Das Kirchliche Datenschutzgesetz der Katholischen Kirche ist jetzt gut elf Monate in Kraft. Genauso lange dauert der Versuch eine rechtskonforme Lösung zu finden, die den Umgang mit Fotos von Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren regelt. In seinem jüngsten Beschluss vom 4. April hat die Konferenz der Diözesandatenschutzbeauftragten der Katholischen Kirche Deutschland ihre Auffassung wieder einmal grundlegend geändert. Der nachstehende Beitrag, der zunächst einen chronologischen Überblick über die bisherigen Beschlüsse verschaffen möchte, befasst sich schwerpunktmäßig mit den Entscheidungen zum dritten und jüngsten Beschluss der Diözesandatenschutzbeauftragten.

Die alte Gesetzeslage – was war vor dem 24.5.2018

Vor dem Inkrafttreten des KDG bildeten die KDO (die Vorgängerregelung des KDG) und das Kunsturhebergesetz (KunstUrhG) den rechtlichen Rahmen für die Regelung für den Umgang mit Fotografien. Danach galt: Liegt eine Einwilligung vor, darf ein Foto veröffentlicht werden, wenn auf etwaige Gefahren der Veröffentlichung (etwa der unkontrollierbaren Verbreitungsmöglichkeit im Internet) hingewiesen wird. Hieran hielten sich auch die meisten Einrichtungen.

Die neue Gesetzeslage und der erste Beschluss

Mit dem 24.5.2018 trat das KDG in Kraft. Die unter Geltung der alten Rechtslage eingeholten Einwilligungen wurden bereits im Vorfeld um die Informationspflichten des § 15 KDG ergänzt. Wer dachte, dass ansonsten alles beim Alten blieb, hatte die Rechnung ohne den ersten Beschluss der Konferenz der Diözesandatenschutzbeauftragten der Katholischen Kirche Deutschland (14.4.2018) gemacht. In seiner bereits im April 2018 verabschiedeten Entscheidung wurde klargestellt:

„Für die Veröffentlichung von Bildern von Kindern bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres [ist] die vorherige Einwilligung der Sorgeberechtigten unter Vorlage der jeweils zur Veröffentlichung vorgesehenen Bilder einzuholen (…).“

Mit anderen Worten: Bevor ein Bild auf einer Webseite, einem Flyer oder in der Tagespresse erscheinen darf, muss dieses konkrete Bild den Sorgeberechtigten vorgelegt und durch diese genehmigt werden. In der Praxis kaum realisierbar, war doch weitere Voraussetzung, dass beide Sorgeberechtigten einwilligen müssen.

Schnell entwickelten sich praktikable Lösungsansätze, etwa in Gestalt der Bevollmächtigung eines Beschäftigten des Verantwortlichen, der im Namen und für die Sorgeberechtigten eine Einwilligungserklärung abgibt. Dieses Instrument, welches fortan rege genutzt wurde und so etwa bei den Romwallfahrten 2018 zum Einsatz kam, erhielt von Seiten der Diözesandatenschutzbeauftragten Kritk. Diese ließen verlautbaren, dass sie dieser Lösung eine Abfuhr erteilen werden.

Zweiter Beschluss

So kam es auch. In ihrem zweiten Beschluss vom 10.10.2018 erklärten die Diözesandatenschutzbeauftragten die Bevollmächtigungslösung für unwirksam (wir berichteten), weil nach deren Auffassung

„(…) das Elternrecht nicht pauschal durch Vollmacht auf Dritte übertragen oder gänzlich auf das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung verzichtet [werden kann].“

Die Erklärung war insoweit überraschend, weil in der juristischen Literatur eine entsprechende Bevollmächtigung durchaus als legitim angesehen wird.

Exkurs: Rechtliche Einordnung der Beschlüsse der Diözesandatenschutzbeauftragten

Die Entscheidungen der Diözesandatenschutzbeauftragten haben keine Rechtssetzungskraft, sondern geben vielmehr die Rechtsauffassung der Diözesandatenschutzbeauftragten wieder. Die Diözesandatenschutzbeauftragten werden im Rahmen ihrer Tätigkeit Sachverhalte entsprechend der getroffenen Beschlüsse bewerten. Gegen die daraus resultierenden Maßnahmen (z.B. Beanstandung) kann der Verantwortlichen dann gerichtlich vorgehen. Im Streitfall, bei divergierenden Auffassungen, entscheidet das Interdiözesane Datenschutzgericht als Spruchkörper der kirchlichen Datenschutzgerichtsbarkeit. Ein unmittelbares Vorgehen gegen die Beschlüsse (vergleichbar mit einem Normenkontrollantrag in der VwGO) ist allerdings nicht möglich.

Exkurs Ende

Im Beschluss vom 10.10.2018 wurde die strenge Auffassung insoweit aufgeweicht, dass zwischen einer Veröffentlichung (Bereitstellung eines Fotos an einen quantitativ nicht eingrenzbaren Personenkreis – Webseite, Flyer, Tageszeitung) und einer Nutzung (Bereitstellung eines Fotos an einen quantitativ eingrenzbaren Personenkreis – Interne Aushänge, private Foto-CD) zu unterscheiden ist. Im ersten Fall muss das Foto vor der Veröffentlichung den Sorgeberechtigten weiterhin vorgelegt und individuell genehmigt werden, im zweiten Fall genügt eine allgemeine Einwilligung. Ferner wurde beschlossen, dass beide Sorgeberechtigten einwilligen müssen, auch wenn der abgebildete Minderjährige bereits das 16. Lebensjahr vollendete.

Dritter Beschluss

Mit der dritten und jüngsten Beschlussfassung aus April 2019 haben die Diözesandatenschutzbeauftragten ihre Ansicht erneut revidiert. In der (hoffentlich) letzten Entscheidung vom 4.4.2019 wurde der Beschluss vom 18.4.2018 (erster Beschluss) aufgehoben und die Auffassung eines rechtskonformen Umgangs mit Fotografien von Kindern und Jugendlichen grundlegend geändert. Hier die wichtigsten Punkte im Überblick:

1 Einwilligung

1.1 Grundsatz

Als ausreichend wird es nunmehr angesehen, wenn die Einwilligung für konkret benannte Veranstaltungen vor bzw. bei Beginn der Veranstaltung oder des relevanten Zeitraumes (z. B. Schul- oder KiTa-Jahres) von den Sorgeberechtigten eingeholt wird. Im Beschluss heißt es wörtlich: „Das Erfordernis, dass das konkrete Bild im Zeitpunkt der Unterzeichnung der Einwilligungserklärung vorliegen soll, entfällt.“ Erforderlich ist aber, dass die Zwecke möglichst genau (Ort und Zeit) benannt werden.

Beispielhaft könnten die aufzuführenden Zwecke so aussehen:

  • Frühlingsfest am 29.3.2019
  • Wallfahrt von 5. bis 12.10.2019
  • Ski-Ferienfreizeit am 2.2. bis 7.2.2019
  • Weihnachtsfeier am 6.12.2019

Sollen beispielsweise während des KiTa- oder Schuljahres Fotos für die Webseite oder für einen Flyer erstellt werden, bedarf es einer weiteren Einwilligung für folgende Zwecke durch die Sorgeberechtigten:

  • Fotoaufnahmen am 11.10.2019 für Öffentlichkeitsarbeit

1.2 Ausnahme

Als Ausnahme zur Einwilligung kann die Verarbeitung bei Vorliegen eines berechtigten Interesses im Sine des § 6 Abs. 1 lit. g KDG gestützt werden. Hierbei ist eine einzelfallabhängige Interessenabwägung zwischen den Interessen des Verantwortlichen und den abgebildeten Personen durchzuführen, die vor der Erhebung und Speicherung der Bilder statt zu finden hat. Hierbei sollen u.a. besondere Merkmale wie das Alter der Kinder und Jugendlichen in den Abwägungsprozess einfließen. Bei der Abwägung sollen nunmehr auch (wieder) die Grundsätze des § 23 KunstUrhG Berücksichtigung finden. Überwiegt das Interesse des Verantwortlichen ist auch eine Verarbeitung von Fotos von Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren, ohne dass eine entsprechende Einwilligungserklärung vorliegt, zulässig.

Als Bewertungsmaßstab kann dabei folgendes Kriterium herangezogen werden: Je größer der (un-)bekannte Personenkreis ist, der von den Bildern Kenntnis nehmen kann, desto höher und intensiver ist der Eingriff in die Interessen der Kinder und Jugendlichen unter 16 Jahre zu bewerten. Dies muss je nach Art der Verarbeitung im konkreten Einzelfall im Rahmen der Interessenabwägung berücksichtigt werden. In ihrem Beschluss stellen die Diözesandatenschutzbeauftragten klar, dass die Abwägung stets vorzunehmen ist, wenn die Verarbeitung von Fotos aufgrund berechtigter Interessen erfolgen soll. Des Weiteren ist die Abwägung jedes Mal zu dokumentieren und auf Anforderung der Datenschutzbehörde nachzuweisen.

Sofern die Sorgeberechtigten die Einwilligung verweigerten oder im Laufe diese widerriefen, ist ein Rückgriff auf das berechtigte Interesse ausgeschlossen. Das bedeutet, dass von dem betroffenen Kind oder Jugendlichen unter 16 Jahre keine Bildnisse gemacht werden dürfen.

2 Informations- und Transparenzpflichten

Ein weiterer Punkt des Beschlusses befasst sich mit den Informations- und Transparenzpflichten. Im Beschluss wird diesbezüglich festgehalten, dass die Informations- und Transparenzpflichten nach den §§ 14-16 KDG grundsätzlich immer vom Verantwortlichen zu erfüllen sind, damit sowohl die Betroffenen als auch die Sorgeberechtigen jederzeit nachvollziehen können, auf welche Weise und in welchem Umfang die Datenverarbeitung erfolgt und welche Rechte sie diesbezüglich geltend machen können. Die Informationserteilung muss nicht zwangsläufig durch den Fotografen erfolgen. Gerade bei Veranstaltungen soll es dem Verantwortlichen möglich sein, die Teilnehme vorab durch einen Aushang entsprechend zu informieren. Ausnahmen von diesen Pflichten bestehen bei einem unverhältnismäßig hohen Aufwand, etwa wenn eine unbestimmte Vielzahl von Personen als sogenanntes Beiwerk zum Bildnis abgelichtet wird. Typischerweise sind dies Fälle von Umzügen oder öffentlichen Ansammlungen. Die Diözesandatenschutzbeauftragten heben jedoch hervor, dass hier jeweils die Umstände des Einzelfalls maßgeblich sind und die Informationspflichten nicht pauschal zurücktreten. Soweit eine überschaubare Anzahl von Personen fotografiert wird, leben die Informationspflichten nach §§ 14-16 KDG wieder auf und sind vom Verantwortlichen einzuhalten.

 

Fazit und Ausblick

Das letzte Jahr hielt für die Verantwortlichen in Punkto rechtskonformer Umgang mit Fotografien von Kindern und Jugendlichen eine Menge Fallstricke bereit. Auf die wechselnden und zwischenzeitlich sehr restriktiven Ansichten der Diözesandatenschutzbeauftragten reagierten die katholischen Einrichtungen verständlicherweise mit Ablehnung. Die Abschaltung von Webseiten, das Unkenntlichmachen oder Ausschneiden von Gesichtern auf Fotos sowie der vollständige Verzicht auf Fotografien waren nur einige dieser Folgen. Die Kursänderungen der Diözesandatenschutzbeauftragten spiegelten sich zudem in der Beratungspraxis wider. Die Verantwortlichen hatten sich vielfach auf stetig von uns überarbeitete und neukonzeptionierte Einwilligungserklärungen einzustellen.

Mit der nunmehr dritten (und hoffentlich finalen) Beschlussfassung sollte zu diesem Thema endlich Ruhe eingekehrt sein. Im direkten Vergleich zu den bisherigen Regelungen zeigt der aktuelle Beschluss einen praxisgerechten aber auch rechtskonformen Weg auf, wie mit Bildnissen von Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren umzugehen ist, ohne dabei die Interessen der betroffenen Personen aus dem Blick zu verlieren. Insbesondere dürfte das Instrument einer „globalen“ Einwilligung für das jeweilige KiTa- und/oder Schuljahr – unter Einhaltung der oben genannten Voraussetzungen – sich in der Praxis als gleichsam praxisgerechtes und datenschutzrechtlich unbedenkliches Mittel erweisen.