Am 28. Mai 2020 hat der Bundesgerichtshof (BGH) ein Urteil zur Einwilligung in die Speicherung von Cookies gefällt.
Konkret ging es um die Frage, ob es für das Setzen von Tracking-Cookies ausreicht, den Nutzer mittels eines voreingestellten Ankreuzkästchen um Einwilligung zu bitten. Die Entscheidung des BGH lautet nun wenig überraschend: Nein, dies reicht nicht.
Die Entscheidung ist deshalb wenig überraschend, weil in dem Verfahren bereits der EuGH befragt wurde. In seiner Antwort stellte dieser fest, dass eine Einwilligung aktiv und ohne jeden Zweifel erteilt werden muss. Eine Einwilligung per voreingestelltem Ankreuzkästchen sei insoweit nicht ausreichend. Da der EuGH aber nur im sog. Vorabentscheidungsverfahren beteiligt wurde, oblag dem BGH nun die endgültige Entscheidung.
BGH contra DSK: „Es lebe das TMG!“
Der Blogbeitrag könnte nun zu Ende sein, allerdings hat der BGH in seinem Urteil eine eigentlich von den Aufsichtsbehörden totgesagte Regelung des deutschen Rechts wiederbelebt, nämlich § 15 Abs. 3 TMG. Hierzu stellte der BGH – entgegen der gängigen Ansicht der deutschen Datenschutzaufsichtsbehörden – nämlich fest, dass § 15 Abs. 3 TMG weiterhin gilt und nicht von der DSGVO verdrängt wird. Entscheidend hierfür sei Art. 95 DSGVO, der insoweit das Zusammenspiel der DSGVO und des § 15 Abs. 3 TMG regle. Diese Ansicht des BGH ist auch überzeugend (vgl. unsere Darstellung hier).
So weit, so bekannt?
Damit ist ein weiterer Punkt erreicht, an dem dieser Blogbeitrag zu Ende sein könnte. Und wäre dieser Beitrag wirklich schon zu Ende, wäre es ein datenschutzrechtlicher Paukenschlag. Denn nach dem Wortlaut des § 15 Abs. 3 TMG wären zumindest bestimmte zurückhaltende Besucherzählungen auf der Website per Opt-Out möglich. An dieser Stelle kommt allerdings eine weite, richtlinienkonforme Auslegung des Gesetzeswortlauts durch den BGH ins Spiel, der das im § 15 Abs. 3 TMG geregelte Opt-Out (Widerspruch) in ein Opt-In (Einwilligung) umdeutet. Dass es hierzu (vorsichtig ausgedrückt) eines juristischen Kunstgriffes bedarf, zeigt bereits ein Blick ins Gesetz. So lautet § 15 Abs. 3 TMG:
„Der Diensteanbieter darf für Zwecke der Werbung, der Marktforschung oder zur bedarfsgerechten Gestaltung der Telemedien Nutzungsprofile bei Verwendung von Pseudonymen erstellen, sofern der Nutzer dem nicht widerspricht. Der Diensteanbieter hat den Nutzer auf sein Widerspruchsrecht im Rahmen der Unterrichtung nach § 13 Abs. 1 hinzuweisen. Diese Nutzungsprofile dürfen nicht mit Daten über den Träger des Pseudonyms zusammengeführt werden.“
Leider liegt der Volltext des Urteils noch nicht vor und es sind nur eine schriftliche Pressemitteilung sowie ein Videomitschnitt der Urteilsverkündung verfügbar. Der Kunstgriff des BGH liegt daher möglicherweise noch etwas im Dunklen und wird sich in Zukunft differenzierter zeigen. Bislang lautet dieser laut Pressemitteilung aber so:
„Im Fehlen einer (wirksamen) Einwilligung kann im Blick darauf, dass der Gesetzgeber mit § 15 Abs. 3 Satz 1 TMG das unionsrechtliche Einwilligungserfordernis umgesetzt sah, der nach dieser Vorschrift der Zulässigkeit der Erstellung von Nutzungsprofilen entgegenstehende Widerspruch gesehen werden.“
Und aus dem Videomitschnitt ergibt sich folgende Aussage:
Wir (die zuständigen Richter des BGH) haben die nationale Regelung entsprechend richtlinienkonform ausgelegt… das war nicht so ganz unproblematisch, …
Die „alte neue Welt“ bleibt bestehen
Im Ergebnis ändert sich daher zunächst nichts. Für Werbe-Cookies wird weiterhin die ausdrückliche Einwilligung der Nutzer gefordert. Hierzu werden in der Praxis sehr häufig sog. Cookie-Banner verwendet, die den Nutzer darum bitten, eine Einstellung zu treffen, ob er neben den für die Webseite erforderlichen Cookies (hierfür ist keine Einwilligung erforderlich) auch weitere Cookies für die eigene Besuchermessung oder sogar Tracking-Cookies zur Durchführung von Werbemaßnahmenzulassen möchte.
Der Volltext des Urteils liegt zwar noch nicht vor, aber angesichts der Wiederbelebung des § 15 Abs. 3 TMG und der weiten richtlinienkonformen Auslegung könnten sich in Zukunft eine Reihe an Folgefragen stellen, über die wir natürlich auch weiterhin berichten werden.