Max Schrems ist Datenschützern kein gänzlich Unbekannter. Seine Klage gegen das Safe Harbor-Abkommen führte letztendlich dazu, dass keine personenbezogenen Daten auf dessen Grundlage in die USA transferiert werden dürfen. Wir erinnern uns (siehe hier und hier). Das Nachfolgeabkommen, das Privacy Shield ist inzwischen eine wirksame Übermittlungsgrundlage, um personenbezogene Daten in US-amerikanischen Unternehmen zu verarbeiten.

Sachverhalt

Max Schrems verwendet einen privaten Account und eine Facebook Fanpage. Ursprünglich nutzte Schrems Facebook seit 2008 rein privat. Seit 2011 nutzt Schrems eine eigene Facebook-Fanpage, um über Schritte gegen Facebook zu informieren. Schrems hält Vorträge, publiziert über die Fanpage Bücher, bewirbt seinen Blog und Online-Petitionen gegen das soziale Netzwerk. Schrems sammelt über Crowdfunding finanzielle Mittel für die von ihm gegründete NGO, die u.a. datenschutzrechtliche Musterklagen finanziell unterstützt. Zudem lässt Schrems sich Ansprüche von Verbrauchern abtreten, um diese gerichtlich geltend zu machen.

Vorlagefragen

Am 25. Januar 2018 urteilte der EuGH zu zwei Fragen des Vorabentscheidungsersuchens des Obersten Gerichtshofs (Österreich). Vereinfacht wurde der EuGH folgendes gefragt:

  1. Greift der europarechtliche Verbraucherbegriff, wenn ein Facebook-Konto sowohl zur privaten Nutzung als auch wirtschaftlich genutzt wird?
  2. Darf ein Verbraucher eine Klage für gleichgerichtete Ansprüche anderer Verbraucher im selben oder einem anderen Mitgliedsstaat als dessen Wohnsitz oder in einem Drittstaat geltend machen?

Max Schrems ist Verbraucher

Der EuGH vertritt die Auffassung, dass die Verbrauchereigenschaft nicht von den Kenntnissen des Nutzers abhängt, sondern für welchen Zweck das Vertragsverhältnis geschlossen wurde bzw. ob sich ggf. ein wesentlich beruflicher Charakter der Nutzung des sozialen Netzwerkes entwickelt hat. Unwesentlich ist hiernach, dass Schrems Jurist und Datenschutzexperte ist, sowie seine Expertise und Engagement über Facebook verbreitet. Zudem wurde der Vertrag zwischen Schrems und Facebook ursprünglich zur Privatnutzung geschlossen, die dieser über einen längeren Zeitpunkt ausschließlich betrieb.

Interessant ist die Argumentation hinsichtlich des Verbraucherbegriffs und der Nutzung für Vereinigungen: Laut EuGH würde eine entsprechende Verneinung der Zuschreibung des Verbraucherbegriffes die Bildung von Vereinigungen zur Rechtsverteidigung von Verbrauchern zuwiderlaufen. Folglich könnte argumentiert werden, dass das Engagement einzelner Verbraucher auf Facebook zur Bildung von Vereinigungen nicht ausschließt, dass diese rechtlich als Verbraucher einzustufen sind.

Datenschutzrechtliche Sammelklagen und welcher Gerichtsstand?

Auf einen ausführlichen Exkurs in das internationale Privatrecht wird an dieser Stelle verzichtet. Kurzgefasst darf Schrems als Verbraucher in Österreich, seinem Wohnsitzland klagen und nicht am europäischen Unternehmenssitz der Facebook Ltd.  in Irland. Der EuGH begründet dies damit, dass dem Verbraucher der Gerichtsstand vorhersehbar sein muss.

Diesen Gerichtsstand darf Schrems als Verbraucher ausschließlich für die eigenen Ansprüche und nicht für die abgetretenen Ansprüche anderer Verbraucher im selben oder anderen EU-Mitgliedsländern bzw. Drittstaaten verwenden. Eine Sammelklage in Österreich für eine große Nutzerschaft von Facebook ist somit ausgeschlossen. Selbes gilt hinsichtlich einer EU-Sammelklage bei Verbraucherprozessen, in denen die Verbraucher ihren Wohnsitz in unterschiedlichen EU-Ländern innehaben. Die Verbraucher können weiterhin zur Durchsetzung eigener Ansprüche in den jeweiligen Wohnsitzstaaten klagen.

Niederlage oder ein weiter Sieg von Schrems?

Der EuGH lehnt eine europäische Sammelklage von Verbrauchern mit Sitz in unterschiedlichen europäischen Ländern ab. Das Primärziel von Schrems konnte nicht erreicht werde. Jedoch wurde ihm die Verbrauchereigenschaft zugesprochen, wonach Schrems anstatt am Unternehmenssitz von Facebook in Österreich klagen darf. Ein kleiner Sieg, obgleich weitere Klagen und Initiativen von Schrems gegen Facebook zu erwarten sind. Somit können wir gespannt darauf warten, wie die datenschutzrechtliche unendliche Geschichte weitergehen wird.