Eine Vielzahl der Bürgerinnen und Bürger kommt regelmäßig durch die Inanspruchnahme der Sozialleistungen wie z. B. Erhalt von Kinder-, Arbeitslosen- oder Wohngeld mit dem Sozialsystem in Berührung. Behörden und öffentliche Stellen speichern und verarbeiten dabei eine Vielzahl von personenbezogenen Daten, um ihre gesetzlichen Aufgaben erfüllen zu können.

Oft stellt sich hierbei für die betroffenen Personen die Frage, wie sie ihre Ansprüche auf Auskunft gegenüber der öffentlichen Stelle geltend machen und ggf. eine Einsicht in die Verwaltungsakte nehmen können – z. B. im Rahmen einer rechtlichen Auseinandersetzung über eine beantragte Leistung. Eine einheitliche Rechtsgrundlage, die die Akteneinsichtsrechte gegenüber einer Behörde regelt, gibt es nicht. Im Verwaltungsverfahrensrecht gilt der Grundsatz, dass die Beteiligten des Verfahrens Einsicht in die betreffenden Akten bekommen. Das Akteneinsichtsrecht ergibt sich grundsätzlich aus § 29 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) und aus den wortgleichen Verwaltungsverfahrensgesetzen der einzelnen Bundesländer. Gegenüber der Sozialbehörde findet im Sozialverwaltungsverfahren die besondere Rechtsgrundlage des § 25 Zehntes Sozialgesetzbuch (SGB X) für die Geltendmachung der Akteneinsicht Anwendung. Daneben steht aber auch die Möglichkeit, über Art. 15 DSGVO eine Auskunft über die Speicherung und Verarbeitung der eigenen personenbezogenen (Sozial-)Daten von der öffentlichen Stelle zu verlangen. Die Voraussetzungen dieser Rechtsgrundlagen und ihre Abgrenzung von einander werden in diesem Beitrag näher beleuchtet.

Akteneinsicht gem. § 25 Abs. 1. S. 1 SGB X

Der Anspruch auf Akteneinsicht ergibt sich aus § 25 Abs. 1 S. 1 SGB X:

„Die Behörde hat den Beteiligten Einsicht in die das Verfahren betreffenden Akten zu gestatten, soweit deren Kenntnis zur Geltendmachung oder Verteidigung ihrer rechtlichen Interessen erforderlich ist.“

Zunächst setzt der Anspruch aus § 25 SGB X voraus, dass ein laufendes Verwaltungsverfahren gem. § 8 SGB X vorliegt. Dies ist normalerweise dann der Fall, wenn am Ende des Verfahrens ein Verwaltungsakt erlassen werden soll. § 25 SGB X findet keine Anwendung, wenn schlichtes Verwaltungshandeln in Rede steht oder das Verwaltungsverfahren bereits abgeschlossen ist.

Die Behörde prüft außerdem, ob die antragstellende Person zu dem Kreis der Beteiligten gem. § 12 SGB X gehört und ein rechtliches Interesse an der Gewährung der Einsicht hat. Das Vorliegen des rechtlichen Interesses ist weit auszulegen und besteht grundsätzlich bereits dann, wenn die Akteneinsicht darauf gerichtet ist, tatsächliche Unsicherheiten über ein Rechtsverhältnis zu klären. Ein rein individuelles oder rein wirtschaftliches Interesse ist hingegen für die Geltendmachung nicht ausreichend.

Zu berücksichtigen ist dabei, dass die Behörde zur Gestattung der Akteneinsicht nicht in jedem Falle verpflichtet ist. Die Grenze des Einsichtsrechts ist dort zu ziehen, wo die Vorgänge wegen der berechtigten Interessen der Beteiligten oder dritter Personen geheim gehalten werden müssen, § 25 Abs. 3 SGB X.  Deswegen prüfen die Sozialbehörden vor der Gewährung der Einsicht, ob die Akten Daten von dritten Personen enthalten. Ist dies der Fall, darf die Akteneinsicht nur dann gewährt werden, wenn die betroffenen Personen einwilligen oder eine Übermittlungsbefugnis aus den §§ 68 ff. SGB X vorliegt. Ansonsten sind die Aktenteile mit den personenbezogenen Daten Dritter herauszutrennen oder zu schwärzen.

  • 25 Abs. 4 S. 1 SGB X regelt die Durchführung der Einsicht in die Verfahrensakte. Akteneinsicht ist grundsätzlich bei der aktenführenden Behörde zu nehmen. Eine Ausnahme besteht nur in den Fällen einer unzumutbaren Belastung für die antragstellende Person. In diesen Fällen kommt die Übersendung der Akten an eine andere, bspw. örtlich näher liegende Behörde in Betracht. Weitere Ausnahmen, z. B. die Versendung der Akte an die antragstellende Person, kann die Behörde nach pflichtgemäßem Ermessen treffen. Gem. § 25 Abs. 5 S.1 SGB X kann die antragstellende Person bei der Behörde vor Ort Kopien anfertigen bzw. anfertigen lassen.

Recht auf Auskunft gem. Art. 15 DSGVO

 Neben dem verfahrensrechtlichen Anspruch aus § 25 SGB X, kann jede natürliche Person das Recht auf Auskunft aus Art. 15 DSGVO i. V. m. § 83 SGB X verfahrensunabhängig geltend machen. Soweit keine Ausnahmen des § 83 I SGB X greifen, hat jede natürliche Person einen Anspruch auf umfassende Auskunft über die von der Behörde zu ihrer Person verarbeiteten personenbezogenen Daten. Darunter zählen auch die Sozialdaten.

Das Recht auf Auskunft gem. Art. 15 Abs. 1 DSGVO umfasst zunächst die Auskunft darüber, ob überhaupt personenbezogene Daten der betroffenen Person verarbeitet werden und, falls zutreffend, welche personenbezogenen Daten dies sind:

„Die betroffene Person hat das Recht, von dem Verantwortlichen eine Bestätigung darüber zu verlangen, ob sie betreffende personenbezogene Daten verarbeitet werde; ist dies der Fall, so hat sie ein Recht auf Auskunft über diese personenbezogenen Daten und auf folgende Informationen… “

Die Auskunft wird in der Regel dann erteilt, wenn die betroffene Person von ihrem Auskunftsrecht Gebrauch macht, diese hierzu berechtigt ist und dem Begehren keine Versagungsgründe entgegenstehen.

Neben der Identifikation der betroffenen Person, sind auch hier die Beeinträchtigung von Rechten und Freiheiten anderer Personen und die Geheimhaltungspflichten zu prüfen. Das Betroffenenrecht auf Auskunft ist nur auf die Daten der betroffenen Person selbst bezogen; personenbezogene Daten dritter Personen dürfen von den angesprochenen Stellen im Rahmen von Art. 15 DSGVO nicht beauskunftet werden. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn die Daten der betroffenen Person von einer dritten Person erhoben worden sind.

Das Verfahren der Auskunftserteilung richtet sich nach § 83 SGB X i. V. m. Art. 15 DSGVO. § 83 SGB X enthält die Einschränkungen des Auskunftsrechts gegenüber Leistungsträgern und verweist auf weitere Normen im SGB X. Um Wiederholungen zu vermeiden, verweisen wir hier auf unser Blogbeitrag „Betroffenenrechte im Sozialdatenschutz“, der die Systematik und Voraussetzung von § 83 SGB X ausführlich beleuchtet.

Fazit

Grundsätzlich schließen sich beide beschriebenen Möglichkeiten, Auskünfte von der Sozialbehörde zu fordern, nicht aus. Die Behörde wird aber vermutlich bei jedem konkreten Begehren prüfen, welcher Anspruch von der anfragenden Person begehrt wird, soweit es sich nicht ausdrücklich aus der Anfrage selbst ergibt. Die anfragenden bzw. antragstellenden Personen sollten sich zunächst fragen, welche der beiden Möglichkeiten für ihr Anliegen zielführender ist und sich darauf berufen. Ggf. kann hier neben der Betrachtung von datenschutzrechtlichen Aspekten – auf die sich dieser Beitrag bezieht – auch die Konsultation eines Rechtsbeistands hilfreich sein, um prozesstaktische Erwägungen ausreichend berücksichtigen zu können. Hierbei ist darauf zu achten, dass § 25 SGB X spezieller ist und höhere Voraussetzungen für die Gewährung der Einsicht aufstellt. Art. 15 DSGVO i. V. m. § 83 SGB X steht hingegen jeder betroffenen Person, unabhängig von der Beteiligung im Sozialverfahren, zur Verfügung. Hier wird jedoch üblicherweise zunächst eine Auskunft in Form der strukturierten Aufstellung der verarbeiteten Daten (beispielsweise in Listenform), ggf. nebst einer Kopie der verarbeiteten Daten, erteilt. Eine darüberhinausgehende Einsichtnahme in die Akte und der darin enthaltenen Fallbearbeitungen, Kommentare und weiterer Informationen und somit in Informationen außerhalb der eigenen personenbezogenen Daten ist gem. Art. 15 DSGVO nicht vorgesehen.