Die Frage, ob Arbeitnehmer*innen dem Arbeitgeber Auskunft über ihren Impf- oder Genesungsstatus erteilen müssen, ist auch wegen der weiter erfreulich steigenden Impfzahlen eine der Fragen, die sich Unternehmen zur Vorbereitung auf die weitere Verbreitung der Delta-Variante des Coronavirus sowie zu erwartender steigender Inzidenzzahlen im Herbst/Winter stellen.

So gab am Mittwoch, den 21.07.2021, Gesundheitsminister Jens Spahn bekannt (siehe die Twittermeldung hier), dass mehr als 50 Millionen Bürgerinnen und Bürger mindestens einmal gegen das SARS-CoV-2 Coronavirus geimpft sind. Zudem hätten 39,3 Millionen Personen den vollen Impfschutz.

Erfreulich ist insoweit ebenfalls, dass die gängigen Apps (Corona-Warn-App, CovPass-App) nunmehr über Funktionen verfügen, um digitale COVID-Impfzertifikate und COVID-Genesenenzertifikate der EU hinzuzufügen. Somit bestehen Möglichkeiten, anhand derer das gegenseitige Ansteckungs- bzw. Übertragungsrisiko des SARS-CoV-2 Coronavirus bei Besuchen von Restaurants, Theatern etc. effektiv gesenkt werden kann.

Impfstatus für den Arbeitgeber?

Für das Arbeitsverhältnis stellt sich damit natürlich die Frage, ob die digitalen COVID-Impfzertifikate und COVID-Genesenenzertifikate der EU auch am Arbeitsplatz genutzt werden können, um diese bspw. bei den Vorgaben zum betrieblichen Infektionsschutz einfließen zu lassen. Hierzu ist folgendes festzuhalten:

1. Es besteht keine grundsätzliche Pflicht zur Erteilung der Auskunft über den Impf- oder Genesungsstatus gegenüber dem Arbeitgeber.

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) gibt in Frage 1.5 seines FAQ zur Corona-Arbeitsschutzverordnung (abrufbar hier) an, dass es den Beschäftigten grundsätzlich freisteht, ob Sie ihren Impf- oder Genesungsstatus dem Arbeitgeber mitteilen wollen oder nicht (Ausnahme: Bestimmte Einrichtungen im Gesundheitswesen, siehe § 23a IfSG und Corona-Schutzverordnungen der Länder). Dies resultiert daraus, dass die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung keine unterschiedlichen Vorgaben zwischen geimpften / genesenen und nicht geimpften Beschäftigten vorsieht und sich der Arbeitgeber deshalb auf keine rechtliche Grundlage zur Verarbeitung des Impf- / Genesungsstatus berufen kann.

Zu beachten ist, dass einige Landesverordnungen (bspw. NRW und Sachsen) vorsehen, dass Reiserückkehrer einen negativen Test gegenüber dem Arbeitgeber vorzeigen müssen. Dabei gilt eine Befreiung gegenüber bereits geimpften / genesenen Beschäftigten, so dass hier eine indirekte Pflicht zur Vorlage des COVID-Impfzertifikates und COVID-Genesenenzertifikates der EU besteht.

2. Hat der Arbeitgeber Kenntnis über den Impf- bzw. Genesungsstatus der Beschäftigten, können diese bei der Gefährdungsbeurteilung und Erstellung des betrieblichen Hygienekonzepts genutzt werden.

Sofern der Arbeitgeber Kenntnis vom Impf- bzw. Genesungsstatus der Beschäftigten hat, geht das BMAS in Frage 1.6 seines FAQ davon aus, dass dieses Wissen bei der Gefährdungsbeurteilung und Erstellung des betrieblichen Hygienekonzepts mitberücksichtigt werden kann.

Weiterhin scheint das BMAS davon auszugehen, dass sogar unterschiedliche Vorgaben zum betrieblichen Infektionsschutz je nach Impf- und Genesungsstatus möglich seien. Dabei weist das BMAS jedoch darauf hin, dass dies zu Störungen des Betriebsfriedens führen kann, insb. wenn „Vergünstigungen“, wie die exklusive Nutzung von Pausenbereichen oder Kantinen damit verbunden sind.

Das BMAS warnt zudem, dass Vergünstigungen unmittelbar den jeweiligen Impf- und Genesungsstatus jedes Betriebsangehörigen offenlegen würden. Dies könnte zu einem Rechtfertigungsdruck der noch nicht geimpften Beschäftigten führen.

Fazit

Da das BMAS zunächst in dem von ihm veröffentlichten FAQ klarstellt, dass die Mitteilung des Impf- oder Genesungsstatus gegenüber dem Arbeitgeber freiwillig erfolgen muss (Ausnahme: Bestimmte Einrichtungen im Gesundheitswesen, siehe § 23a IfSG und Corona-Schutzverordnungen der Länder), kann die Vorlage des digitalen COVID-Impfzertifikates oder des COVID-Genesenenzertifikates der EU durch die Beschäftigten nur mit deren Einwilligung gemäß § 26 Abs. 2, Abs. 3 BDSG erfolgen.

Der vom BMAS genannte Zweck für die Verarbeitung des Impf- und Genesungsstatus der Beschäftigten zur Mitberücksichtigung bei der Gefährdungsbeurteilung und Erstellung des betrieblichen Hygienekonzepts kann jedoch keine solche Erforderlichkeit beigemessen werden, dass bspw. eine Kollektivvereinbarung hierzu abgeschlossen werden könnte (vgl. § 26 Abs. 4 BDSG). So führt das BMAS ebenfalls aus, dass die Lockerungen der Kontaktbeschränkungen in der Öffentlichkeit und im privaten Bereich nicht auf den betrieblichen Infektionsschutz übertragen werden können. Als Argument führt das BMAS hierfür an, dass im Arbeitsverhältnis keine Wahlmöglichkeiten der Beschäftigten bestehen, ob Sie größere Zusammenkünfte vermeiden wollen oder nicht, sondern sie vielmehr an die tarif- und arbeitsrechtlichen Vorgaben gebunden sind und dem Direktionsrecht des Arbeitgebers unterliegen.

Der Arbeitgeber muss daher gemeinsam mit einem etwaig bestehenden Betriebsrat (vgl. §§ 87 Nr. 7, 89 BetrVG) entscheiden, inwiefern der Impf- und Genesungsstatus bei der Gefährdungsbeurteilung und Erstellung des betrieblichen Hygienekonzepts mitberücksichtigt werden soll und ob etwaige Vergünstigungen für geimpfte /genesene Beschäftigte gewährt werden sollen. Dabei muss ein bestmöglicher Ausgleich zwischen den Gruppen der geimpften und solchen, welche sich aufgrund des Bestehens medizinischer Gründe nicht impfen lassen können oder wollen, geschaffen werden, so dass kein Druck zur Offenbarung oder eine Gefahr für den Betriebsfrieden entsteht.

Da noch keine rechtlichen Grundlagen für Arbeitgeber geschaffen wurden, den Impf- und Genesungsstatus der Beschäftigten außerhalb einer Einwilligung zu verarbeiten, bleibt abzuwarten, ob die nächste Fassung der Corona-Arbeitsschutzverordnung eine Unterscheidung zwischen geimpften und nicht geimpften Beschäftigten enthalten wird.