Immer wieder begegnet uns in der Praxis die Frage, ob es zulässig ist, im Rahmen eines Bewerbungsverfahrens ehemalige Arbeitgeber anzurufen, um zusätzliche Informationen über den Bewerber zu erhalten oder um Arbeitszeugnisse zu hinterfragen. Die Antwort fällt eindeutig aus, denn solche Anrufe sind bis auf wenige Ausnahmen gleich aus mehreren Gründen unzulässig:

Verstoß gegen den Direkterhebungsgrundsatz

Jede Datenerhebung muss gem. § 4 Abs. 2 BDSG grundsätzlich beim Betroffenen erfolgen. Zwar sieht § 4 Abs. 2 Nr. 2 BDSG eine Ausnahme vor, wenn der Geschäftszweck eine Datenerhebung ohne Mitwirkung des Betroffenen erforderlich macht oder die Erhebung beim Betroffenen einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde. Darüber hinaus dürfen aber keine schutzwürdigenden Interessen des Betroffenen beeinträchtigt werden. Fraglich ist also, ob Arbeitgeber sich im Bewerbungsverfahren auf diese Ausnahmevorschrift berufen können. Häufig wird argumentiert, dass man von ehemaligen Arbeitgebern weitergehende Informationen über den Bewerber erhält und so Zweifeln über Angaben in den Bewerbungsunterlagen nachgehen kann. Die Landesdatenschutzbeauftragte des Landes Bremen hat bereits 2012 in ihrem 35. Jahresbericht (dort Ziffer 12.2.5) zu dieser Frage Stellung genommen und die Zulässigkeit solcher Rückfragen verneint, weil es dem Arbeitgeber zugemutet werden kann, bei Zweifeln über Angaben des Bewerbers beim Bewerber selbst nachzufragen, um Aufklärung zu bitten und sich weitere Belege, notfalls auch im Original vorlegen zu lassen.

Auch dem Interesse des Arbeitgebers an weitergehenden Informationen durch ein Gespräch mit dem ehemaligen Arbeitgeber ist eine deutliche Absage zu erteilen, denn hierbei kann der Bewerber nicht ausschließen, dass auch Angaben erhoben werden, die für die Stellenbesetzung nicht erforderlich sind und die nach der detaillierten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts das Fragerecht des Arbeitgebers übersteigen.

Nicht zu überzeugen vermag auch der mitunter herangezogene Verweis auf den „Leumund“, über den der Bewerber keine Auskunft erteilen kann. Denn im Bewerbungsverfahren stehen Eignung, Befähigung und Leistung im Vordergrund (dies belegt durch Arbeitszeugnisse und Stationen im Lebenslauf), nicht der gute Ruf des Bewerbers. Da der ehemalige Arbeitgeber nur seine eigene, höchst subjektive Meinung zum Besten geben kann, wären diese Daten zudem unzuverlässig und daher ungeeignet, das Ziel der Überprüfung des Bewerbers zu erreichen.

Unzulässige Datenübermittlung

Ein weiterer Grund spricht gegen die Zulässigkeit des Anrufs: Der potentielle Arbeitgeber, der den ehemaligen Arbeitgeber des Bewerbers kontaktiert, übermittelt hierdurch Daten. Denn genau genommen informiert er durch seinen Anruf den ehemaligen Arbeitgeber, dass sich sein ehemaliger Arbeitnehmer bei ihm beworben hat. Eine solche Datenübermittlung ist grundsätzlich durch § 32 BDSG nicht gedeckt und damit unzulässig.

Einwilligung

Zwar könnte daran gedacht werden, die Befragung des ehemaligen Arbeitgebers durch eine Einwilligung des Bewerbers abzudecken. Eine wichtige Voraussetzung für eine wirksame Einwilligung ist neben der Zweckgebundenheit und der Einhaltung des Schriftformerfordernisses aber auch deren Freiwilligkeit. Die Einwilligung muss also auf der freien Entscheidung des Betroffenen beruhen. Die Freiwilligkeit des Bewerbers muss jedoch bezweifelt werden, denn die Verweigerung einer solchen Einwilligung wird regelmäßig zu Nachteilen im Bewerbungsverfahren führen. Dies gilt erst recht in Fällen, wo andere Bewerber die vermeintlich freiwillige Einwilligung erteilen. Da im Bewerbungsverfahren grundsätzlich keine „Waffengleichheit“ besteht, weil der Arbeitgeber im Ergebnis über die Einstellung entscheidet, hat der Bewerber im Grunde keine echte Alternative, wenn er seine Bewerbung aufrechterhalten möchte – er kann faktisch nur zustimmen. Eine Einwilligung des Bewerbers scheidet als Rechtsgrundlage daher grundsätzlich aus.

Rechtswidrigkeit der Auskunft des ehemaligen Arbeitgebers

Mangels wirksamer Einwilligung darf aber auch der ehemalige Arbeitgeber keine Auskünfte über den Bewerber erteilen, denn er unterliegt dem Datengeheimnis des § 5 BDSG. Der ehemalige Arbeitgeber, der bereitwillig Auskünfte über seine früheren Arbeitnehmer erteilt, handelt somit ohne Rechtsgrundlage und damit mindestens ordnungswidrig gem. § 43 BDSG. Wenn er in der Absicht, den Betroffenen zu schaden handelt, kann sogar der Straftatbestand des § 44 BDSG erfüllt werden. Diese Gefahr sollten ehemalige Arbeitgeber, die von Dritten kontaktiert werden, nicht unterschätzen.

Ausnahmesituationen

Lediglich in Ausnahmesituationen, in denen ein konkreter Anlass besteht, den Wahrheitsgehalt von eingereichten Unterlagen zu bezweifeln, kann ausnahmsweise ein Kontakt mit dem ehemaligen Arbeitgeber möglich sein. Selbst in diesen Fällen müssen aber auch weitere alternative Möglichkeiten geprüft werden (etwa die Beibringung weiterer Unterlagen im Original durch den Bewerber). Zudem wäre eine Kontaktaufnahme aus Gründen der Beweisbarkeit und des Datenschutzes allenfalls als schriftliche Anfrage zu Händen der Personalabteilung zulässig, in welcher der ehemalige Arbeitgeber um die Bestätigung der Echtheit eines Zeugnisses oder einer Information gebeten wird, die der Bewerber in das Bewerbungsverfahren eingebracht hat. Der Bewerber sollte über die Kontaktaufnahme im Vorfeld informiert werden und die Kontaktaufnahme selbst muss das „letzte Mittel“ darstellen, um vermeintliche Bewerbungsbetrüger oder Hochstapler zu erkennen.

Ergebnis

Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass Anrufe beim ehemaligen Arbeitgeber grundsätzlich unzulässig sind. Sowohl der neue Arbeitgeber als auch der ehemalige Arbeitgeber werden bei solchen Anrufen grundsätzlich gegen geltendes Datenschutzrecht verstoßen. Dies dürfte eine denkbar schlechte Basis für ein künftiges Arbeitsrechtsverhältnis sein, das auf Vertrauen, Rechts- und Vertragstreue gegründet sein sollte.