Seitdem nahezu jeder Jugendliche ein eigenes Smartphone besitzt und von der integrierten Kamera in der Öffentlichkeit regen Gebrauch macht, entsteht auf Konzerten und Großveranstaltungen ein ganz neues Schauspiel. Man könnte meinen, dass sich die Veranstalter mittlerweile die teuren Lichteffekte an der Bühne sparen können, wenn hunderte oder tausende Zuschauer ununterbrochen Fotos und Videos vom Auftritt aufnehmen. Diverse Betreiber von Videoplattformen wie Youtube, respektive Facebook und Instagram profitieren zum Leidwesen der aufführenden Künstler von diesem Trend.
Viele Stars und Akteure auf der Bühne appellieren deshalb an ihre Fans, das Handy bitte während der Veranstaltung in der Hosentasche zu lassen oder verbieten gar dessen Benutzung, jedenfalls aber die Aufzeichnung von Bild- und Tonaufnahmen. Diese Maßnahme räumt Ihnen auch das Gesetz ein.
Doch möglicherweise gehört dieses Phänomen bald der Vergangenheit an. Denn mehrere Startup-Unternehmen arbeiten an verschiedenen Konzepten, um die Nutzung des Mobiltelefons während der Veranstaltung einzuschränken oder z.B. die Kamera zu blockieren.
So entwickelte das junge Unternehmen Yondr aus Kalifornien z.B. eine schlanke Hülle für das Smartphone, die ein Sicherheitsschloss besitzt. Vor Konzertbeginn sind die Gäste gehalten, ihr Mobiltelefon in diese Hülle einzulegen, die sich mit Betreten einer bestimmten Zone verschließt und auch erst wieder außerhalb von dieser geöffnet werden kann. So geschehen bereits bei vereinzelnden Musikkonzerten.
Der Konzertgänger muss bei dieser Umsetzung zwar sein Mobiltelefon nicht aus der Hand geben, kann jedoch während der Show auf dieses nicht zugreifen. Dies erscheint auf den ersten Blick als eine Einschränkung der Bewegungsfreiheit des Einzelnen, möchte er doch solch besondere Momente für immer „festhalten“ oder zumindest telefonisch erreichbar sein. Auf der anderen Seite dient es jedoch dem Schutz der Urheber- und Leistungsrechte des Veranstalters und nicht zuletzt auch dem Schutz desjenigen, der trotz seiner Anwesenheit auf dem Konzert nicht unbedingt im Hintergrund oder sogar klar erkennbar auf Fotos von den unbekannten „Hobbyfotografen“ abgebildet sein möchte. Und erst Recht möchte er unter Umständen nicht auf Facebook auf einem Bild zu erkennen und möglicherweise irgendwann einmal von einer Gesichtserkennungssoftware erfasst sein. Gleiches gilt für Videos, die so häufig auf Youtube und Co. erscheinen. Es werden somit auch die Rechte anderer und folglich auch ein stückweit der Datenschutz geschützt.
Störsignale für die Kamera
Apple hat jüngst ein Patent für eine Infrarot-Technik angemeldet, mittels derer Infrarot-Sender auf die Kamera zugreifen und diese deaktivieren können. Der Handynutzer erhält dann auf seinem Display lediglich die Information „Recording Disabled“. Mit der Infrarot-Technik könnten diverse Informationen ausgetauscht oder Funktionen unterdrückt werden. Die technische Möglichkeit, auf andere Smartphones über unterschiedliche Übertragungswege zuzugreifen und Signale abzufangen oder zu stören, ist natürlich nicht neu. Der private oder kommerzielle Betrieb eines Störsenders, der sämtliche Übertragungswege stört und auch das Telefonieren blockiert, ist in Deutschland und vielen Teilen der Welt hingegen verboten.
Problematisch wird es, wenn personenbezogene Daten vom Handy übertragen oder bearbeitet bzw. gelöscht werden können. Gleiches wäre denkbar, wenn die verschlossenen Schutzhüllen versteckte Sender enthielten, die auf das Handy zugreifen. Dann stehen auch Straftaten im Raum (z.B. § 202a StGB).
Doch diese Gefahren sind längst üblich. Grundsätzlich sollte daher jeder Smartphone-Besitzer in der Öffentlichkeit die Bluetooth und WLAN-Funktion am Handy deaktiviert haben, um sich vor unbefugten Zugriffen zu schützen. Ganz ausgeschlossen ist dies trotzdem nicht. Mittlerweile wurden viele technische Wege etabliert, um Daten abzufangen und auszuwerten (wie z.B. das Offline-Tracking im Supermarkt) und Informationen über Anzahl und Bewegung der Kunden bzw. Gäste zu sammeln. So können Bewegungsprofile entstehen, die im Zusammenspiel mit der „Beacon“-Technologie schon seit geraumer Zeit viele Fragen aufwerfen.
Auf die Infrarot-Technologie könnten künftig auch Museen oder Aussteller setzen – oder aber die Polizei bzw. sonstiges Sicherheitspersonal, um das ungewollte Filmen während Demonstrationen oder aber an bestimmten Orten wie dem Flughafen zu verhindern. Letzteres sollte freilich gut begründet sein.
Ungeklärt bleibt die Frage, ob die Schutzvorkehrung durch die verschlossenen Schutzhüllen nicht zu einer unverhältnismäßigen Unterdrückung der klassischen Funktion des Mobiltelefons führt, da das Gerät für diesen Zeitraum und auch bei Notfällen unzugänglich ist.
Trotz aller Bedenken hat die Idee der handyfreien Zone hat natürlich den positiven Nebeneffekt, dass die Gäste die Aufführung auch mit den eigenen Augen in voller Pracht live genießen dürfen, wofür sie eigentlich auch ihr Geld zahlen. Oder aber die Schüler sich auf den Unterricht konzentrieren können, wie es an einigen Schulen bereits umgesetzt wird. Am besten man lässt sein Handy gleich Zuhause.