Der Tod eines nahen Angehörigen ist häufig ein tiefer Einschnitt im Leben eines Menschen. Für solche Ausnahmesituationen gewährt das deutsche Arbeitsrecht die Möglichkeit, dass sich Arbeitnehmer bezahlten Sonderurlaub nehmen können. Der Sonderurlaub wird – wie der Name schon vermuten lässt – zusätzlich zum vertraglich vereinbarten Urlaub gewährt.

In letzter Zeit jedoch häuften sich aber Fälle, in denen einige Arbeitnehmer wahrheitswidrig behaupteten, dass ein naher Angehöriger verstorben sei, um so bezahlten Sonderurlaub zu erhalten.

Aufgrund dieser Vorfälle verlangen nun immer mehr Arbeitgeber die Vorlage einer Sterbeurkunde.

Doch darf der Arbeitgeber das überhaupt? Immerhin sind auf der Sterbeurkunde personenbezogene Daten des Verstorbenen einsehbar – wie bspw. Name, Geburtsdatum oder Todeszeitpunkt.

Voraussetzung für die Gewährung von Sonderurlaub

Ob und wie viel Sonderurlaub gewährt wird, hängt vom konkreten Einzelfall ab. In vielen Fällen enthält bereits der Tarif- oder Arbeitsvertrag eine entsprechende Regelung. Liegt kein Tarifvertrag vor oder enthält der Arbeitsvertrag hierzu keine Regelungen, greift die gesetzliche Grundlage aus § 616 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB):

§ 616 BGB regelt eine Entgeltfortzahlung bei Verhinderung des Arbeitnehmers für eine nicht unerhebliche Zeit aufgrund eines in seiner Person liegenden Grundes. Für die Gewährung von Sonderurlaub nach § 616 BGB müssen folgende Tatsachen demnach vorliegen:

  1. Der Verhinderungsgrund (Tod eines nahen Angehörigen) liegt allein in der Person des Arbeitnehmers;
  2. Der Verhinderungsgrund ist nicht vom Arbeitnehmer verschuldet;
  3. Verhältnismäßigkeit der Verhinderungsdauer.

Liegen die oben genannten Voraussetzungen vor, kann der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer bis zu drei Tage bezahlten Sonderurlaub gewähren. Die Anzahl der Tage orientiert sich dabei, speziell bei Verstorbenen an dem Verwandtschaftsgrad. Je näher der Verwandtschaftsgrad zur verstorbenen Person war, desto mehr Sonderurlaubstage erhält der Arbeitnehmer.

Exkurs: Datenschutz bei personenbezogenen Daten von Verstorbenen

Eine Frage, die sich bei der Vorlage der Sterbeurkunde unweigerlich stellt, ist, ob der Anwendungsbereich gemäß Art. 2 Abs. 1 der DSGVO bezüglich der Verarbeitung von personenbezogenen Daten eines Verstorbenen überhaupt eröffnet ist. Gemäß dem Wortlaut des Erwägungsgrundes 27 DSGVO gilt die Verordnung (DSGVO) nicht für die personenbezogenen Daten Verstorbener. Jedoch ist den Mitgliedsstaaten gestattet, Vorschriften für die Verarbeitung von personenbezogenen Daten Verstorbener zu erlassen. Deutschland – zum Beispiel – hat keine Sonderregelung diesbezüglich. Schlussfolgernd fallen personenbezogene Daten Verstorbener also nicht in den sachlichen Anwendungsbereich der DSGVO. Das heißt, dass die Daten Verstorbener grundsätzlich ohne weitere Rechtsgrundlage aus der DSGVO verarbeitet werden können. Die Daten verstorbener Personen sind in Deutschland aber nicht komplett schutzlos. Sie werden hingegen durch das postmortale Persönlichkeitsrecht geschützt (BVerfG, 22. August 2006 – 1 BvR 1637/05).

Problemdarstellung

Das Problem in den vorliegenden Fällen ist jedoch, dass unklar ist, ob der nahe Angehörige auch tatsächlich verstorben ist. Damit ist auch nicht eindeutig klar, ob der Anwendungsbereich der DSGVO eröffnet ist und ob es einer Rechtsgrundlage nach der DSGVO bzw. eines Spezialgesetzes für das Einfordern der Sterbeurkunde durch den Arbeitgeber bedarf.

Lösung

Die Lösung ist im vorliegenden Fall nicht so kompliziert, wie es zunächst erscheint:

Für das Verlangen der Vorlage einer Sterbeurkunde bedarf es keiner Rechtsgrundlage aus der DSGVO, da sich die Pflicht zur Vorlage einer Sterbeurkunde bereits aus nationalen Regelungen ergibt. Entsprechend des Beibringungsgrundsatzes der Zivilprozessordnung (ZPO) muss nämlich derjenige, der einen für sich vorteilhaften Anspruch geltend machen will, sämtliche anspruchsbegründenden Tatsachen vorlegen und beweisen. Wendet man den Beibringungsgrundsatz auf den vorliegenden Fall an bedeutet das Folgendes:

Will der Arbeitnehmer Sonderurlaub nach § 616 BGB bzw. nach den tarif- oder arbeitsvertraglichen Vorschriften, muss er gegenüber dem Arbeitgeber das Vorliegen aller anspruchsbegründenden Tatsachen für das Vorliegen der Voraussetzungen für den Sonderurlaub nachweisen. Am Beispiel des Anspruchs nach § 616 BGB bedeutet das, dass der Arbeitnehmer konkret die oben genannten Tatsachen nachweisen muss.

Der praktischste und einfachste Nachweis für das Vorliegen der oben genannten Voraussetzungen ist die Vorlage einer Sterbeurkunde, da mithilfe dieser Urkunde ohne Weiteres der tatsächliche Todeseintritt eines nahen Angehörigen nachgewiesen werden kann.

Sollte der Arbeitnehmer aber auf eine andere Art und Weise den Tod eines nahen Angehörigen nachweisen können, darf die Sterbeurkunde natürlich nicht verlangt werden. Der Arbeitnehmer ist dann nämlich bereits seiner Nachweispflicht nachgekommen.

Fazit

Der Arbeitgeber kann vom Arbeitnehmer die Vorlage der Sterbeurkunde für die Gewährung eines bezahlten Sonderurlaubs verlangen, sofern der Nachweis für den tatsächlichen Todeseintritt eines nahen Angehörigen nicht anderweitig erbracht werden kann. Den Arbeitnehmer trifft bezüglich des Verhinderungsgrundes eine Nachweispflicht nach dem Beibringungsgrundsatz der ZPO. Der Arbeitnehmer kann folglich dem Arbeitgeber nicht entgegenhalten, dass eine Vorlagepflicht gegen die DSGVO verstößt.