Am vergangenen Freitag wurde in Bielefeld erneut der Datenschutz-Negativpreis „BigBrotherAward“ verliehen. Bereits zum 18. Mal wurden unter Federführung des Bielefelder Vereins Digitalcourage e.V. Datensünder in sechs Kategorien ausgezeichnet.

Mitarbeiterüberwachung

Im Bereich der Arbeitswelt wurde die Kelaa App des Herstellers Soma Analytics ausgezeichnet. Nach Aussage der Verantwortlichen stelle die Idee hinter der App, Gesundheitsdaten der Mitarbeiter an den Arbeitgeber zu übergeben, einen Tabubruch dar.

Wir haben bereits vor ziemlich genau drei Jahren auf diese „GesundheitsApp“ aufmerksam gemacht und von ihrem Einsatz abgeraten. Deshalb freut es uns umso mehr, dass durch die Preisverleihung nun nochmals auf die fragwürdige App geschaut wird.

Installieren Mitarbeiter die App auf ihrem Smartphone, erfasst diese anhand von Stimme, Tippverhalten und Schlafrhythmus den Gesundheitszustand des Nutzers. Ein Algorithmus wertet die erfassten Daten aus und gibt sie an den Arbeitgeber weiter. Dieser soll dadurch den Stresslevel seiner Mitarbeiter erkennen können. Krankheitsbedingte Ausfälle sollen vermieden werden.

Um zu erkennen, ob ein Mitarbeiter überfordert ist, hört Soma Analytics den Nutzern beim Telefonieren aufmerksam zu. Die App analysiert die Frequenz der Stimme und schließt so auf die Emotionen des Nutzers. Die Gefühlslage des Nutzers kann so ziemlich genau bestimmt werden. Zugleich beobachtet die App das Tippverhalten und stellt darüber fest, ob der Mitarbeiter Nachrichten in Ruhe oder hektisch verfasst. Um das Stressniveau zu bestimmen, analysiert sie auch, wie häufig der Nutzer auf das Smartphone sieht. Und das ist noch nicht alles. Die App lässt den Nutzer auch im Schlaf nicht allein. Liegt das Smartphone mit im Bett, registriert der Lagesensor, ob der Nutzer ruhig oder unruhig schläft.

Windows 10

Nach 2002 erhält Microsoft in diesem Jahr erneut einen BigBrotherAward. Diesmal für sein Programm Windows 10 und die Unmöglichkeit die Übermittlung von Diagnosedaten an Microsoft zu unterbinden. Windows ist das erfolgreichste Betriebssystem in Deutschland. Vor allem das kostenlose Update dürfte viele Nutzer zum Umstieg auf Windows 10 bewogen haben. Aber wer profitiert wirklich von diesem kostenlosen Update? Die Strategie von Microsoft kann man auch wie folgt beschreiben: Wir geben Dir etwas und Du gibst uns deine Daten, jede Menge Daten sogar. Beispielsweise in Form von Benutzerkonteninformationen, Positionsdaten, Diagnose-und Nutzungsdaten. Wir haben Windows 10 unter den Gesichtspunkten Datenschutz und IT-Sicherheit eine eigene Reihe gewidmet.

Alexa

Der BigBrotherAward 2018 in der Kategorie Verbraucherschutz geht an die Firma Amazon, für ihren Sprachassistenten Alexa. Das Gerät lauscht permanent, ob es gerufen wird. Sobald es sich angesprochen fühlt – und das tut es häufiger als es eigentlich soll -, überträgt es alle Gespräche und Geräusche auf unbestimmte Zeit in die Cloud. Zwar kann jeder Nutzer die Aufnahmen löschen, allerdings fehlt eine Funktion mit der die Speicherung der Sprachaufnahmen komplett abgeschaltet werden kann. Also ist nach dem Löschen auch vor dem Löschen. Privatsphäre sieht anders aus.

Smart City

Einen weiteren Award erhielt der Werbebegriff „Smart City“. Technik Firmen versuchten Kommunen unter diesem Deckmantel Überwachungstechnik aufzudrängen. Welche Stadt wäre nicht gerne „smart“? Doch diese „Smartheit“ wird bei genauerer Betrachtung durch ein Überwachen der Bürger erkauft und die Firmen freuen sich über all die anfallenden Daten, die sie gewinnbringend weiterverkaufen können.

Flüchtlinge

Eine Überwachungssoftware für Flüchtlingsunterkünfte bringt der Firma Cevisio ebenfalls einen BigBrotherAward. In seiner Laudatio sagte Thilo Weichert: „Mit dieser Software werden Bewegungen zum und auf dem Gelände, Essenausgaben, medizinische Checks wie durchgeführte Röntgen-, Blut- und Stuhluntersuchungen, Verwandtschaftsverhältnisse, Religions- und Volkszugehörigkeiten und vieles mehr erfasst und gespeichert“, was zu einer Totalüberwachung der Flüchtlinge führe.

Verfassungsschutzgesetz

In der Kategorie Politik erhielten die Fraktionen von CDU und Bündnis90/Die Grünen im hessischen Landtag die Negativauszeichnung für das geplante Verfassungsschutzgesetz und die geplante Novellierung des hessischen Polizeigesetzes.