Das Datenschutzrecht zielt bekanntlich auf eine rechtmäßige und sichere Datenverarbeitung ab. Dabei soll es nach einem weitverbreiteten Verständnis der DSGVO im Wesentlichen „nur“ für die ganz oder teilweise automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten gelten. Ein Blick in Art. 2 Abs. 1 DSGVO hilft wegen der doch recht sperrigen Formulierung nur bedingt bei dieser Abgrenzung. Dass die Suche nach sinnstiftender Absicherung des eigenen Handelns seltsame Blüten treiben kann, haben wir bereits in Teil 1 unserer Serie zum Thema „Panik-Einwilligung“ unter die Lupe genommen.

Denn es stellt sich die Frage: Was ist überhaupt ein personenbezogenes Datum, was ist eine Verarbeitung? Generell wohl so „gut wie alles“, würde der akribische Hobby-Datenschützer jetzt behaupten. Und dann lässt sich noch diskutieren, was unter das sog. „Haushaltsprivileg“ fällt, also nur in den eigenen vier Wänden passiert und sich daher (noch) nicht im Fokus des Gesetzgebers befindet. Mit anderen Worten: Niemand weiß nichts Genaues!

Anders ist es wohl nicht zu erklären, dass seit rund einem Jahr plötzlich der Umgang mit irgendwelchen Zetteln am Weihnachtsbaum, Klingelschildern oder sogar gemalten Kinderbildern „den Datenschutz“ hervorruft und deshalb plötzlich selbiges durch die DSGVO verboten sein soll. Vielerorts herrscht pure Verzweiflung!

Mein persönliches Highlight war die folgende Meldung aus den Lokalnachrichten: „Eltern verbieten Namen auf Kinderzeichnung in der Kita“.

Malen im Zeitalter der DSGVO

Demnach wurde in einer Kita in Brandenburg auf Wunsch der Eltern geregelt, dass Kinder nicht mehr ihren Namen auf die selbstgemalten Bilder schreiben dürfen bzw. auch die Erzieherin den Namen des Kindes nicht mehr darauf schreiben dürfe. Stattdessen würden die Bilder nun eine Nummer bekommen, alternativ dürfe der Name noch auf der Rückseite „versteckt“ werden.

Immerhin könnten die Zeichnungen und Strichmännchen ja ein personenbezogenes Datum sein! Und auch die Zugehörigkeit der Person zum Bild verrät so einiges, was die DSGVO unbedingt schützen sollte. Denn das Strichmännchen mit den langen Haaren könnte wohl Luisa und das Männchen mit den langen Beinen vielleicht der Papa von Tom sein? Und wenn dann noch der kleine Florian mit wenigen Strichen das Haus der Eltern malt, wäre das dann vielleicht sogar schon ein tiefer und verbotener Blick in die tiefsten Winkel der Privatsphäre? So oder so sollte die Urheberschaft des Bildes lieber verschwiegen und damit der Name des Künstlers vertraulich behandelt werden.

Kindliche Freude als berechtigtes Interesse?

Wie man sieht, stellen sich bei näherer Betrachtung zum einen viele Fragen und zum anderen die Nackenhaare auf. Wie also ist das künstlerische Dilemma aufzulösen? Als helfende Hand springt hier Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO herbei, der die Verwendung von Daten zur Wahrung berechtigter Interessen gestattet.

Die zu Beginn aufgeworfene Diskussion, ob das Anfertigen von Zeichnungen und Bilder durch Kinder überhaupt unter den Anwendungsbereich der DSGVO (tendenziell nein, siehe Art. 2 Abs. 1) oder unter das Brandenburgisches Datenschutzgesetz (tendenziell ja) fällt,  – soll aus Platzgründen bewusst ausgespart werden. Unabhängig davon können gleich mehrere beteiligte Instanzen ein berechtigtes Interesse an der Verwendung von Namen auf den Kinderbildern haben: Die Erzieherinnen, weil sie durch die direkte Zuordnung die Entwicklung der Kinder leichter nachvollziehen können; die Eltern, weil sie untereinander mit den Fertigkeiten ihrer lieben Kleinen beim Elternabend in Konkurrenz treten können und schließlich die Kinder selbst, weil sie mit strahlenden Blicken und voller Stolz verkünden können „Das hab´ ich für dich gemalt.“

Und schließlich gibt es für diejenigen Eltern, die kraft ihrer gesetzlichen Fürsorge den Namen ihres Sprösslings von dem privatschriftlichen Kunstwerk entfernt haben möchten, immerhin noch das Recht zum Widerspruch nach Art. 21 DSGVO – eine dankbare Konstruktion, ganz ohne kuriose Schlagzeilen.