie möglich auf die Inhalte der Anfrage des Kunden beziehen, insbesondere wenn sich diese z. B. auf ein bestimmtes Produkt oder eine bestimmte Dienstleistung beschränken.

Teilweise wird sogar verlangt, dass die vorvertragliche Maßnahme (hier also die Kontaktaufnahme) bereits so konkret sein muss, dass ohne weitere Zwischenschritte ein Vertragsverhältnis entstehen könnte (so Paal/Pauly/Frenzel, 3. Aufl. 2021, DS-GVO Art. 6 Rn. 15), d. h. im Zweifel bereits ein konkretes Angebot gemacht werden müsste. Nach einer weniger strengen Auslegung ist auf Grundlage von Art. 6 Abs. 1 lit. b DSGVO aber auch eine Datenverarbeitung zunächst zum Zweck der Ausarbeitung eines (auf Wunsch der betroffenen Person) individualisierten Angebots möglich (so Kühling/Buchner/Buchner/Petri, 4. Aufl. 2024, DS-GVO Art. 6 Rn. 34).

Eins ist jedenfalls klar: Standardisierte, auf die Masse abzielende Rundmails wie z. B. typische Newsletter, Danke-Mails oder Feedbackanfragen sind eindeutig Werbemaßnahmen und auf Grundlage von Art. 6 Abs. 1 lit. b DSGVO nicht möglich – und sollten natürlich auch nicht einfach als Vertragsanbahnung ausgegeben werden, da eine entsprechende „Verkleidung“ des Vorgehens sowohl für Kunden als auch Aufsichtsbehörden sehr schnell durchschaubar ist.

Nicht vergessen: Transparenz

Auch im Zuge einer Vertragsanbahnung sind die potenziellen Kunden nach Art. 13 DSGVO über die Datenverarbeitung zu informieren. Auch hier bietet sich im Messe-Kontext ein entsprechender Aufsteller mit Datenschutzhinweisen an.

Kommt ein Vertrag nicht zustande, müssen die Daten des potenziellen Kunden zudem nach einer angemessenen Frist auch unaufgefordert wieder gelöscht werden.

Fazit

Im Marketingkontext ergibt sich für Unternehmen häufig ein Spannungsfeld zwischen effektiver Kundenakquise und konsequenter Einhaltung der Datenschutzvorschriften, das eine Risikoabwägung im Einzelfall erfordert. Bei sorgfältiger Gestaltung der entsprechenden Prozesse entlang der einschlägigen Rechtsgrundlagen gibt es hier jedoch verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten, über die sich auch datenschutzkonform ein zielführender Kundenkontakt abbilden lässt.