Die diesjährige Sommerakademie 2023 des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD) in Kiel mit dem Titel „Ist der Datenschutz fit für KI & Co.?“ stand ganz im Zeichen wichtiger Jubiläen: 40 Jahre Volkszählungsurteil des Bundesverfassungsgerichts und immerhin schon fünf Jahre Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) sind Grund genug einmal einen Rückblick zu wagen, was sich eigentlich in diesen Jahren im Datenschutz getan hat.

Nach einigen kurzen Begrüßungsworten von Dr. h. c. Marit Hansen (Landesbeauftragte für Datenschutz Schleswig-Holstein) zeigte unter der Moderation von Henry Krasemann (ULD) zunächst Prof. Dr. Alexander Roßnagel (Hessischer Beauftragter für Datenschutz und Informationsfreiheit) die durch wesentliche Entscheidungen gesetzten Meilensteine im Datenschutz auf. Besondere Aufmerksamkeit widmete er dabei dem herausragenden Stellenwert des Volkszählungsurteils für den Datenschutz.

Auf die möglichen Haftungsprobleme im Bereich des Datenschutzes ging dann Prof. Dr. Anne Paschke (TU Braunschweig) in ihrem Beitrag mit dem kritischen Titel „Zu Risiken und Nebenwirkungen des Datenschutzes fragen Sie …“ näher ein und zeigte u. a. auf, dass Sanktionen der Aufsichtsbehörden spürbare Konsequenzen haben können.

Demgegenüber ging Sjoera Nas (Privacy Company) dem interessanten Ansatz nach, auf welche Weise die Werkzeuge der DSGVO dazu genutzt werden können, um den Datenschutz auch im Zusammenhang mit dem Einsatz von (SaaS-)Produkten der Hyperscaler (Microsoft, Google & Co.) hinreichend umzusetzen.

Dem Beitrag schloss sich Dr. h. c. Marit Hansen mit einer Auseinandersetzung zu den Spannungen zwischen (Grund-)Rechten und Interessen an, indem sie die typischen Spannungsfelder des Datenschutzes zu anderen Bereichen (wie Informationssicherheit, Wettbewerb, Verbraucherschutz, Klimaschutz, Diskriminierungsschutz, KI-Aspekte) mit Beispielen hierzu aufzeigte.

Nach einer kurzen Diskussionspause bot Katharina Nocun (Wirtschafts- und Politikwissenschaftlerin, Bürgerrechtlerin, Publizistin) mit ihrem Vortrag viel Raum zum Nachdenken, zeigte sie doch mit der Wiedergabe ihrer eigenen Erfahrungen auf eindrucksvolle Weise, dass konsequente(r) Datenschutz und Datensicherheit essenziell sind, um den Missbrauch personenbezogener Daten zu verhindern und demokratische Strukturen sowie politisches Engagement zu erhalten.

Zuletzt bot Dirk Schrödter (Minister und Chef der Staatskanzlei Schleswig-Holstein) einen durchaus kontrovers diskutierten Beitrag, in dem er dafür plädierte, die Entwicklung und Nutzung von KI in der Verwaltung und für Unternehmen weniger Regularien zu unterwerfen, um die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Schleswig-Holsteins auf dem Weltmarkt aufrecht erhalten zu können.

Im Rahmen einer gemeinsamen Diskussion von Referent*innen und Anwesenden wurde die durchaus spannende Frage gestellt, ob die DSGVO überhaupt auf ein Zeitalter der KI & Co. vorbereitet ist oder aber auch die Möglichkeit der datenschutzrechtlichen Regulierung durch die DSGVO vor fünf Jahren verpasst wurde. Die Schwierigkeiten der unterschiedlichen Ansätze von Landesaufsichtsbehörden wurden ebenfalls angesprochen und hierzu unterschiedliche Auffassungen vertreten.

Am Nachmittag wurden wieder zahlreiche interessante Beiträge in den sog. Infobörsen angeboten. Aufgrund der Aufteilung in zwei Zeitblöcke bestand die Möglichkeit, zwei der in Zeitslots jeweils parallel stattfindenden Workshops zu besuchen. Für den Bereich des Kinder- und Jugendschutzes waren hierbei zwei Infobörsen von besonderem Interesse:

  • Im Beitrag von Christian Krause (ULD) ging es zunächst um die Herausforderung, die sich aus generativer KI im Alltag, insbesondere im Kinder- und Jugendbereich ergibt. Auf sehr eindrucksvolle Weise wurde die Vorgehensweise des KI-Angebots für alle Altersstrukturen aufgezeigt, die sich nicht selten als „Freunde“ präsentieren und die vertraulichsten Informationen durchaus von den Minderjährigen erfragen können. Ebenso wurde die Missbrauchsgefahr deutlich, sollten bspw. die Möglichkeiten zur Vortäuschung falscher Personen (Bild, Sprache) genutzt werden, um andere Schüler*innen in ein falsches Licht zu rücken.
  • Hervorragend ergänzt wurde dies durch die aufgestellte Frage von Aljoscha Dorn (ULD) und Benjamin Walczak (ULD) in ihrem Vortrag, inwieweit Kinder- und Jugendschutz durch mehr Eigenverantwortung erreicht werden könnte. Dabei wurde deutlich, dass es an einem einheitlichen Verständnis davon fehlt, wann von ausreichender Einsichtsfähigkeit der Jugendlichen auszugehen ist. Die sich anschließenden Diskussionen zeigten bei beiden Beiträgen auf, dass hier noch viel Reformbedarf im Bereich des Bildungsrechts besteht, um Antworten für die datenschutzrechtlichen Fragen zu bieten.

Insgesamt war es wieder eine gelungene Veranstaltung zu Themen, die den Datenschutz bzw. die Datenschutz-Community aktuell bewegen.

Auf der Website des ULD finden Sie das gesamte Programm sowie die Vorträge und Beiträge der Infobörsen der Sommerakademie 2023 als PDFs zum Download.

Wir freuen uns schon auf nächste Sommerakademie 2024 in Kiel!