Eines der prominentesten Themen im Datenschutzrecht ist die Videoüberwachung. Die Erfassung von Personen via Videokamera berührt deren informationelles Selbstbestimmungsrecht sowie das Recht auf den Schutz personenbezogener Daten gemäß Art. 8 Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRCh). Das bedeutet jedoch zunächst nur, dass der Anwendungsbereich der DSGVO eröffnet ist und gerade noch nicht, dass die Rechte der betroffenen Personen verletzt werden. Es gibt viel Fälle, in denen der Eingriff gerechtfertigt und die Videoüberwachung somit zulässig ist. Der Landesbeauftragte für den Datenschutz Niedersachsen (LfD) hat seine Orientierungshilfe zur Videoüberwachung an Schulen mit Stand von Dezember 2023 aktualisiert und für Schulen in Niedersachsen einen datenschutzkonformen Einsatz aufgezeigt. Die Orientierungshilfe wird im Folgenden eingeordnet.

Allgemeines zur Orientierungshilfe

Der LfD Niedersachsen betont, dass eine Rechtsgrundlage den Einsatz von Videokameras in Schulen legitimieren kann. Unterschieden wird zwischen der Videoüberwachung im öffentlich zugänglichen und nicht-öffentlich zugänglichen Bereich sowie danach, ob die Videoüberwachung während oder außerhalb der Schulzeit erfolgt. Zum Schluss wird darauf eingegangen, welche Stellen vor der Inbetriebnahme zu beteiligen sind.

Öffentlich zugängliche Bereiche

Öffentlich zugängliche Bereiche werden definiert als Bereiche, die dazu bestimmt sind, von einer unbestimmten Zahl von Menschen betreten oder genutzt zu werden. Ob es sich um öffentlich zugängliche Bereiche handelt, ist somit entscheidend davon abhängig, wer das Schulgelände betreten können darf. Solche Bereiche sind laut LfD das Schulgebäude, inkl. Flure und Pausenhalle sowie die Außenanlagen, z. B. Schulhof, Sportgelände, Parkplätze und Fahrradständer/-keller.

Als Rechtsgrundlage für die Videoüberwachung öffentlich zugänglicher Bereiche in Niedersachsen kommt Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. e, Art. 6 Abs. 3 DSGVO i. V. m. § 14 des Niedersächsischen Datenschutzgesetzes (NDSG) in Betracht. Die Datenverarbeitung ist danach zulässig, soweit sie zur Wahrnehmung einer im öffentlichen Interesse liegenden Aufgabe erforderlich ist und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass schutzwürdige Interessen der von der Videoüberwachung betroffenen Personen überwiegen. Die Wahrnehmung einer öffentlichen Aufgabe ist gemäß § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 NDSG sinngemäß bspw.

  1. der Schutz von Personen, die der Schule angehören oder diese aufsuchen (z. B. Schüler*innen, Lehrkräfte, Erziehungsberechtigte),
  2. der Schutz der Sachen der Schule sowie der Sachen der Personen nach Nr. 1

und

  1. die Wahrnehmung des Hausrechts der Schule.

Videoüberwachung während der Schulzeiten

Während der Schulzeit überwiegen laut LfD die schutzwürdigen Interessen der Schüler*innen und Lehrkräfte, da sie sich der Videoüberwachung nicht entziehen können und es regelmäßig einen schweren Eingriff in die Persönlichkeitsrechte bedeutet. Dem ist zuzustimmen, da die dauerhafte Überwachung im Klassenzimmer oder dem Sportgelände unverhältnismäßig wäre und die Zeiten vor und nach dem Unterricht sowie in den Pausen dem Sozialbereich zuzuordnen sind, die der Erholung dienen. Eine Beobachtung sei gemäß § 62 Niedersächsischem Schulgesetz (NSchG) nur ohne Videokameras zulässig, wonach die Lehrkräfte die Pflicht haben, die Schüler*innen in der Schule, auf dem Schulgelände, an Haltestellen am Schulgelände und bei Schulveranstaltungen außerhalb der Schule zu beaufsichtigen.

Lediglich die Videoüberwachung des Fahrradabstellbereiches sei zulässig, da eine Erfassung dort nur kurzfristig erfolge. Rechtsgrundlage wäre dann Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. e, Art. 6 Abs. 3 DSGVO i. V. m. § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 NDSG des Niedersächsischen Datenschutzgesetzes (NDSG). Der LfD betont, dass die Nutzung des Fahrradabstellbereiches jedoch freiwillig sein und es überwachungsfreie Ausweichflächen geben müsse.

Videoüberwachung außerhalb der Schulzeiten

Für die Öffentlichkeit freigegebene Bereiche außerhalb der Schulzeit, z. B. die Aula, der Parkplatz oder das Sportgelände, unterliegen laut LfD ebenfalls § 14 NDSG. Somit ist hier auch ein Einsatz datenschutzkonform möglich. Ob der Einsatz von Videokameras jedoch tatsächlich zulässig ist, richtet sich u. a. danach, ob ein Fall des § 14 NDSG einschlägig ist und ist im Einzelfall zu prüfen.

Nicht-öffentlich zugängliche Bereiche

Da Schulen in der Regel nicht dazu bestimmt sind, außerhalb der Schulzeiten von einem unbestimmten Personenkreis betreten und genutzt zu werden, handelt es sich laut LfD außerhalb der Schulzeiten um nicht-öffentlich zugängliche Bereiche.

Aufenthaltsräume für das schulische Personal, Server-, Tresor- und Archiv-Räume sind stets, d. h. auch während der Schulzeiten, nicht-öffentlich.

Als Rechtsgrundlage für die Videoüberwachung nicht-öffentlich zugänglicher Bereiche kommt Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. f DSGVO in Betracht, insbesondere bei der Videoüberwachung außerhalb der Schulzeiten.

Videoüberwachung während der Schulzeiten

Die Videoüberwachung ist während der Schulzeiten laut LfD grds. unzulässig. Die Überwachung von Server-, Tresor- und Archiv-Räumen könne gemäß Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. f DSGVO zulässig sein. Der LfD erwähnt, dass die Videoüberwachung der Lehrkräfte bei Datenverarbeitungen im Beschäftigtenkontext unter näher angeführten Vorschriften (bei Datenverarbeitungen im Beschäftigtenkontext) zulässig sein kann.

Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen

Als Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen werden in der Orientierungshilfe folgende Aspekte erwähnt:

  • Zweckbestimmung, z. B. Vermeiden von Beschädigungen, die es in der jüngeren Vergangenheit gegeben hat
  • Die Videokameras müssen geeignet sein, den Zweck zu erreichen
  • Kein milderes Mittel, z. B. verstärkte Kontrollen durch Personal, Einzäunung, Bewegungsmelder, Alarmanlagen, räumliche und zeitliche Beschränkung der Videoüberwachung, Kontrolle, ob die Kameras nach einer definierten Frist noch erforderlich sind
  • Interessenabwägung (z. B. Unzulässigkeit der Überwachung von Sozialbereichen wie Duschen, Toiletten und Umkleidebereichen)
  • ggf. genügt ein Beobachten der Bilder auf einem Monitor ohne Speicherung
  • Dokumentation im Verzeichnis von Verarbeitungstätigkeiten
  • Angemessene technische und organisatorische Maßnahmen, ggf. Verpixelung/Ausblendung unzulässiger Bereiche
  • Zugangsgeschützte, sichere Speicherung für grds. höchstens 72 Stunden und definierte Zugriffsberechtigte, wobei jeder – grds- im Vier-Augen-Prinzip zu erfolgende Zugriff – dokumentiert wird
  • Datenschutzhinweise
  • eine Datenschutz-Folgenabschätzung

Beteiligung von Stellen

Vor Inbetriebnahme der Videokameras sind der schulische Datenschutzbeauftragte sowie vom LfD genannte schulische Gremien zu beteiligen.

Fazit

Für Schulen, die Videokameras einsetzen möchten, ist die Orientierungshilfe eine gute Unterstützung. Gerade die verschiedenen Konstellationen, in denen eine Videoüberwachung zum Einsatz kommen kann, sei es in einem öffentlichen oder nicht-öffentlichen Bereich und zudem während oder außerhalb der Schulzeiten, verdeutlichen, dass Details zu unterschiedlichen Einschätzungen führen können und die Datenschutzprüfung kleinschrittig durchzuführen ist. Daher ist insbesondere der Datenschutzbeauftragte frühestmöglich zu beteiligen.