Die Beschäftigung mit dem Thema Videoüberwachung ist für Datenschutzbeauftragte ein Dauerbrenner. Im Einzelhandel kann vor allem die Kundschaft von der Überwachung betroffen sein, in Produktionsstätten oder Logistikzentren die Mitarbeitenden. Datenschutzrechtliche Vorgaben sind jedoch auch zu beachten, wenn Privatpersonen eine Videoüberwachung auf dem eigenen Grundstück betreiben.

Mit einem solchen Fall hat sich das AG Geilenkirchen in einem Urteil vom 05.01.2023 (Az. 10 C 114/21) befasst. Fazit des Urteils: Eine permanente anlasslose Videoüberwachung des öffentlichen Raums durch Private (Kamera am Haus) ist unzulässig und es besteht ein Beweisverwertungsverbot.

Was war geschehen?

Die Klägerin in dem Prozess behauptete, der Beklagte habe mit einem LKW beim Vorbeifahren das geparkte Fahrzeug der Klägerin beschädigt. Sie begehrte Schadensersatz wegen eines Verkehrsunfalles. Als Beweismittel legte die Klägerin u. a. Videoaufnahmen vor, die von einer Kamera stammten, die an ihrem Haus angebracht war. Diese Kamera filmte scheinbar nicht nur das Grundstück der Klägerin, sondern auch auf die Straße, auf der ihr Fahrzeug geparkt war und das beschädigt wurde.

Datenschutzrechtliche Bewertung

Eine solche Überwachung über die eigene Grundstücksgrenze hinaus wird i. d. R. als unzulässig angesehen. Die DSK, ein Gremium der unabhängigen deutschen Datenschutzaufsichtsbehörden, schreibt dazu in einer Orientierungshilfe:

„In Wohngebieten dürfen Privatpersonen den öffentlichen Raum nicht überwachen. Die Beobachtungsbefugnis endet an der eigenen Grundstücksgrenze. Geht eine Überwachung darüber hinaus, kann sich der Überwachende nicht auf sein Hausrecht berufen. Auch ein konkretes Überwachungsinteresse rechtfertigt regelmäßig keine Videoüberwachung öffentlich zugänglicher Räume, wie Straßen, Gehwege oder Parkplätze.

Nachbarn, Passanten, Kinder, Lieferanten, Besucher und sonstige Verkehrsteilnehmer müssen eine dauerhafte und ggf. anlasslose Überwachung in Wohnbereichen nicht hinnehmen. In diesen Bereichen überwiegen grundsätzlich die schutzwürdigen Interessen der Betroffenen.“ (Pkt. 5.2 Überwachung in der Nachbarschaft, S. 30)

Das Urteil

Das Urteil enthält zwei interessante Aussagen: Zum einen wird die Videoüberwachung als unzulässig bewertet. Dies entspricht der oben dargestellten Sichtweise der DSK. Zum anderen wird die Verwertbarkeit der erstellten Videoaufnahmen als Beweismittel verneint. Das mag für Laien konsequent klingen. Im deutschen Recht ist es allerdings nicht automatisch so, dass unzulässig beschaffte Beweismittel nicht verwertet werden dürfen. Über die Verwertbarkeit muss vielmehr stets im Einzelfall vom Gericht entschieden werden. Es kann also theoretisch auch Videoaufnahmen geben, die unter Verstößen gegen datenschutzrechtliche Vorgaben erstellt wurden, die aber in einem Zivilprozess als Beweismittel verwertet werden können. Wir berichteten kürzlich über einen Fall von Arbeitszeitbetrug, der mittels Videoaufnahmen, die der Arbeitgeber eigentlich längst hätte löschen müssen, nachgewiesen wurde und der zu einer fristlosen Kündigung der daran beteiligten Mitarbeiter führte.

Im vorliegenden Urteil des AG Geilenkirchen heißt es zur Verwertbarkeit des Videos als Beweismittel:

„Das von der Klägerin angefertigte Video ist als Beweismittel nicht verwertbar. Es handelt sich um eine den Regelungen des Bundesdatenschutzgesetztes unterliegende Aufnahme. Die Aufzeichnung durch die am klägerischen Hausobjekt installierte Videokamera stellt eine permanente anlasslose Aufzeichnung des gesamten Geschehens dar, welche zur Wahrnehmung der Interessen der Klägerin nicht erforderlich und deshalb gemäß § 4 Abs. 1 BDSG nicht zulässig ist.“

Exkurs

Das Gericht erwähnt in seiner Urteilsbegründung § 4 Abs. 1 BDSG. Diese Norm wurde vom Bundesverwaltungsgericht im Jahr 2019 als europarechtswidrig eingestuft, da der deutsche Gesetzgeber sie mangels einer sog. Öffnungsklausel in der DSGVO nicht hätte erlassen dürfen (wir berichteten). Am Ergebnis der Entscheidung würde sich allerdings nichts ändern, wenn stattdessen auf die eigentlich anzuwendende Norm Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO abgestellt worden wäre. Die beiden Normen ähneln sich in den relevanten Punkten.