Das Angebot von Apps für Kinder nimmt seit Jahren zu und stellt Eltern vor immer neue Herausforderungen. Zum einen soll das Kind durch die Digitalisierung bzw. Gamification an die neuen Medien herangeführt, zum anderen aber durch selbige auch in der Entwicklung/Bildung gestärkt werden. Schon längst wachsen die heutigen Kids und Jugendlichen mit dem Smartphone und Tablet-PC auf.

Problematisch sind allerdings solche Apps, die mit der umfangreichen Verarbeitung von personenbezogenen Daten der Kinder einhergehen und die jungen Nutzerinnen und Nutzer überwachen. Denn wenn die Apps auch Ton- und Bildaufnahmen verarbeiten und langfristig speichern, bestehen große datenschutzrechtliche Bedenken und auch Risiken der IT-Sicherheit.

Die Totalüberwachung als Spiel

Derzeit steht vor allem die App „Pokémon Sleep“ in der Kritik. Denn dieses Spiel ist gerade darauf ausgelegt, nachts den Schlaf der Kinder über das Mikrofon am Smartphone zu erfassen und innerhalb der Anwendung entsprechend zu bewerten bzw. mit Punkten zu belohnen. Daher soll das Mobiltelefon am besten direkt auf die Matratze neben dem schlafenden Kind gelegt werden und dauerhaft angeschaltet bleiben.

Die App des bekannten „Pokémon“-Trends ist vor wenigen Wochen hierzulande erschienen und weist bereits mehr als eine Million Downloads auf. Laut eines Medienberichts von netzpolitik.org haben der Verbraucherzentrale Bundesverband und die Datenschutzbehörde Baden-Württemberg die App „Pokémon Sleep“ schon vorläufig bewertet. Sie teilen aus verschiedenen Gründen große Bedenken und warnen bisweilen vor diesem Spiel.

Rechtsgrundlagen für die Datenverarbeitung

Derartige Apps müssen sich an die geltenden Bestimmungen der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) halten. Unter anderem fordert das Datenschutzrecht eine Rechtsgrundlage für die Verarbeitung von personenbezogenen Daten, allen voran hier der betroffenen Kinder und Jugendlichen.

Als Rechtsgrundlage könnte hier vermutlich nur die Einwilligung der betroffenen Person gem. Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. a), Art. 8 Abs. 1 DSGVO und Art. 9 Abs. 2 lit. a) DSGVO in Betracht kommen, da bei der durchgängigen Aufzeichnung von Tonaufnahmen auch besondere Kategorien personenbezogener Daten wie Gesundheitsdaten betroffen sein könnten (z. B. bei Krankheit der Kinder oder Jugendlichen). Die Einwilligung wäre bei Kindern unter 16 Jahren gem. Art. 8 Abs. 1 S. 2 DSGVO gemeinsam von den Erziehungsberechtigten abzugeben, die vermutlich die App auch installieren und einrichten müssen. Dies müsste auch nachweisbar sein. Die ordnungsgemäße Abgabe der freiwilligen und ausdrücklichen Zustimmung der Eltern für das Kind ist jedoch zweifelhaft. Inwiefern überhaupt Platz für die Freiwilligkeit besteht, wenn dieses Feature einen wichtigen Bestandteil der App darstellt und das Spiel hohe Anreize für diese Punktesammlung setzt, ist fraglich. Es lässt sich gewiss aber auch argumentieren, dass die Installation und Nutzung des Spiels ohnehin freiwillig sei – ein etwaiger „Gruppenzwang“ auf dem Schulhof sei einmal außenvor gelassen.

Ferner müsste ohnehin bei Abgabe der Zustimmung der Eltern eine vorherige, umfangreiche und verständliche Information über die tatsächliche Datenverarbeitung vorliegen, was sich aus den Voraussetzungen für eine wirksame Einwilligung nach Art. 4 Nr. 11 DSGVO und den Informationspflichten nach Art. 13 DSGVO ergibt. Der Betreiber der App teilt unter anderem mit, dass die Tonaufzeichnungen lokal auf dem Gerät gespeichert würden.

Daneben könnten aber auch Tonaufnahmen von anderen anwesenden Personen, beispielsweise der Eltern, Besucher oder Freunde erfolgen, die jeweils selbst als betroffene Person vorab die Einwilligung zu erteilen hätte. Dies wäre defacto technisch gar nicht umsetzbar innerhalb der App.

Ferner müssten auch etwaige Datenflüsse in ein (unsicheres) Drittland und die etwaigen Prozesse des Herstellers der App berücksichtigt werden. Möglicherweise fehlt es sodann auch an einem angemessenen Datenschutzniveau bei Betreibern mit Sitz in den USA oder in anderen unsicheren Drittländern.

Zuletzt sollte die Anwendung auch die Löschung der Daten ermöglichen und dürfte die Angaben der Nutzerinnen und Nutzer ohnehin nicht dauerhaft speichern. Zudem müssten angemessene technische und organisatorische Maßnahmen gem. Art. 32 DSGVO ergriffen worden sein, um ein angemessenes Datenschutzniveau zu gewährleisten.

Insgesamt dürfte daher (wohl) kein datenschutzkonformer Weg für die Nutzung derartiger Apps möglich sein.

Fazit

Liegt keine rechtskonforme Datenverarbeitung vor, ist die App zu beanstanden. Neben den datenschutzrechtlichen Bedenken lässt sich auch noch über die Aspekte der Spielsucht und das Spielkonzept mit In-App-Käufen diskutieren, insbesondere bei beliebten Spielen auf dem Schulhof. Hier sollten Eltern also ganz genau hinschauen und die Kids entsprechend mit dem Umgang von Apps und ihren Daten auf dem Smartphone sensibilisieren.