Die schönsten Geschichten schreibt das Leben. Das ist auch im Datenschutzrecht so. Folgender Sachverhalt erreichte uns als Kommentar in unserem Blog:

„Unser Vermieter hat die Angewohnheit, sämtliche Konversation in Schriftform jedoch ohne Umschlag im Briefkasten zu hinterlassen. So ist es passiert, dass während unserer 2-wöchigen Abwesenheit in den Ferien, die Betriebskostenabrechnung zugestellt wurde (ohne Umschlag). Ein Nachbar hat unseren Briefkasten regelmäßig geleert und natürlich die Abrechnung mit allen Details gesehen. Ist eine solche Zustellung überhaupt zulässig?“

Ist eine solche Zustellung überhaupt zulässig? Die juristisch korrekte Antwort lautet selbst verständlich: Es kommt drauf an!

Die Geschichte des Briefumschlages

Bevor wir zur Begründung der Antwort kommen, ein kurzer Abriss zur Geschichte des Briefumschlages. Eine detaillierte Beschreibung der Entwicklung des Briefumschlages kann bspw. in einem Blogbeitrag der Firma Tillmann Druck nachgelesen werden. Hier die wichtigsten Fakten:

  • Bis Anfang des 19. Jahrhunderts wurden Briefe durch Umfalten oder Aufrollen und Versiegeln vor unberechtigtem Zugriff geschützt.
  • 1820 erfand der britische Buch- und Papierwarenhändler S. K. Brewer in Brighton einen Umschlag aus Papier, in den der Brief eingesteckt werden konnte.
  • 1844 entwickelten die Engländer Edwin Hill und Warren De La Rue die erste Tret-Falzmaschine für die Herstellung von Briefumschlägen.
  • In Deutschland wurde die erste Briefumschlagfabrik im Jahr 1849 vom Kaufmann Rommeler in Jülich gegründet.
  • 1925 wurde von der Firma Winkler + Dünnebier die erste Rotations-Briefumschlagmaschine der Öffentlichkeit vorgestellt. Im Jahr 1930 brachte die gleiche Firma auch die Produktion von Umschlägen mit Pergamin-Fenster zur Serienreife.

Die Aufgabe des Briefumschlages

Aufgabe des Briefumschlages ist es, die zu übermittelnde Nachricht zu schützen. Einerseits vor Beschädigung, bspw. durch Feuchtigkeit. Andererseits vor einer Kenntnisnahme durch unbefugte Personen. Das Öffnen eines Briefes soll zunächst eine psychologische Hürde darstellen, weil man den Umschlag öffnen und dabei zerstören oder zumindest beschädigen muss, um an den Inhalt zukommen. Die hieraus resultierende Hemmschwelle muss dabei zunächst überwunden werden. Zudem führt ein geöffneter Briefumschlag dazu, dass der*die Adressat*in erkennen kann, dass eine Öffnung stattgefunden hat.

Das unberechtigte Öffnen eines Briefumschlages stellt auch kein Kavaliersdelikt, sondern ein Vergehen nach § 202 StGB dar, welches mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft werden kann.

Es kommt drauf an!

Im vorliegenden Fall ist der Vermieter datenschutzrechtlich Verantwortlicher und muss technische und organisatorischen Maßnahmen treffen, um ein angemessenes Schutzniveau zu gewährleisten. Die Verwendung von Briefumschlägen wäre eine solche Maßnahme.

Ob diese auch erforderlich ist, hängt zuweilen von den Briefkästen der Adressant*innen ab. Handelt es sich um einen Sammelbriefkasten für mehrere Mietparteien oder nur um einen Schlitz in der Haustür, durch den sämtliche Post auf dem Boden im Treppenhaus landet und dadurch für alle Bewohner*innen und Besucher*innen greifbar ist, ist die Verwendung von Umschlägen zwingend.

Hat jede Mietpartei einen eigenen Briefkasten und ist dieser so gestaltet, dass der Inhalt nicht durch den Briefkastenschlitz oder eine transparente Briefkastentür gelesen werden kann, ist ein Briefumschlag nicht zwingend. Hier können nur die berechtigten Personen an die Briefe gelangen. Etwas anderes gilt in den Fällen, in denen eine Nachricht nur für ein Mitglied einer Mietpartei bestimmt ist. Hier muss ebenfalls ein Briefumschlag verwendet werden. Dem Vermieter aus dem oben beschriebenen Fall kann auch nicht angelastet werden, dass die Adressaten abwesend waren und ein Nachbar die Briefkastenleerung übernommen hat. Zwar ist es üblich, dass Mietende z. B. in den Urlaub fahren und Nachbarn sich um die Post kümmern. Den*die Vermieter*in treffen diesbezüglich keine Obliegenheiten, sich vorab entsprechend zu informieren. Es wäre sicherlich auch befremdlich, wenn man seinen Urlaub der vermietenden Person mitteilen muss oder diese sich vor jeder Postzustellung erkundigt, ob die Mietenden anwesend sind.

Gleich gilt auch bei E-Mail-Kommunikation. Hier weiß der*die Absender*in regelmäßig auch nicht, ob der*die Empfänger*in gerade erreichbar ist oder auf Grund von Abwesenheit eine Weiterleitung an eine Vertretung eingerichtet hat.

Im Ergebnis müsste man sich die örtlichen Gegebenheiten ansehen, um den Fall abschließend bewerten zu können.